# taz.de -- Repression von Palästina-Solidarität: Civicus stuft Deutschland herab
> Im Civicus-Bericht über bürgerliche Freiheiten wird Deutschland erneut
> herabgestuft. „Keine Überraschung“ sei das, kritisiert Clara Bünger
> (Linke).
IMG Bild: Schon vermeintliche Verstöße führen zum gewaltsamen Eingreifen der Polizei: Szene bei einer Gaza-Demo in Neukölln
„Die Repression gegen die palästinasolidarische Bewegung, die in den
letzten zwei Jahren überwiegend friedlich gegen die genozidale
Kriegsführung Israels und für das Selbstbestimmungsrecht der
Palästinenser*innen demonstriert hat, überschreitet jedes Maß und
verletzt demokratische Grundrechte auf gravierende Weise“, sagt Clara
Bünger, die innenpolitische Sprecherin und stellvertretende
Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. „Ebenso besorgniserregend ist
die zunehmende Polizeigewalt gegen Antifaschist*innen, die gegen die AfD
auf die Straße gehen.“ Es sei daher „keine Überraschung“, dass Deutschland
im Civicus-Monitor herabgestuft wurde, so die 39-jährige Juristin.
Die Organisation Civicus hat Deutschland [1][in ihrem jüngsten globalen
Jahresbericht über bürgerliche Freiheiten herabgestuft] – von
„beeinträchtigt“ auf „beschränkt“. Der Grund dafür ist insbesondere das
staatliche Vorgehen gegen propalästinensische Solidaritätserklärungen. So
habe allein die Berliner Polizei fast 9.000 Strafanzeigen im Zusammenhang
mit propalästinensischen Demonstrationen gestellt. NGOs sähen sich mit
Mittelkürzungen, Razzien und Überwachung konfrontiert – unter anderem, wenn
sie sich kritisch zum israelischen Vorgehen in Gaza geäußert hätten, so die
Autorinnen und Autoren des Berichts.
Civicus ist eine internationale und gemeinnützige Organisation, die sich
[2][für Bürgerrechte und Bürgerengagement einsetzt]. Sie wurde 1993
gegründet und hat seit 2002 ihren Sitz in Johannesburg, Südafrika, weitere
Büros unterhält sie in Genf und New York. Nach eigenen Angaben hat sie
4.000 Mitglieder in 175 Ländern und wird aus verschiedenen Quellen
finanziert, darunter von europäischen Staaten, der Ford Foundation und den
Open Society Foundations.
## Rasanter Absturz auf der Skala der Freiheitsrechte
Der Civicus-Monitor vergleicht und bewertet den [3][Stand der bürgerlichen
Freiheiten] – darunter Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und das Recht
auf friedliche Versammlung – in 198 Ländern und stuft sie in fünf
Kategorien ein: offen, beeinträchtigt, beschränkt, unterdrückt oder
geschlossen.
Erst im Jahr 2023 hatte der Civicus-Monitor Deutschland von „offen“ auf
„beeinträchtigt“ herabgestuft. Nun sank es weiter auf die dritte Stufe
„beschränkt“ herab. Die Verschlechterung des zivilgesellschaftlichen
Handlungsraums in Deutschland habe sich „in alarmierendem Tempo“ vollzogen.
Deutschland stehe damit auf einer Stufe mit Frankreich und Großbritannien,
die im aktuellen Bericht ebenfalls herabgestuft wurden, sowie den USA,
Ungarn, Brasilien und Südafrika. Als „offen“ stuft Civicus die Lage
lediglich in Kanada, Skandinavien und im Baltikum ein, in einigen anderen
europäischen Ländern wie Irland, Portugal und Slowenien, in Japan und
Taiwan sowie in Uruguay und Neuseeland.
## Exzessive Polizeigewalt hat viele Formen
„Anstatt auf die Appelle an das Gewissen zu hören, haben Regierungen in
ganz Europa versucht, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich gegen
Völkermord aussprechen“, sagte Tara Petrović, Europa-Forscherin für den
Civicus Monitor. Deutschland stehe hier an vorderster Front. „Statt
diejenigen zu unterstützen, die sich für Menschenrechte einsetzen, hat
Deutschland Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichgesetzt, was zu einer
landesweiten Einschüchterung der Meinungsfreiheit, einer Ermutigung der
Rechten und einer Unterdrückung der Stimmen der Zivilgesellschaft geführt
hat.“
Die [4][exzessive Polizeigewalt] gegen Teilnehmer*innen,
Journalist*innen und [5][parlamentarische Beobachter*innen] bei
Demonstrationen gegen den Krieg in Gaza fällt stark ins Gewicht. Zu den
zahlreichen Vorfällen, die das Civicus-Forscherteam registriert hat,
gehören Einkesselungen, Pfefferspray, Schläge und Würgegriffe. Die
Demonstrationen würden übermäßig stark reglementiert, und jeder
vermeintliche Verstoß führe zu einem gewaltsamen Eingreifen der Polizei.
Im Januar 2025 etwa wurde eine Kundgebung gewaltsam [6][aufgelöst, nachdem
Menschen dort auf Arabisch gesprochen und damit gegen eine Auflage
verstoßen hatten], die das verbietet. Zwei Veranstaltungen mit der
UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese in Berlin wurden auf
politischen Druck hin an einen anderen Ort verlegt und von einem massiven
Polizeiaufgebot begleitet. Studierende, die einen Livestream der
Veranstaltung verfolgten, wurden ebenfalls von der Polizei aufgesucht.
## Repression auch gegen Anti-AfD-Proteste und NGOs
Auch Protesten gegen die AfD würde mit Polizeigewalt begegnet – etwa beim
[7][Parteitag in Riesa im Januar 2025, als der sächsische Abgeordnete Nam
Duy Nguyen von der Polizei bewusstlos geschlagen wurde]. Kritik üben die
Forscherinnen und Forscher von Civicus auch am Vorgehen der CDU gegen NGOs,
denen sie mangelnde „politische Neutralität“ vorwirft und die sie [8][vom
Verfassungsschutz überprüfen lassen] will.
Die Linken-Politikerin Clara Bünger fordert, damit müsse Schluss sein: „Von
den Regierungen in Bund und Ländern erwarte ich, dass sie aus dem Bericht
Konsequenzen ziehen und die willkürliche und unverhältnismäßige Verfolgung
der palästinasolidarischen und antifaschistischen Bewegungen umgehend
beenden.“
12 Dec 2025
## LINKS
DIR [1] https://monitor.civicus.org/globalfindings/
DIR [2] /Zivilgesellschaft-und-UNO/!5642308
DIR [3] /Repression-gegen-Oppositionelle/!5824329
DIR [4] /Polizeigewalt-auf-Gaza-Demos/!6122379
DIR [5] /Parlamentarische-Demo-Beobachtung/!6116561
DIR [6] /Sprachverbote-auf-Palaestina-Demos/!6064999
DIR [7] /Protest-gegen-AfD-Parteitag/!6058447
DIR [8] /Verfassungsschutz-und-NGOs/!6117761
## AUTOREN
DIR Daniel Bax
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