URI:
       # taz.de -- Clubkultur in Berlin: Neue Türen öffnen, alte schließen
       
       > Wegen hoher Kosten bangt auch der Club Jonny Knüppel um seine Existenz.
       > Das insolvente Schwuz hofft derweil, in Außenbezirken öffnen gar neue
       > Clubs.
       
   IMG Bild: „Cheers Queers“: Das Schwuz schließt – und damit ein Safe Space für queere Menschen
       
       Es gibt Realitäten, die koexistieren. Dazu gehört: In Berlin eröffneten im
       November zwei neue Clubs. Und: Clubsterben ist real. Nachdem das
       [1][Watergate] sich bereits zum letzten Jahreswechsel verabschieden musste
       und das [2][Schwuz] kürzlich sein Aus bekannt gab, muss auch die
       [3][Renate] nach einer letzten Silversterparty die Türen schließen.
       Getroffen hat es damit drei große Institutionen innerhalb nur eines Jahres.
       
       Auch der Club Jonny Knüppel auf einem ausrangierten Güterbahnhof nahe dem
       S-Bahnhof Greifswalder Straße sieht seine Existenz bedroht. In einem
       Instagram-Beitrag erklärte das Team, man stehe finanziell „am äußersten
       Rand“. Die kommenden Veranstaltungen würden über den Fortbestand des Clubs
       entscheiden, der seit dem Aus des Mensch Meier einer der letzten
       alternativ-politischen Partyorte der Stadt ist. Um den Betrieb vorerst zu
       sichern, starteten die Betreiber*innen einen Spendenaufruf.
       
       Damit ist der Club nicht allein. Laut einer Umfrage der Clubcommission
       geben 46 Prozent der Clubbetreibenden an, dass ihre finanzielle und
       wirtschaftliche Lage sehr angespannt ist und sie in Erwägung ziehen, ihren
       Betrieb innerhalb des nächsten Jahres zu schließen. [4][Gründe sind
       steigende und unregulierte Gewerbemieten und Energiekosten] sowie der
       Anstieg des Mindestlohns, der sich insbesondere auf kleinere Betriebe
       auswirkt. Hinzu kommen rückläufiger Tourismus, Probleme mit Standorten und
       der Nachbarschaft sowie die gestiegene Grundsteuer.
       
       ## Keine neuen Clubs mehr im S-Bahn-Ring
       
       Innerhalb des S-Bahn-Rings sind Flächen für Clubs oft nicht mehr bezahlbar,
       schon lange hat die Szene angefangen, nach außen zu wandern. 2018 musste
       Jonny Knüppel bereits seinen Standort in Kreuzberg aufgeben und zog nach
       Prenzlauer Berg. Außenbezirke wie Schöneweide haben sich als Clubstandort
       etabliert. Die beiden neuen Clubs in Spandau und im Westend befinden sich
       ebenfalls außerhalb des Rings.
       
       Aber auch die Feierszene verändert sich: Jüngere Generationen gehen weniger
       aus und konsumieren weniger Alkohol. Gleichzeitig steigt die Bedeutung von
       Partys von Kollektiven gegenüber klassischen Clubnächten. Partygäste folgen
       DJs und Kollektiven, nicht einzelnen Clubs. Das hat auch Vorteile:
       Kollektive haben ihre eigenen Communitys, können diese gezielt mobilisieren
       – und motivieren rauszufahren.
       
       Die Clubkultur ist nicht nur ein wesentlicher Bestandteil Berlins als
       offene Feiermetropole, sondern auch ein bedeutender Tourismus- und
       Wirtschaftsfaktor. Dennoch fehlt es an gezielter Förderung; die
       Kulturförderung wird indes drastisch gekürzt. Die Verdrängung von Clubs und
       Kulturstandorten ist langfristig wirtschaftlich nachteilig und zeugt von
       einer kurzsichtigen Stadtentwicklungsstrategie.
       
       Wenn wir Clubs als Orte verstehen, die kulturelle Vielfalt fördern, sichere
       Räume für marginalisierte Gruppen bieten und subkulturelle Experimente
       erlauben, dann stellt ihr Verlust eine Bedrohung für die städtische
       Identität und die Innovation der kreativen Szene dar.
       
       Die Bedeutung der Clubkultur scheint auch Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson
       (parteilos, für CDU) zu begreifen. Ende November erklärte sie im
       Kulturausschuss, dass ihr Haus mit der Clubcommission im Austausch sei, um
       für das Schwuz eine kleinere Location zu finden. Das Ziel: „das Schwuz als
       Idee“ fortsetzen. Wedl-Wilson fügte hinzu, dass die alten Räumlichkeiten
       des Schwuz in der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln für einen neuen
       Club genutzt werden könnten, etwa das Watergate.
       
       Der Vorsitzende des Schwuz-Fördervereins, Stefan Fuerst, sprach zuletzt in
       einem [5][Interview mit der Siegessäule] von einer „Chance auf einen
       Neuanfang“, für die derzeit viele Gespräche geführt würden. Und auch die
       Gäste geben die Hoffnung nicht auf: Seit der Insolvenz geht die Zahl der
       Mitglieder im Förderverein in die Höhe.
       
       15 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ende-des-Clubs-Watergate/!6034225
   DIR [2] /Queerer-Club-in-Berlin-macht-dicht/!6123414
   DIR [3] /Clubkultur-in-Berlin/!6030475
   DIR [4] /Berliner-Clubkultur-und-Nachhaltigkeit/!6023234
   DIR [5] https://www.siegessaeule.de/magazin/nach-dem-schwuz-aus-nicht-das-ende/?_gl=1*4b5eti*_up*MQ..*_ga*NzA3MzQ1MzkzLjE3NjU4MDYxOTg.*_ga_BXSQFLEHF5*czE3NjU4MDYxOTgkbzEkZzAkdDE3NjU4MDYxOTgkajYwJGwwJGgw
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lilly Schröder
       
       ## TAGS
       
   DIR Clubkultur
   DIR Clubsterben
   DIR schwuz
   DIR Clubszene
   DIR Clubszene
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Clubkultur
   DIR Clubkultur
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Neuer Club in Berlin: Im Westend was Neues
       
       Während reihenweise Berliner Clubs dichtmachen, gibt es jetzt eine neue
       Location auf der Avus-Tribüne. Es ist nicht die einzige Gründung am
       Stadtrand.
       
   DIR Queerer Club in Berlin macht dicht: Ein letzter Tanz
       
       Am 1. November feierte der legendäre queere Berliner Club SchwuZ seine
       letzte Party. Nach 48 Jahren meldete der Club Insolvenz an.
       
   DIR Alte Feuerwehrwache in Tempelhof: Laut statt leer
       
       Die Alte Feuerwache am Flughafen Tempelhof wird für zwei Monate zum Raum
       für nicht-kommerzielle Clubkultur. Ein Modellprojekt für Flächenvergabe.
       
   DIR Berliner Clubkultur und Nachhaltigkeit: Die Heinzelmännchen der Clubszene
       
       Das Projekt Clubtopia berät Kulturbetriebe in Sachen Nachhaltigkeit und
       Klimafreundlichkeit. Ein Besuch im Kreuzberger SO36.