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       # taz.de -- Bahnstrecke Hamburg – Hannover: Die Bahn und ihr nordischer Knoten
       
       > Der Streit um die Neubautrasse zwischen Hamburg und Hannover geht weiter.
       > „Was nutzen uns Züge, die erst 2063 fahren?“, fragen die
       > Bürgerinitiativen.
       
   IMG Bild: Da haben die Neubau-Gegner in Bispingen wohl recht – die Frage ist eher, ob der Zug dort in fernerer Zukunft fährt
       
       Die Deutsche Bahn ist in den vergangenen Jahren zum Symbol dafür geworden,
       wie sehr Deutschland von der Substanz lebt – mit einer am Geiz
       zerbröckelten Infrastruktur. Der Streit um die Strecke zwischen Hannover
       und Hamburg könnte zum Symbol dafür werden, wie wenig in Deutschland
       vorangeht.
       
       Seit mehr als dreißig Jahren wird darum gestritten, wie diese vollkommen
       überlastete Schienenstrecke zu verbessern wäre. Dabei sind sich in der
       Grunddiagnose alle einig: Nirgendwo kommt es zu so vielen Zugverspätungen
       wie hier, die Auslastung liegt bei 147 Prozent. Das belastet sowohl die
       Pendler als auch den Güterverkehr der Häfen.
       
       [1][Zuletzt sah es so aus, als würde sich der Winddrehen:] Die Bahn will
       eine Neubaustrecke entlang der A7 und der B3 über Bergen und Soltau – gegen
       den erbitterten Widerstand von Bürgerinitiativen, Landwirten,
       Naturschutzbund (Nabu), Kommunalpolitikern und bedeutsamen Teilen der
       niedersächsischen SPD. Sie pochen auf den 2015 nach langem Ringen
       geschlossenen Kompromiss „Alpha-E“, der einen Ausbau der bestehenden
       Strecken vorsieht.
       
       Den hält die Bahn aber nicht für bedarfsgerecht – jedenfalls nicht, wenn
       man weitere Steigerungen bei Fahrgastzahlen und in der Güterbeförderung
       zugrunde legt und mehr Züge einsetzen will, um den sogenannten
       Deutschlandtakt zu erreichen.
       
       ## Fertigstellung in 25 bis 38 Jahren?
       
       Ebenfalls für eine Neubaustrecke ausgesprochen haben sich: die Grünen in
       Land und Bund, die Oberbürgermeister der Städte Hamburg, Lüneburg und
       Hannover, der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Fahrgastverband Pro Bahn,
       die Fridays for Future und einzelne SPD-Politiker.
       
       Auch in der Union scheint man in dieser Frage uneins: Die CDU Niedersachsen
       hat sich deutlich gegen einen Neubau und für die Bestandslösung
       ausgesprochen. Das CDU-geführte Bundesverkehrsministerium (BMV)
       kommentierte die Vorplanung der Bahn zuletzt deutlich wohlwollender.
       
       Bevor nun der Bundestag über die entscheidende Weichenstellung debattiert
       und entscheidet, was nach bisherigen Verlautbarungen des BMV Anfang 2026
       passieren soll, haben sich die Gegner der Neubaustrecke noch einmal sehr
       tief über den Ministeriumsbericht gebeugt. Der soll den Parlamentariern als
       Entscheidungsgrundlage dienen.
       
       [2][Sie zweifeln vor allem die Kostenkalkulation und die
       Fertigstellungsprognosen der Deutschen Bahn an.] Der Projektbeirat Alpha-E
       kritisiert, dass die Bahn selbst erst ab 2050 mit einer Inbetriebnahme der
       neuen Strecke rechnet – optimistisch gerechnet.
       
       Rechnet man allerdings alle möglichen Verzögerungsrisiken ein – von länger
       dauernden Planrechtsverfahren über Ressourcenengpässe bis hin zu
       baubetrieblichen Einschränkungen –, kommen da möglicherweise noch bis zu
       13,5 Jahre darauf. Damit wäre das Großprojekt erst 2063 fertig.
       
       Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die in der Ausbauvariante die
       schnellere und pragmatischere Variante sehen – hier braucht man weniger
       aufwändige Planungs- und Genehmigungsverfahren; einzelne Teilabschnitte
       sind in ihrer Planung schon relativ weit fortgeschritten.
       
       ## Zu teuer, zu spät, zu unverschämt – finden Neubau-Gegner
       
       Die Bahn argumentiert dagegen, dass die Bauarbeiten im Bestand zu
       erheblichen zusätzlichen Belastungen auf der ohnehin schon überlasteten
       Strecke führen würden – ohne am Ende einen ausreichenden Kapazitätszuwachs
       zu produzieren.
       
       Auch an den Kostenkalkulationen hat der Projektbeirat erhebliche Zweifel.
       Die Baukosten werden von der Bahn mit einem „Gesamtwertumfang“ (GWU) von
       8,8 Milliarden Euro angegeben, eine weitere Kalkulation der
       Bahn-Planungstochter DB InfraGo, die mögliche Baukostensteigerungen und
       Verzögerungsrisiken einrechnet, kommt auf gut 14 Milliarden.
       
       Damit, moniert der Projektbeirat, stellt sich die Strecke weit weniger
       wirtschaftlich dar, als das Ministerium es noch im Sommer behauptet hatte.
       Auch in weiteren Punkten wirft man der Bahn Verschleierungstaktiken und
       Augenwischerei vor: So führten weite Teile der Strecke eben nicht entlang
       der Autobahn – [3][sodass die Trassenbündelung, die gegen die Zerschneidung
       von Naturräumen und landwirtschaftlichen Flächen wirken sollte], gar nicht
       eingehalten werde.
       
       Auch die Wünsche der betroffenen Kommunen nach mehr Lärmschutz, regionalen
       Anbindungen und dem Erhalt von Wegebeziehungen seien in der Planung bisher
       weder berücksichtigt noch einkalkuliert worden. Gleiches gelte für
       Regionalbahnhöfe, die man zwar als hübsches Lockmittel einsetze, für die
       aber letztlich das Land aufkommen müsste.
       
       Übel nimmt man der Bahn auch die „Vogel friss oder stirb“-Rhetorik. Es gebe
       keinen Plan B, und wenn der Bundestag einem Neubau nicht zustimme, werde
       die Strecke eben nicht ausgebaut, wird ein namentlich nicht genannter
       Bahnsprecher immer wieder zitiert. Für die Alpha-E-Freunde ein deutliches
       Zeichen, dass die Bahn hier nicht nur die mühsam geschmiedeten Kompromisse,
       sondern auch die politische Souveränität des Bundestages ignoriert.
       
       11 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neuberechnung-Zugtrasse-Hamburg-Hannover/!6128457
   DIR [2] https://beirat-alpha.de/wp-content/uploads/2025/12/PM-4-2025.pdf
   DIR [3] /Neubau-der-Strecke-Hamburg-Hannover/!6096924
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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