# taz.de -- Fake News und Hacker-Attacke: Russischer Botschafter wegen Cyberangriff einbestellt
> Die Bundesregierung ordnet nun auch eine Desinformationskampagne während
> der Bundestagswahl Russland zu. Die Grünen fordern härtere
> Gegenmaßnahmen.
IMG Bild: Wurde von der Bundesregierung einbestellt: Sergej Netschajew, russischer Botschafter in Deutschland
Die Bundesregierung macht Russland für einen großen Cyberangriff und eine
Desinformationskampagne im Bundestagswahlkampf verantwortlich. Die Vorfälle
seien klar dem russischen Militärgeheimdienst GRU zuzuordnen, sagte ein
Sprecher des Auswärtigen Amtes: „Es gibt harte Beweise.“ Der russische
Botschafter sei deshalb am Freitag ins Auswärtige Amt einbestellt worden.
Zum einen könne ein Cyberangriff gegen die Deutsche Flugsicherung im August
2024 klar der [1][als Fancy Bear bekannten russischen Hackergruppe APT28]
zugeordnet werden. „Unsere nachrichtendienstlichen Erkenntnisse belegen,
dass der russische Militärgeheimdienst GRU die Verantwortung für diesen
Angriff trägt“, sagte der Sprecher.
Zweitens könne man nun verbindlich sagen, dass Russland durch die Kampagne
„Storm 1516“ versucht habe, „sowohl die letzte Bundestagswahl als auch
fortlaufend die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland zu
beeinflussen und zu destabilisieren“. Bei „Storm 1516“ gebe es „belastbare
Informationen“, dass dahinter die Moskauer Denkfabrik Center for
Geopolitical Expertise und die Doppelkopfadler-Bewegung stehe. Sie würden
vom russischen Geheimdienst GRU unterstützt.
[2][Die Kampagne Storm 1516] läuft seit 2024 und zielt vor allem auf die
Beeinflussung westlicher Wahlen ab. Im Bundestagswahlkampf standen unter
anderem der damalige Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und der
Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, im Fokus. Kurz vor der Wahl
hatte die Bundesregierung mitgeteilt, die deutschen Sicherheitsbehörden
hätten Hinweise, dass Fake-Videos über angebliche Manipulationen bei
Stimmzetteln Teil einer russischen Desinformationskampagne seien.
Die Bundesregierung beobachtet nach eigenen Angaben seit geraumer Zeit eine
Zunahme hybrider Bedrohungen durch Russland. „Diese reichen von
Desinformationskampagnen über Spionage und Cyberattacken bis hin zu
Sabotageversuchen.“ Ziel sei es, die Gesellschaft zu spalten, Misstrauen zu
schüren, Ablehnung hervorzurufen und das Vertrauen in demokratische
Institutionen zu schwächen.
## Grüne finden Reaktion zu schwach
Dem russischen Vertreter sei bei der Einbestellung klar aufgezeigt worden,
dass Deutschland Russlands Aktivitäten „sehr genau“ beobachte und dagegen
vorgehe, so der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Deutschland ergreife „in
enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern eine Reihe von
Gegenmaßnahmen, um Russland einen Preis für sein hybrides Agieren
aufzuzeigen“.
Die Bundesregierung unterstütze dabei neue Sanktionen gegen Akteure mit
Folgen wie Einreisesperren, dem Einfrieren von Vermögenswerten sowie einem
Verbot, wirtschaftliche Ressourcen bereitzustellen.
Dem grünen Sicherheitsexperten Konstantin von Notz reicht das Engagement
der Bundesregierung nicht. „Nun ist es auch für die letzten Zweifler
amtlich: Russland attackiert Deutschland durch Spionage, Sabotage, aber
auch durch gezielte Desinformationskampagnen – auch und gerade im letzten
Bundestagswahlkampf“, sagte von Notz der taz. „Das Bundesamt für
Verfassungsschutz bestätigt heute noch einmal, was wir als Grüne seit
Langem sagen: Russland attackiert unsere Demokratie strategisch und
strukturell. Hierbei werden erhebliche Summen in die Hand genommen.“
## Von Balten und Schweden lernen
Die Bundesregierung, die sich um hybride Bedrohungen viel zu lang viel zu
zaghaft gekümmert habe, bleibe in der Pflicht, für dringend notwendige
Aufklärung zu sorgen. Die seit Jahren laufenden Kampagnen müssten schnell
erkannt, öffentlich gemacht und auch gekontert werden. Dabei könne man von
den baltischen und skandinavischen Staaten viel lernen.
„Deutschland muss bei der Abwehr sehr ernster hybrider Bedrohungen endlich
aus dem Quark kommen. Als Demokratie und Rechtsstaat müssen wir auf krass
gestiegene Bedrohungslagen endlich angemessen reagieren. Das erneute
Einbestellen des russischen Botschafters ist ein richtiger Schritt. Weitere
müssen dringend folgen“, sagte von Notz.
Warum eine ressortübergreifende Strategie der Bundesregierung, die bereits
in Ampelzeiten fertig erarbeitet vorlag, bis heute nicht durch das
Bundeskabinett verabschiedet wurde, sei ihm absolut unverständlich. „Ich
fordere die Bundesregierung noch einmal mit Nachdruck dazu auf, die
Strategie als zentralen Baustein im Kampf gegen hybride Bedrohungen endlich
vorzulegen.“
## Kritik auch aus der Koalition
„Es ist gut, dass unsere Sicherheitsbehörden nun offenbar mehrere
Cyberangriffe und Desinformationskampagnen wie Storm-1516 dem russischen
Terrorstaat zuordnen konnten“, sagte auch der CDU-Außen- und
Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter auf Anfrage der taz. „Es reicht
allerdings bei Weitem nicht aus, nur den russischen Botschafter
einzubestellen und Sanktionen gegen Einzelpersonen zu erhöhen.“
Es sei etwa überfällig, russische Diplomaten auszuweisen, die Visavergabe
zu verschärfen und [3][das Russische Haus in Berlin] zu schließen, für das
der deutsche Steuerzahler die Grundsteuer bezahle und das ein Umschlagplatz
für Propaganda sei.
Auch müssten Cyberangriffe und Desinformation als Teil des hybriden Krieges
und des „Shaping the battlefield“ verstanden werden. „Russland sieht sich
längst im Krieg auch mit Deutschland und greift uns auf dem zivilen und dem
kognitiven Gefechtsfeld an“, so Kiesewetter. Deutschland brauche mehr
eigene Fähigkeiten im Cyberbereich und eine effektivere Cyber-Abschreckung
wie digitale Awareness.
12 Dec 2025
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## AUTOREN
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