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       # taz.de -- Streitbare UN-Sondermittlerin: Agnès Callamard führt Amnesty
       
       > Die erfahrene UNO-Mitarbeiterin wird Generalsekretärin von Amnesty
       > International. Auch offene Drohungen aus Diktaturen schrecken sie nicht
       > ab.
       
   IMG Bild: Neue Amnesty-Generalsekretärin: UN-Menschenrechtsermittlerin Agnès Callamard
       
       Genf taz | Agnès S. Callamard, seit 2016 Sonderberichterstatterin für
       außergerichtliche, standrechtliche und willkürliche Hinrichtungen beim
       Menschenrechtsbüro der UNO in Genf, übernimmt am Montag ihren neuen Posten
       als Generalsekretärin in der Londoner Zentrale von Amnesty International
       (AI).
       
       Dort arbeitete Callamard schon einmal in den Jahren 1995 bis 2001. Danach
       war sie von 2004 bis 2013 Direktorin von „Article 19“, der britischen
       Menschenrechtsorganisation für das Recht auf freie Meinungsäußerung.
       
       Eine bessere Wahl als Callamard hätte AI nicht treffen können. Die 1965
       geborene Politikwissenschaftlerin hielt unter den schwierigen
       Rahmenbedingungen einer Menschenrechtsdiskussion klaren Kurs, die in den
       letzten zwei Jahrzehnten zunehmend selektiv geführt und für politische
       Zwecke instrumentalisiert wurde.
       
       Sie stritt für die universelle Gültigkeit der seit 1948 international
       vereinbarten Menschenrechtsnormen. Deren Verletzung – durch wen auch immer
       – prangert Callamard stets mit klaren Worten und in der für eine Wirkung
       erforderlichen Öffentlichkeit an. Auf keinem Auge blind, furchtlos
       gegenüber Mächtigen und unbeeindruckt von deren Drohungen.
       
       ## Morddrohung aus Saudi-Arabien
       
       Die bislang gefährlichste, weil auf ihr Leben abzielende Drohung machte
       Callamard vergangene Woche öffentlich: Bei einem Treffen mit
       UNO-Offiziellen in Genf im Januar 2020 drohte der Chef der staatlichen
       saudi-arabischen Menschenrechtskommission, Awwad Alawwad, gleich zweimal
       unmissverständlich ein Vorgehen gegen Callamard an, sollte die UNO ihren
       Untersuchungsbericht über die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal
       Kashoggi nicht zurückziehen. In diesem bereits im [1][Juni 2019
       veröffentlichten Bericht] hatte die UNO-Sonderberichterstatterin auf
       „glaubwürdige Beweise“ verwiesen, dass „höchste Stellen in Riad, darunter
       Kronprinz Mohammed bin Salman, für den Mord verantwortlich sind“.
       
       Die Äußerungen Alawwads wurden von den an dem Treffen in Genf beteiligten
       UNO-Vertretern als „Morddrohungen“ gegen Callamard wahrgenommen und
       entsprechend auch in einem schriftlichen Bericht an UNO-Generalsekretär
       António Guterres bezeugt. Deutliche Worte der Kritik und Verurteilung
       äußerte Callamard auch an Menschenrechtsverletzungen durch Saudi-Arabiens
       Hauptfeind Iran sowie durch Russland und China.
       
       Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte löste eine Online-Hasskampagne
       gegen Callamard aus, weil sie seinen brutalen Krieg gegen die Drogen
       kritisiert hatte. Ex-US-Außenminister Mike Pompeo beschimpfte sie, weil sie
       die Drohneneinsätze zur Ermordung des iranischen Generals Qasem Soleimani
       und anderer Personen als „ungesetzlich“ und „Völkerrechtsverstoß“
       eingestuft hatte.
       
       Der EU hielt Callamard vor, ihre Flüchtlings- und Migrationspolitik sowie
       Gesetzesbestimmungen zur inneren Sicherheit stünden „in völligem
       Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsnormen“. Bei der UNO in Genf
       bedauern viele den Weggang dieser mutigen Streiterin.
       
       29 Mar 2021
       
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