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       # taz.de -- Massenproteste in Ungarn: Orbáns Doppelmoral beim Kinderschutz
       
       > Zehntausende protestieren gegen die Orbán-Regierung. Der Auslöser: Ein
       > Bericht über Misshandlung von Jugendlichen in einer Strafanstalt.
       
   IMG Bild: „Es ist vorbei“ skandieren die Demonstrierenden, angeführt von Peter Magyar, und meinen Orbans Zeit im Amt
       
       Zehntausende Menschen haben am Wochenende in der ungarischen Hauptstadt
       Budapest gegen Premierminister Viktor Orbán demonstriert. Auslöser sind
       Videos aus einer staatlichen Jugendstrafanstalt, die zeigen, wie
       Minderjährige systematisch misshandelt wurden.
       
       Die Aufnahmen dokumentieren Schläge, Demütigungen und Gewaltexzesse durch
       Aufsichtspersonal. Was die Empörung noch verstärkt: Ein interner Bericht
       von 2021 belegt, dass die Regierung seit Jahren von mehr als 3.300
       Misshandlungsfällen in Kinderschutzeinrichtungen wusste, ohne zu handeln.
       Der Bericht wurde am Freitag von der [1][Oppositionspartei von Péter
       Magyar] veröffentlicht.
       
       Angeführt wurde auch die Demonstration von Magyar. „Es ist vorbei“
       skandierten die Menschenmassen, die zu Orbáns Amtssitz am Burgberg zogen.
       [2][Ähnliche Proteste vor knapp zwei Jahren] legten den Grundstein für die
       politische Karriere von Magyar, [3][dem aussichtsreichstem
       Oppositionskandidaten seit Jahren]. Seine Tisza-Partei liegt mittlerweile
       in vielen Umfragen vor Orbáns Fidesz. Im Frühling, voraussichtlich Mitte
       April, finden reguläre Parlamentswahlen statt.
       
       Die belastenden Aufnahmen stammen aus der Justizvollzugsanstalt in der
       Budapester Szőlő-Straße, wo die Polizei diese Woche eine Razzia
       durchführte. Auch Premier Orbán äußerte sich in einem regierungsnahen
       Medium zu dem Fall: „Selbst ein junger Straftäter darf nicht so behandelt
       werden, wie dieser Wärter den Häftling behandelt hat.“ Er kündigte
       Aufklärung und Bestrafung der Verantwortlichen an.
       
       ## Regierung soll seit Jahren Bescheid gewusst haben
       
       Die Regierung will die betroffene und vier weitere Jugendstrafanstalten
       künftig unter polizeiliche Aufsicht stellen. Diese Entscheidung soll in
       Kürze im ungarischen Amtsblatt veröffentlicht werden. Man erhoffe sich
       dadurch ein Ende der Misshandlungen, erklärte der Leiter der ungarischen
       Staatskanzlei Gergely Gulyás.
       
       Magyar jedoch wirft der Regierung vor, seit Jahren über die Zustände
       Bescheid zu wissen, ohne zu handeln. Er verweist auf den oben genannten
       offiziellen Bericht aus dem Jahr 2021, der mehr als 3.300 Fälle von
       körperlicher und psychischer Misshandlung in Kinderschutzeinrichtungen
       dokumentiert. Das Innenministerium hat inzwischen die Echtheit bestätigt
       und eingeräumt, dass die Regierung damals vollständig informiert war
       
       Magyar, Vater dreier Kinder und ehemaliger Fidesz-Unterstützer,
       präsentierte sich bei der Demonstration demonstrativ nicht als Politiker,
       sondern als besorgter Bürger. Er beschuldigte die Regierung, Kinder in
       staatlicher Obhut geschlagen, gedemütigt, sexuell missbraucht und
       ausgehungert zu haben, und kritisierte, dass viele dieser Taten vor
       laufenden Überwachungskameras geschahen, ohne dass Konsequenzen folgten.
       
       Für die Zeit nach der Wahl kündigte Magyar ein umfassendes Reformprogramm
       an: Ein unbegrenztes Budget für den Kinderschutz, unabhängige
       Untersuchungen, eine Sonderstaatsanwaltschaft, anonymisierten Aktenzugang
       und Sozialarbeiter an jeder Schule. Zudem versprach er eine sofortige
       Gehaltserhöhung von 25 Prozent für Mitarbeiter:innen in diesem
       Bereich.
       
       ## Doppelstandards im Kinderschutz
       
       Dies ist nicht das erste Mal, dass die Orbán-Regierung wegen
       Kinderschutzfragen und ihren Doppelstandards massiv unter Druck gerät.
       Unter dem Deckmantel des angeblichen Kinderschutzes ließ Orbán LGBTIQ+
       Veranstaltungen verbieten – die letztjährige [4][Budapest Pride wurde
       dennoch zur größten aller Zeiten]. 2021 ließ Orbán zudem [5][ein Referendum
       durchführen], mit dem Einschnitte bei den Grundrechten sexueller
       Minderheiten legitimiert werden sollten.
       
       Massenproteste gab es auch Anfang 2023, nachdem die damalige Präsidentin
       Katalin Novák einen Mann begnadigt hatte, der sexuellen Missbrauch in einem
       Waisenhaus vertuschen wollte. Novák und die damalige
       Fidesz-Justizministerin Judit Varga mussten zurücktreten, der Aufstieg
       Magyars begann.
       
       Auf den Begnadigungsskandal und das damalige Versprechen der Regierung,
       mehr für den Schutz von Kindern zu tun, nahm Maygar nun bei seiner
       Protestrede kritisch Bezug. Magyar forderte [6][Orbán] neuerlich auf,
       Verantwortung für die systematischen Verfehlungen zu übernehmen. Den
       betroffenen Kindern versprach er, sie nicht im Stich zu lassen.
       
       15 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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