# taz.de -- Belarussischer Oppositioneller frei: Die Freiheit, die er nicht wollte
> Ales Bialiatski ist nach viereinhalb Jahren vom belarussischen Regime
> begnadigt worden. Der prominente Aktivist nutzt seine neu gewonnene
> Freiheit.
IMG Bild: Abgeschoben in die Freiheit: Der belarussische Aktivist und Politiker Ales Bialiatski nach seiner Freilassung am 13. Dezember
Wer die Facebook-Seite des 63-jährigen belarussischen Menschenrechtlers
Ales Bialiatski aufsucht, meint, der Inhaber dieser Seite habe sein
Interesse an Öffentlichkeit verloren. Sein letzter Post stammt vom 11. Juli
2021. Danach: Funkstille. Nicht viel besser sieht es auf dem Portal der von
Bialiatski gegründeten Menschenrechtsorganisation Spring96 aus. Die meisten
Texte und Artikel sind zehn Jahre und mehr alt. Doch diese Stille hat einen
Grund: Alex Bialiatski, belarussischer Menschenrechtler und Chef von
„Wjasna“ („Der Frühling“), der ältesten Menschenrechtsorganisation in
Belarus, saß seit dem 14. Juli 2021 schlicht und ergreifend im Gefängnis,
zusammen mit weiteren MitstreiterInnen von Spring96.
Seit Samstag ist Bialiatski, der auf eine 25-jährige Menschenrechtsarbeit
zurückblicken kann, in Freiheit. Zusammen mit weiteren 122 Menschen wurde
er, der zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war, freigelassen. Wenige
Stunden nach seiner Freilassung sah er sich in Litauens Hauptstadt Vilnius
wieder, zusammen mit den US-amerikanischen Diplomaten, die die Freilassung
der Gefangenen ausgehandelt hatten. Vier Jahre und fünf Monate war er
inhaftiert; in Vilnius sah er zum ersten Mal seit Jahren auch seine Frau
wieder.
Bialiatski hat Philologie und Geschichte an der Staatlichen Universität
Gomel studiert. Er beteiligte sich an der Organisation der ersten
öffentlichen Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Stalinismus. Von 1989
bis 1998 leitete er das Maxim-Bogdanowitsch-Literaturmuseum in Minsk, war
Abgeordneter des Minsker Stadtrats und spielte eine aktive Rolle [1][im
Belarussischen Volksfront-Bündnis.]
1996 gründete er die Menschenrechtsorganisation „Wjasna“, die bis heute
juristische Hilfe für politisch Verfolgte bietet, Opfer von
Menschenrechtsverletzungen unterstützt und staatliche Repression
dokumentiert. Seine erste längere Haft ereilte ihn 2011, als er wegen
angeblicher Steuerhinterziehung zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt
wurde. Drei Jahre später kam er vorzeitig frei.
## Mit Preisen überhäuft
Sein Einsatz für die Menschenrechte in Belarus fand auch international
Anerkennung. Er erhielt unter anderem den Sacharow-Preis, den
Petra-Kelly-Preis, den Vaclav-Havel-Preis, wurde Ehrenbürger von Paris.
2020 erhielt er [2][den Alternativen Nobelpreis] und 2022 [3][zusammen mit
ukrainischen und russischen Menschenrechtlern den Friedensnobelpreis].
Für ihn, der Wert auf die Feststellung legt, dass er kein Gnadengesuch an
den belarussischen Präsidenten gerichtet hatte, war diese Freilassung
gleichzeitig auch eine Abschiebung aus seiner Heimat. Eine Abschiebung, die
er nicht gewollt hatte, die aber so zwischen den US-amerikanischen
Unterhändlern und den belarussischen Machthabern ausgehandelt worden ist.
Zurück bleibt eine Menschenrechtsorganisation, die ohne die Präsenz ihres
Leiters verwaist – und weitere MitstreiterInnen von Ales Bialiatski, die
weiter in Lukaschenkos Gefängnissen sitzen, unter ihnen [4][Marfa Rabkowa,
die 2022 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war]. Bialiatski wäre nicht
Bialiatski, wenn er nicht zusammen mit seiner Organisation „Wjasna“ die
neue Aufmerksamkeit nach seiner Freilassung genutzt hätte, um darauf
hinzuweisen, dass hunderte, wenn nicht tausende politischer Gefangener in
Belarus zurückgeblieben sind.
14 Dec 2025
## LINKS
DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Partyja_BNF
DIR [2] /Alternative-Nobelpreise-2020-vergeben/!5718067
DIR [3] https://www.spiegel.de/ausland/belarus-ales-bialiatski-erhaelt-alternativen-nobelpreis-fuer-kampf-gegen-folter-a-e8114d8a-98a1-4545-b902-34ace8859a8a
DIR [4] /Politische-Gefangene-in-Belarus/!5774980
## AUTOREN
DIR Bernhard Clasen
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