# taz.de -- Anhörung von Ex-Minister Jens Spahn: Über 3 Milliarden Masken für die Tonne
> Unionsfraktionschef Spahn steht wegen der Maskendeals als
> Gesundheitsminister unter Druck. Er selbst sagt in der
> Corona-Enquetekommission: Habt euch nicht so.
IMG Bild: Drei Milliarden verbrannt und scheinbar Spaß dabei, Jens Spahn (CDU) vor der Corona-Enquete-Kommission
Unionsfraktionschef Jens Spahn bemühte sich am Montagnachmittag immer
wieder, die Angelegenheit wegzulächeln. Dabei hatte der CDU-Politiker in
der öffentlichen Anhörung der vom Bundestag eingesetzten
[1][Enquetekommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie] eigentlich
wenig zu lachen. Denn mehr als Stunden lang ging es hier nur um Spahn und
die mit seinem Namen verbundene [2][Maskenaffäre].
Dem früheren Gesundheitsminister Spahn wird vorgeworfen, federführend dafür
verantwortlich zu sein, dass der Bund im Frühjahr 2020 kurz nach Beginn der
Pandemie völlig planlos und in komplett aus dem Ruder gelaufenen Mengen
Schutzmasken beschafft hat. Oder wie die Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta
es formulierte: Er habe „ohne Verstand Steuergelder durch den Schornstein
gejagt“.
Die Geschichte klebt an Spahn, auch vier Jahre nach Ende seiner
Ministerzeit. In der Bundestagskommission wiegelte er teils sichtlich
genervt ab – nicht zum ersten Mal. „Haben ist besser als brauchen“, sagte
der mächtige Mann der Unionsfraktion. Es sei bei der Maskenbeschaffung auch
um eine Bevorratung für weitere Corona-Wellen gegangen – und letztlich eine
Sache von Angebot und Nachfrage: „Alle auf der Welt wollten das Gleiche.
Das führte zu Wildwest.“ Fazit: War halt so, habt euch nicht so.
Das Gesundheitsministerium hatte in jenem Frühjahr 5,8 Milliarden Masken
für insgesamt 5,9 Milliarden Euro eingekauft. Davon wurden laut
Bundesrechnungshof aber gerade mal 30 Prozent verteilt. Der überwiegende
Rest wurde demnach nie gebraucht – und war irgendwann auch nicht mehr zu
gebrauchen. Stichwort Verfallsdatum. „Zur Wahrheit gehört, dass 3,4
Milliarden Masken vernichtet werden mussten“, sagte Oliver Sievers, der für
den Rechnungshof die Deals des Ex-Ministers untersucht hat.
## Vorwurf der massiven Überbeschaffung
Sievers hielt dem direkt neben ihm sitzenden Spahn „eine massive
Überbeschaffung“ vor. Aus Sicht seiner Behörde habe das
Gesundheitsministerium unter Spahns Ägide „völlig unwirtschaftlich“ agiert.
Der Angegriffene maulte zurück: „Es gab keine Überbeschaffung.“ Das habe
die Bundesregierung längst festgestellt.
Auch die ebenfalls zur Anhörung geladene Margaretha Sudhof hob nicht gerade
Spahns Laune. Die vom früheren Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD) eingesetzte Sonderermittlerin Sudhof hatte einen [3][170 Seiten
starken, internen Bericht] zu den Maskeneinkäufen vorgelegt, der im Mai
dieses Jahres an die Öffentlichkeit gelangte.
Der Sudhof-Bericht ist vernichtend. In dem Dokument heißt es, dass Spahn
nicht als „Team Staat“, sondern als „Team Ich“ aufgetreten sei.
Expert:innen kamen zum Schluss, dass Spahn den Einkauf der damals
dringend benötigten Masken aus reiner Profilierungssucht an sich gerissen
habe. Tatsächlich zuständig hierfür waren die Beschaffungsämter von
Bundeswehr und Innenministerium.
Als mehr als fragwürdig gilt auch die von Spahns Ministerium verantwortete
Auswahl der beteiligten Firmen. Ins Zwielicht geraten ist in dem
Zusammenhang vor allem die Vergabe an das vergleichsweise kleine
Logistikunternehmen Fiege. Für die Abwicklung der Verteilung der Masken
sollen 1,5 Milliarden Euro an die Firma geflossen sein, deren Chefetage eng
mit der CDU Nordrhein-Westfalen verbandelt ist. Das Unternehmen aus dem
Münsterland bestreitet, von dem Münsterländer Spahn bevorzugt worden zu
sein. Aus der Enquetekommission hieß es, nicht zuletzt bei Fiege sei es
drunter und drüber gegangen, niemand habe hier kontrolliert.
## Spahn: „Bin nicht gucken gegangen“
Vor den Abgeordneten bemängelte Sudhof aus ihrer Sicht weiter bestehende
Missstände wie die unzureichende Dokumentation der Deals aus der
Corona-Zeit – hielt sich ansonsten aber mit Ansagen an Ex-Minister Spahn
weitgehend zurück. Spahn wollte von miserabler Dokumentation ohnehin nichts
wissen. Seine damaligen Kolleg:innen im Ministerium hätten „nach bestem
Wissen und Gewissen tagelang gearbeitet“. Und er persönlich könne für
etwaige Fehler auch gar nicht verantwortlich gemacht werden: „Ich bin doch
nicht gucken gegangen, ob die Ordner alle da sind.“
Die Corona-Enquetekommission nahm Anfang September 2025 ihre Arbeit auf.
Der Bundestag hatte zuvor deren Einsetzung auch mit Blick auf die Debatte
um Spahns Maskendeals beschlossen. Bis zum Sommer 2027 soll die Kommission
einen Abschlussbericht vorlegen, „der konkrete Empfehlungen zur besseren
Prävention, Bekämpfung zukünftiger Gesundheitskrisen und gesellschaftlichen
Resilienz enthalten soll“. Beobachter:innen befürchten, dass es ein
Bericht für die Vitrine werden dürfte.
Denn eine Enquetekommission ist im Grunde nur die nahezu zahnlose Schwester
eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Anders als im U-Ausschuss
mit seinen fast gerichtlichen Beweisbefugnissen, mit
Zeug:innenbefragungen unter Eid und umfangreicher Akteneinsicht,
werden in die Kommission nur Anzuhörende geladen. Selbst Falschaussagen
bleiben hier ohne Konsequenzen.
Die Grünen- und die Linksfraktion drängen deshalb nach wie vor auf einen
Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Maskengeschäfte. Grünen-Obfrau
Paula Piechotta sagte: „Wenn Herr Spahn überzeugt ist, dass alles korrekt
war, sollte er vollständige Transparenz unterstützen, statt auszuweichen.“
Sicher ist: Ein Untersuchungsausschuss ließe sich für Unionsfraktionschef
Spahn nicht so einfach weglächeln. Für eine Einsetzung müsste allerdings
mindestens ein Viertel der Abgeordneten stimmen, ein Quorum, auf das Grüne
und Linke allein nicht kommen. Eine Unterstützung der anderen Fraktionen
ist nicht in Sicht.
15 Dec 2025
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## AUTOREN
DIR Rainer Rutz
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