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       # taz.de -- Eingefrorenes russisches Vermögen: Unterstützt Europa die Ukraine, stützt es sich auch selbst
       
       > Die EU muss das eingefrorene Vermögen Russlands der Ukraine rasch zur
       > Verfügung stellen. Sonst könne eine De-facto-Kapitulation des Landes
       > drohen.
       
   IMG Bild: Euroclear-Hauptsitz in Brüssel, Mittwoch, 3. Dezember 2025
       
       Es wird oft benutzt, aber diesmal passt es wirklich: Das Motto der drei
       Musketiere: „Einer für alle, alle für einen.“ Denn es geht bei der zu
       entscheidenden wichtigen Finanzfrage um nicht weniger als um die Existenz
       der EU, die Einheit Europas. Die EU-Staaten müssen geeint Belgien die
       Zusage machen, geschlossen für das Land einzustehen, wenn ein bisher nie
       dagewesenes Experiment scheitern sollte: Die beim Finanzdienstleister
       Euroclear mit Sitz in Brüssel seit der russischen Vollinvasion in die
       Ukraine im Februar 2022 [1][eingefrorenen Milliarden der russischen
       Zentralbank zu konfiszieren und der Ukraine zur Verfügung zu stellen].
       
       Dem Aggressor das Geld zu nehmen, um es dem Überfallenen zu geben – so
       etwas habe es nicht einmal mit dem in der Schweiz gebunkerten Vermögen des
       Naziregimes im Zweiten Weltkrieg gegeben, ereiferte sich der belgische
       Premier Bart De Wever. Da hat er recht, doch damals gab es auch kein
       modernes Völkerrecht. Eines mit internationalen Tribunalen zur Anklage von
       Kriegsverbrechern. Historische Rückblicke sind fachlich falsch in diesem
       Fall. Natürlich gibt es Bedenkenswertes bei der ablehnenden Haltung
       Belgiens zu den Plänen, das Russen-Geld zu beschlagnahmen und der
       kriegsgebeutelten Ukraine als Kredit zu geben – so lange, bis Moskau an
       Kyjiw Reparationen zahlt.
       
       ## Was gegen Beschlagnahmen spricht
       
       Es sind dabei nicht nur die Drohungen aus dem Kreml, Gegenmaßnahmen gegen
       Belgien zu ergreifen, sollten 140 der 180 bei Euroclear eingelagerten
       russischen Milliarden an die Ukraine geleitet werden. Es ist auch die
       Sorge, ob internationale Anleger, von US-Präsidenten schon mal als
       Schurkenstaaten bezeichnete reiche Länder, dann noch Geld nach Europa
       bringen werden, die nicht nur die belgische Regierung umtreibt.
       
       Darauf muss es zwei Antworten geben: Sollte es Moskau gelingen, vor
       internationalen Gerichten den Geldtransfer von Brüssel nach Kyjiw als
       illegal aburteilen zu lassen, müssen alle EU-Staaten gemeinsam dafür
       einstehen. Zum Zweiten muss der Webfehler korrigiert werden, dass für den
       internationalen Zahlungs- und Anlageverkehr bedeutende Institute wie die in
       Brüssel beheimateten Euroclear und Swift nationaler (belgischer)
       Jurisdiktion unterstehen. Sie müssten längst supranational europäisch sein.
       
       Und noch zwei Lehren sind aus dem aktuellen Ringen um die eingefrorenen
       Milliarden zu ziehen: Handwerklich hat der als „Außenkanzler“ in vielen
       Medien gelobte Friedrich Merz dieselben handwerklichen Fehler gemacht wie
       so oft in der Innenpolitik schon. Er hat bei seinem inhaltlich richtigen
       Vorpreschen in Sachen Nutzung des Russen-Gelds sich wieder einmal allein
       herausgewagt und weder Belgien noch Euroclear vorab informiert oder
       mitgenommen.
       
       Die zweite Lehre ist noch drängender: Während die EU eine vernünftige
       Lösung sucht, die Ukraine nach dem Ausstieg der USA aus den Hilfsprogrammen
       für das kriegswunde Land finanziell über Wasser zu halten, ohne die ohnehin
       schon hoch verschuldeten EU-Länder noch tiefer in Haushaltslöcher zu
       stürzen, begehrt Trump dasselbe Geld. Er will die eingefrorenen Milliarden
       zur Absicherung von US-Investitionen wahlweise in den Wiederaufbau der
       Ukraine oder in gemeinsame Wirtschaftsprojekte mit Russland stecken.
       
       ## Die Zündler warten schon
       
       Die EU muss also jetzt mutig und schnell entscheiden: Die eingefrorenen
       Russen-Milliarden müssen an die Ukraine gehen. Nur so kann verlässlich der
       Finanz- und Waffenbedarf für das angegriffene Land abgesichert werden. Das
       ist [2][vor dem Hintergrund der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie] der
       USA die wichtigste außenpolitische Aufgabe der EU. Denn fiele die Ukraine,
       wäre der Kreml sehr schnell in der Lage, seine Soldateska in anderen Teilen
       Europas einzusetzen. Und das, da Trumps Sicherheitsdoktrin keinen
       verlässlichen Schutz für Europa mehr bietet.
       
       Eines muss Europa klar sein: Eine [3][De-facto-Kapitulation der Ukraine]
       ist der mit Abstand höchste Preis, der gezahlt werden könnte. Dann wird die
       EU zum Spielball der USA, Russlands, Chinas, mitsamt zügig beginnendem
       inneren Zerfall und wiederaufkommendem innereuropäischen Zwist. Das hatte
       das Friedensprojekt EU weitgehend überwunden.
       
       Jetzt warten die Zündler in Washington, Moskau oder Peking auf ihre Chance:
       Zerrissenheit in der EU, immer neue trojanische Pferde à la Orbán, Fico,
       Babiš und vielleicht bald in Bulgarien. Darauf gibt es nur eine Antwort:
       entschlossen und hart zu bleiben bei der Unterstützung der Ukraine. Das ist
       nicht nur für die leidenden Menschen dort überlebenswichtig, es ist auch in
       unserem ureigensten europäischen Interesse.
       
       13 Dec 2025
       
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   DIR Mathias Brüggmann
       
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