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       # taz.de -- Italienische Zeitungshäuser zum Verkauf: Im freien Fall
       
       > Mit „La Repubblica“ und „La Stampa“ sollen zwei der bedeutendsten
       > Tageszeitungen Italiens veräußert werden. Offen ist, was dann aus ihnen
       > wird.
       
   IMG Bild: Drei Zeitungsleser in Genua: La Repubblica, La Stampa und Il Secolo XIX
       
       Zwei Jubiläen und ein Ausverkauf: Eigentlich hätten [1][La Repubblica] und
       [2][La Stampa], zwei der bedeutendsten italienischen Tageszeitungen, im
       Jahr 2026 wichtige Jahrestage zu begehen, doch in den Redaktionen ist
       niemandem zum Feiern zumute.
       
       Am 14. Januar 1976 erschien in Rom die erste Ausgabe der Repubblica, und
       schon 50 Jahre vorher hatten die [3][Agnellis], die Familie des
       FIAT-Konzerns, die Turiner La Stampa übernommen.
       
       Doch unter John Elkann, Enkel des legendären Gianni Agnelli und Chef der
       Holding Exor, will der Familienclan nach exakt 100 Jahren komplett aus dem
       Mediengeschäft aussteigen und die Firma Gedi, in der die Zeitungs-, Radio-
       und TV-Aktivitäten der Gruppe gebündelt sind, abstoßen.
       
       Von „Ausverkauf“ spricht vorneweg die Redaktion der Repubblica, die am
       Freitag für 24 Stunden in den Streik trat und eine „Phase des harten
       Kampfs“ ankündigte, nachdem die Eigentümer die schon seit Wochen
       herumgeisternden Gerüchte bestätigten: Die Gedi soll an die von der
       griechischen Unternehmerfamilie Kyriakou kontrollierte Antenna Group
       abgestoßen werden.
       
       ## Es geht ums – Radio!
       
       In Italien war dieses Medienhaus bisher völlig unbekannt, konzentrierten
       sich doch seine Aktivitäten auf Griechenland und diverse Balkanländer wie
       Slowenien, Serbien, Montenegro oder Rumänien.
       
       Angeblich sind die Griechen am Kauf vor allem interessiert, weil sie sich
       die drei Radio- und TV-Sender der Gedi unter den Nagel reißen wollen, Radio
       DJ, Radio Capital und Radio m20. Einigermaßen desinteressiert scheint
       Antenna Group dagegen an den beiden Tageszeitungen.
       
       Die Redaktion von La Stampa, die schon am Donnerstag in den Streik getreten
       war, schreibt in ihrem Communiqué, nach ihrem Kenntnisstand sei „der
       potenzielle Käufer“ schon „auf der Suche nach einem anderen potenziellen
       Verleger“ des Turiner Traditionsblatts, und ähnliche Gerüchte machen auch
       für La Repubblica die Runde.
       
       Dass der Agnelli-Clan aus dem Mediengeschäft aussteigen will, kann nicht
       wirklich überraschen. Allein im Jahr 2024 machte die Gedi 45 Millionen Euro
       Verlust, seit 2019 türmte sie ein Minus von insgesamt gut 360 Millionen
       Euro auf.
       
       ## Dramatisch abgestürzt
       
       Dass die Situation sich bessern könnte, glaubt in Italien niemand. Dort ist
       der Zeitungsmarkt dramatisch abgestürzt. Im Land werden täglich nur noch
       1,3 Millionen Tageszeitungen verkauft, Digitalabos inklusive (zum
       Vergleich: In Deutschland sind es rund 10,5 Millionen Exemplare).
       
       Besonders bitter ist der Niedergang für La Repubblica. Das Blatt, das in
       seinen besten Zeiten, in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts, noch
       täglich 700.000 Exemplare absetzte, das auch in der ersten Hälfte der
       Nullerjahre noch auf eine verkaufte Auflage von über 600.000 kam, krebst
       heute bei nur noch gut 100.000 Auflage rum. Und ebenso schwer wie der
       Auflagen- wiegt der Bedeutungsverlust der einstmals glorreichen Zeitung.
       
       Entstanden war sie 1976 als gewagtes verlegerisches Experiment des
       Starjournalisten [4][Eugenio Scalfari]. Der hatte seit den Fünfzigerjahren
       schon mit Erfolg das Wochenmagazin L’Espresso aufgebaut, und mit La
       Repubblica wollte er ganz vorne mitspielen, wollte nicht nur informieren,
       sondern auch Meinung machen.
       
