# taz.de -- Reaktionen in Israel auf Terroranschlag: Die Politik mit der Angst
> Der Anschlag am Bondi Beach schürt Sorgen vor antisemitischer Gewalt.
> Derweil nutzt Regierungschef Netanjahu den Angriff für seine Zwecke.
IMG Bild: Während die jüdischen Gemeinden weltweit trauern, beschuldigt Israels Ministerpräsident Netanjahu Australien
Tsachi Chanania war oft am Bondi Beach. Der 43-jährige Israeli hat Familie
in Australien. Als er am Sonntag die ersten Videos sah, auf denen die zwei
Attentäter auf den Strand schießen, war er entsetzt. „Es hat mich
schockiert, dass die Polizei so lange gebraucht hat, um einzugreifen“,
erzählt er am Montagmorgen nach dem Anschlag.
Am Abend habe er sich mit Freunden getroffen, um die erste Kerze zum
jüdischen Lichterfest Chanukka zu entzünden – ebenso wie [1][viele der
Opfer des Anschlages in Sydney wenige Stunden zuvor]. Die Freude über das
Fest, an dem acht Tage lang der Einweihung des zweiten jüdischen Tempels in
Jerusalem gedacht wird, habe sich mit Trauer gemischt. „Andererseits ist es
das, was wir als Juden seit Generationen kennen“, sagt Chanania. „Ich war
schockiert, aber nicht überrascht.“
In Israel, wo viele Straßen für die Feiertage mit achtarmigen Leuchtern
geschmückt sind, weckten die Bilder aus Sydney schlimme Erinnerungen.
Schnell kursierten online Zusammenschnitte von Fluchtszenen während des
Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober 2023 neben jenen vom Bondi Beach:
Erneut wurden Juden an einem jüdischen Feiertag getötet. Unter den 16 Toten
sind laut Israels Außenministerium ein israelischer Staatsbürger und ein
Holocaust-Überlebender.
Der Anschlag befeuert die ohnehin wachsenden Sorgen vieler jüdischer
Israelis vor vielerorts zunehmendem Antisemitismus und die Angst, im
Ausland nicht mehr sicher zu sein. Israels Nationaler Sicherheitsrat rief
zu erhöhter Vorsicht bei Auslandsaufenthalten auf und empfahl, „öffentliche
Veranstaltungen zu meiden, etwa in Synagogen, Chabad-Häusern oder bei
Chanukka-Feiern“. Angesichts der weltweiten Empörung über Israels Vorgehen
im Gazastreifen berichten israelische Medien seit gut zwei Jahren verstärkt
über zunehmende Drohungen, Hausverbote oder Angriffe auf Israelis und Juden
im Ausland.
## Netanjahu kritisiert Australien
Der israelische Präsident Isaak Herzog mahnte die australische Regierung,
„gegen die enorme Welle des Antisemitismus zu kämpfen, die die australische
Gesellschaft heimsucht“. In einer Botschaft an Australiens jüdische
Gemeinde ermutigte er, weiterhin Chanukka-Lichter anzuzünden.
Manche Israelis sorgen sich aber auch um die politische
Instrumentalisierung des Massakers. „Dieser Angriff auf die jüdische
Gemeinde bricht mir das Herz und macht mir Angst, was als Nächstes kommt“,
sagte Jess Bicker von der [2][jüdisch-arabischen Organisation Standing
Together.] Die in Australien aufgewachsene Aktivistin fürchtet, dass
Politiker „den Schmerz und das Trauma als Rechtfertigung“ nutzen könnten
für „rassistische Politik“, die „wenig helfe, das Leben für Juden sicherer
zu machen“.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu nutzte den Anschlag noch am
Sonntag für Kritik an der australischen Haltung zu Israels Vorgehen im
Gazastreifen. „[3][Ihr Ruf nach einem palästinensischen Staat] gießt Öl in
das Feuer des Antisemitismus, es belohnt Hamas-Terrorismus“, zitierte er
aus einem Brief an Australiens Premier Anthony Albanese im August.
Netanjahus Büro erklärte, „Israel ist der sicherste Ort für das jüdische
Volk auf der Welt, weil es dort von Regierung, Armee und Sicherheitskräften
verteidigt werde“. Regierungskritische Israelis hingegen machen maßgeblich
die Politik der Netanjahu-Regierung und das israelische Vorgehen in Gaza
dafür verantwortlich, dass der jüdische Staat aktuell innenpolitisch vor
einer Zerreißprobe steht und international isoliert ist wie selten zuvor.
15 Dec 2025
## LINKS
DIR [1] /Terroranschlag-am-Bondi-Beach/!6138034
DIR [2] https://www.standing-together.org/en
DIR [3] /Krieg-in-Nahost/!6111399
## AUTOREN
DIR Felix Wellisch
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