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       # taz.de -- Hetzkampagne bei „Welt“: Decolonize Springer!
       
       > Die Springer-Zeitung „Welt“ wütet gegen eine dekoloniale Veranstaltung in
       > Berlin. Dabei bedient sie uralte konservative Ressentiments.
       
   IMG Bild: Die „Welt“ nimmt die Weihnachtszeit zum Anlass für Dekolonialismus-Kritik
       
       In der Friedenskirche in Berlin-Charlottenburg führen am Montag eine
       muslimische Theologin und ein christlicher Theologiestudent durch die
       Weihnachtsgeschichte. [1][Unter dem Titel „Decolonizing Christmas“ wollen
       sie dabei insbesondere auf koloniale und rassistische Aspekte von
       Weihnachtserzählungen aufmerksam machen.] So weit, so unaufregend.
       
       Doch die Welt nimmt die Veranstaltung zum Anlass, [2][eine
       Empörungskampagne zu starten, die eine leidige, urkonservative Panik
       wiederbelebt]: Die Linken wollen uns unser Weihnachten wegnehmen! Gibt es
       denn nichts, was denen noch heilig ist? – so in etwa der Ton der jährlich
       sich entfesselnden Entrüstung.
       
       „Sie wollen Weihnachten abschaffen. Ich bin sprachlos“, „Weihnachtshasser
       schwingen Rassismuskeule“ und „‚Decolonizing Christmas‘ braucht niemand“,
       lauten einige der Zitate, mit denen die Welt seit einigen Tagen ihre
       Beiträge zum Thema betitelt. So werden mutwillig die altbekannten Ängste
       vor dem Niedergang des Abendlandes geschürt. Kein Wunder, dass die CDU – in
       diesem Fall Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner – oder Portale wie
       „Nius“ mit einstimmen.
       
       In einem Beitrag wird dann etwa beanstandet, dass man sich nur auf
       christlichen Kolonialismus fokussiere. Dabei sei die Ausbreitung des Islam
       doch „auch nichts anderes als ein großes, koloniales Unternehmen“ gewesen.
       Dass die Nachwirkungen des westlichen Kolonialismus die globalen
       Machtverhältnisse aber bis heute in besonderem Maße strukturieren, einen
       kritischen Blick darauf zu werfen, also völlig legitim ist – zu dem Schluss
       kommt man bei der Welt erwartbarerweise nicht.
       
       ## Muslim*innen sprechen, Springer verleumdet
       
       Stattdessen wird sich darüber empört, dass unter den
       Veranstalter*innen ausgerechnet zwei Musliminnen sind, „die sich den
       Westen jetzt vorknöpfen“. Man solle sich andersrum mal vorstellen, was
       passieren würde, wenn Christen ein entsprechend kritisches Event in einem
       islamischen Land machen würden. „Diese Leute wären sofort im Gefängnis“,
       ist sich die sogenannte Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter sicher.
       
       Hier offenbart sich die ganze Scheinheiligkeit der Springer-Kampagne: Erst
       schmückt man sich mit den demokratischen Freiheiten, die man im Westen doch
       genieße. Im nächsten Moment diffamiert man mit aller Anstrengung
       Muslim*innen, die eben diese Freiheiten nutzen, um Kritik zu üben.
       
       Dass sich diese konservative Kritikunfähigkeit gerade dann in besonders
       unkontrollierter Schnappatmung äußert, wenn es um das christliche Hochfest
       geht, ist nichts Neues. In den USA wird schon seit Jahrzehnten von einem
       „War on Christmas“ fabuliert, auch in Deutschland wird gerne die
       Verdrängung des Christentums heraufbeschwört, wenn es mal „Wintermarkt“
       statt „Weihnachtsmarkt“ heißt. Dabei steht fest: Auch dieses Jahr werden
       die Konservativen nach der vorweihnachtlichen Aufregung wieder in Ruhe ihr
       Fest feiern können.
       
       11 Dec 2025
       
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