       Seinerzeit war Italien ein Land, dessen Regierung konstant von den
       Christdemokraten dominiert wurde, während in der Opposition die
       Kommunistische Partei das Wort führte.
       
       ## Eine unabhängige Stimme
       
       In diesem Land wollte Scalfari eine liberale, eine linke, eine unabhängige
       Stimme platzieren – und es gelang ihm. Scalfari unterstützte in den späten
       Siebzigerjahren die Annäherung der Kommunisten unter Enrico Berlinguer an
       die Christdemokraten, er gab dann in den Achtzigerjahren dem zum Dialog mit
       der Linken offenen Christdemokraten-Chef Ciriaco De Mita ebenso seine
       Rückendeckung, wie er den Anführer der Sozialisten (und harten
       Antikommunisten) Bettino Craxi bekämpfte. Damals wurde ihm nachgesagt, er
       führe seine ganz eigene Partei an, „Il partito de La Repubblica“, er habe
       seine ganz persönliche Agenda zur Modernisierung Italiens.
       
       Und als dann 1994 Silvio Berlusconi mit seiner Forza Italia in die Politik
       eintrat, wurde La Repubblica zur wohl wichtigsten Stimme der politischen
       ebenso wie der gesellschaftlichen Opposition gegen den Medienmogul. Mit
       Berlusconi hatte Scalfari eine ganz persönliche Rechnung offen. Der
       Mailänder Unternehmer hatte sich 1989 an einer feindlichen Übernahme der
       Repubblica ebenso wie des Wochenmagazins L’Espresso versucht, und Scalfari
       hatte diesem Versuch ebenso erbittert wie erfolgreich widerstanden.
       
       Doch La Repubblica war nicht nur die Anti-Berlusconi-Zeitung Nummer eins in
       Italien, sie war auch ein Blatt, das es sich erlaubte, Paradejournalisten
       wie Giorgio Bocca wochen-, ja monatelang auf Reportagereise in den Süden
       des Landes zu schicken, ein Blatt, das [5][Paolo Rumiz] genauso gründliche
       Reportagen über Mitteleuropa aufschreiben ließ.
       
       Von diesem alten Glanz ist heute wenig übrig, auch wenn La Repubblica sich
       immer noch einer qualitativ hochwertigen Auslandsberichterstattung rühmen
       darf, ob aus Deutschland oder aus dem Nahen Osten.
       
       ## Bis die Redaktion revoltierte
       
       Als Anfang vom Ende wird später wohl das Jahr 2019 erinnert werden: das
       Jahr, in dem die frühere Eigentümerfamilie De Benedetti dem Agnelli-Clan
       unter John Elkann die Kontrolle der Gedi und damit auch der Repubblica
       überließ. Elkann tönte seinerzeit, er habe Großes vor, er wolle mit La
       Repubblica – nun im verlegerischen Verbund mit La Stampa – die „digitale
       Offensive“ starten.
       
       Zuerst einmal aber feuerte er den bisherigen Chefredakteur, der mit seinem
       Kurs ganz in der Tradition der Zeitung gestanden hatte, und inthronisierte
       stattdessen den bisherigen La Stampa-Chef Maurizio Molinari. Unter ihm
       wurde La Repubblica zunehmend gesichtslos, und Molinari agierte vor allem
       als Exekutor der Wünsche Elkanns, unterband dem Eigentümer nicht genehme
       Artikel, bis die Redaktion vor einem Jahr offen revoltierte.
       
       Molinari musste daraufhin den Chefsessel räumen – doch der Niedergang der
       Zeitung setzte sich ungebrochen fort. Jetzt zieht Elkann die Notbremse und
       verkauft, ohne auch nur einmal mit der Redaktion gesprochen zu haben.
       
       Die will jetzt wissen, wohin die Reise überhaupt geht, verlegerisch,
       ökonomisch, sozial. Und sie weiß diesmal nicht nur die Oppositionsparteien
       auf ihrer Seite, sondern auch die Rechtsregierung unter Giorgia Meloni. Die
       Premierministerin hatte schon für Freitag die Gedi-Spitze ebenso wie die
       Gewerkschaften zu Gesprächen nach Rom einbestellt. Diese verliefen
       allerdings ohne konkrete Resultate.
       
       12 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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