# taz.de -- Umgang mit Alttextilien: Die Kosten alter Jeans und Pullis
> Immer mehr Klamotten auf dem Markt: Künftig müssen sich die Hersteller
> von Kleidung an den Entsorgungskosten beteiligen. Das weckt
> Begehrlichkeiten.
IMG Bild: Vorgestern elegant, casual oder vielleicht sportlich, jetzt Müll im Landkreis Gifhorn, Niedersachsen
Modemarken und Händler sollen für die Sammlung und Entsorgung alter
Textilien bezahlen, diese aber nicht selbst organisieren. Das fordert ein
Rechtsgutachten des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), das am Dienstag
in Berlin veröffentlicht wird. In Deutschland dürfe die
Abfallrahmenrichtlinie die bestehenden, bewährten Strukturen nicht
ersetzen, sondern müsse sie weiterentwickeln, so der VKU.
Diese Forderung erhebt der Verband, [1][weil derzeit die europäische
Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht übersetzt wird. Darin wird
geregelt, wer künftig alte T-Shirts, Jeans und Gardinen einsammeln,
sortieren, wiederverkaufen oder recyceln darf oder muss] – und woher das
Geld kommt, das dafür nötig ist. Zu den neuen Vorschriften kommt, dass die
eingespielten Verwertungsketten der Alttextilbranche in Deutschland nicht
mehr funktionieren.
Bis vor einem Jahr ließ sich mit Alttextilien Geld verdienen, rund 450 bis
600 Euro bekamen Sammler pro Tonne von Abnehmern, die die Ware entweder für
Second-Hand-Märkte nach Osteuropa oder Afrika verkauften oder zu Putzlappen
oder Dämmmaterial verarbeiteten. Heute zahlen Sammler bisweilen 120 Euro
dazu, um eine Tonne alter Textilien loszuwerden. Zukünftig sollen
Hersteller und Händler für die Entsorgung zahlen. Uwe Mazura,
Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes textil+mode, mahnte schon einmal
an, die Hersteller dürften in dem neuen System „nicht nur als Zahlstelle
auftreten.“
Das Branchenmagazin Euwid zitierte vergangene Woche einen „langjährigen
Marktteilnehmer“ mit den Worten, das nun zu Ende gehende Jahr sei für die
Alttextilbrache „eine einzige Katastrophe“ gewesen. Die Gründe sind
vielfältig: Die Menge alter Textilien wächst, zugleich nimmt ihre Qualität
ab. Diese Entwicklung und die anhaltende Dauer der Krisen und Kriege in
einigen früheren Exportmärkten sowie die Sättigung der Märkte in Afrika mit
Billigimporten aus China brächten die Strukturen in Deutschland derzeit in
eine schwierige Lage, heißt es im Gutachten des VKU.
## Vorbild Elektroschrott
Also schaut die Branche den Zahlungen der Hersteller entgegen. Vorbild für
die neuen Strukturen könnte die Rücknahme von Elektroschrott sein.
Verbraucher:innen können ihre alten Geräte sowohl bei Herstellern oder
Händlern, also auch bei den kommunalen Wertstoffhöfen, abgeben. Die
Hersteller zahlen für die Kosten der Entsorgung. Die Kommunalen Betriebe
verweisen darauf, dass hier häufig Arbeitnehmer:innen Beschäftigung
finden, die es auf dem ersten Arbeitsmarkt bisweilen schwer haben.
Auf diese soziale Funktion der Alttextil-Märkte verweist auch Thomas
Ahlmann vom Dachverband Fairwertung, der karitative Organisationen der
Branche vertritt. Die bisherigen Strukturen – etwa Sammelcontainer im
öffentlichen Raum von den Maltesern oder anderen Organisationen,
Sozialkaufhäuser wie die von Caritas oder Diakonie – müssten unbedingt
erhalten bleiben, fordert Ahlmann. „Außerdem brauchen wir lokale
Wiederverwendungsquoten“, sagt er, „[2][etwa müssten fünf bis zehn Prozent
der eingesammelten Textilien in Deutschland als Secondhand-Bekleidung
angeboten werden.]
Thomas Fischer vom Entsorgungsverband bvse hingegen besteht darauf, dass
kein Akteur benachteiligt werden dürfe – ob er privat, karitativ oder
kommunal organisiert sei. Schließlich werde sich keine Kommune eine
Recyclinganlage zur Faserverwertung auf den Wertstoffhof stellen. „Die
Verwertung von Alttextilien wird auch künftig auf Privatunternehmen
angewiesen sein“, so Fischer.
In einem sind sich die unterschiedlichen Akteure aber einig: Die Probleme,
die der Trend zu Ultra-Fast-Fashion verursacht, lassen sich mit einer
Neuordnung der Entsorgungsstrukturen nicht lösen.
16 Dec 2025
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## AUTOREN
DIR Heike Holdinghausen
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