# taz.de -- Kopftuchverbot in Österreich: Regierung zielt auf muslimische Mädchen ab
> Ein neues Gesetz verbietet muslimischen Mädchen unter 14 Jahren, im
> Unterricht ein Kopftuch zu tragen. Expert:innen äußern Bedenken.
IMG Bild: Das Kopftuchverbot an Schulen in Österreich soll 2026 starten
In Österreichs Schulen herrscht ab dem kommenden Schuljahr ein
Kopftuchverbot für Unter-14-Jährige, also in den ersten acht Klassenstufen.
Dies hat die parlamentarische Regierungsmehrheit von ÖVP, SPÖ und liberalen
Neos beschlossen. Auch die rechtsradikale FPÖ stimmte am Freitag im
Nationalrat für das Verbot.
[1][Ein derartiges Kopftuchverbot gab es bereits unter der türkis-blauen
Regierung von Sebastian Kurz]. Dieses wurde jedoch 2020 [2][vom
Verfassungsgerichtshof aufgehoben], weil es gegen den Gleichheitsgrundsatz
und die Religionsfreiheit verstieß. Ungeachtet dessen sah auch die aktuelle
Dreierkoalition ein Kopftuchverbot bereits in ihrem Regierungsprogramm vor
– offenbar in der Erwartung, diesmal im Rahmen der Verfassung zu bleiben.
Expert:innen und NGOs bezweifeln dies.
Im Gesetzstext wird mit der „bestmöglichen Entwicklung und Entfaltung im
Sinne des Kindeswohls“ sowie mit „Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und
Sichtbarkeit von Mädchen“ argumentiert. Das Tragen eines „Kopftuchs,
welches das Haupt nach islamischen Traditionen verhüllt“, ist damit im
Unterricht verboten. Die Erziehungsberechtigten werden verpflichtet, für
die Einhaltung des Verbots zu sorgen.
Bei einmaligem Verstoß ist die Schulleitung oder eine sie vertretende
Lehrperson verpflichtet, ein Gespräch mit der Schülerin und einem
Erziehungsberechtigten zu führen. Kommt es zu einem erneuten Verstoß, muss
die Schulbehörde verständigt werden. Bei weiteren Verstößen muss auch die
Kinder- und Jugendhilfe hinzugezogen werden. Dann werden auch Strafen von
150 bis 800 Euro fällig.
## Nicht weit genug
Das Kopftuch sei „kein reines Stück Stoff, sondern ein Zeichen der
Unterdrückung“, sagte Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP). Zu
möglichen Gründen, ein Kopftuch freiwillig zu tragen, sagte sie nichts. Dem
Neos-Fraktionschef Yannick Shatty zufolge geht es nicht um eine
Einschränkung, sondern um den Schutz der Freiheit von Mädchen bis 14
Jahren. Von Neos und Sozialdemokraten wurde auf begleitende Maßnahmen etwa
zur Aufklärung über das Verbot verwiesen.
Einzig die Grünen stimmten gegen das Gesetz. Sie sehen zwar
Handlungsbedarf, halten die nun beschlossene Regelung aber für nicht
verfassungskonform. Der FPÖ wiederum ging das Vorhaben nicht weit genug.
Sie ließ im Nationalrat auch über ein Verbot „für das gesamte schulische
Personal, insbesondere Lehrerinnen“, abstimmen. Ein solches fand jedoch
keine Mehrheit.
Expert:innen kritisieren das neue Gesetz. Amnesty International sieht
den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verletzt, weil sich das Gesetz nur
gegen eine bestimmte Personengruppe richtet. Amnesty begrüße zwar
grundsätzlich Maßnahmen zur Förderung von Selbstbestimmung und
Gleichberechtigung. Mit einem Kopftuchverbot, das selbst diskriminierend
sei, werde das aber nicht gelingen.
## Der falsche Weg
Kopftuchtragenden Mädchen werde das Signal vermittelt, dass über ihren
Körper verfügt werde, sagte Angelika Atzinger, Vorstandsmitglied des
Netzwerks österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen, gegenüber
der Hilfsorganisation SOS Mitmensch. „Sie erleben, dass das Kopftuch
verboten, andere religiöse Symbole aber erlaubt sind“, sagt Atzinger. „Für
jene, die tatsächlich Zwang erleben, wird das keine Probleme lösen.“
Auch SOS Mitmensch kritisiert das Gesetz und verweist auf bereits
bestehende Ansätze, die Selbstbestimmung von Mädchen zu fördern und
patriarchalen Rollenverständnissen entgegenzuwirken. Dazu gehörten in den
Schulen etwa soziale Lernwochen sowie Konfliktbearbeitung im Rahmen des
Unterrichts. Ein Kopftuchverbot sei aber der falsche Weg.
Kritik kam auch von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich
(IGGÖ): „Kein Kind darf zum Kopftuch gedrängt werden, das ist für uns
unverrückbar. Aber ebenso darf kein Kind durch staatliche Verbote daran
gehindert werden, seine religiöse Identität freiwillig zu leben.“ Die IGGÖ
kündigte eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof an.
12 Dec 2025
## LINKS
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DIR [2] https://www.vfgh.gv.at/medien/Verhuellungsverbot_an_Volksschulen_ist_verfassungswid.de.php
## AUTOREN
DIR Florian Bayer
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