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       # taz.de -- Moldaus Medien nach USAID-Kürzungen: In der Klemme
       
       > Fast ein Jahr nach der Einstellung der US-Auslandshilfe haben die
       > moldauischen Medien Mühe, wieder auf die Beine zu kommen. Wer wird ihnen
       > helfen?
       
   IMG Bild: Moldau mit seinen 2,4 Millionen Einwohnern ist laut dem Internationalen Währungsfonds eines der ärmsten Länder in Europa
       
       Oxana Greadcenco würde lieber alles schließen, als einen der Journalisten
       zu entlassen. Das sagte sie sich, als sie von den Kürzungen der
       US-amerikanischen Auslandshilfe erfuhr. Greadcenco ist Direktorin von
       [1][Moldova.org], einer unabhängigen moldauischen Medienplattform mit Sitz
       in der Hauptstadt Chişinău. Die Plattform hat sich auf Journalismus
       spezialisiert, der Probleme nicht nur aufzeigt, sondern auch zu lösen
       versucht. Es gibt sie schon seit 1997 – gegründet nur sechs Jahre nachdem
       Moldau von der UdSSR unabhängig wurde. Doch noch nie war die Lage so
       schlecht wie jetzt.
       
       Anfang 2025 stützt sich das Budget von Moldova.org noch zu 80 Prozent auf
       Fördergelder. 16 Teammitglieder werden damit finanziert. Doch dann – fast
       über Nacht – verschwinden die Gelder.
       
       Moldau mit seinen 2,4 Millionen Einwohnern liegt zwischen Rumänien und der
       Ukraine. Es ist laut dem Internationalen Währungsfonds eines der ärmsten
       Länder in Europa. Werbebasierte oder lesergestützte Geschäftsmodelle für
       Journalismus haben es schwer. „Es gibt einfach nicht genug Moldauer mit
       verfügbarem Einkommen, um für Nachrichten zu bezahlen“, erklärt Greadcenco.
       Um 2010 durchsetzten Oligarchen, die hinter den Kulissen die Region
       kontrollierten, die lokale Medienlandschaft mit zweifelhaften Investitionen
       in Fernsehsender. So verschafften sie sich Einfluss auf die politische
       Berichterstattung. Um ihre Unabhängigkeit zu bewahren, begannen einige
       moldauische Medien, sich auf ausländische Zuschüsse zu verlassen – aus den
       USA, der EU oder anderen Demokratien.
       
       Eine Zeit lang funktionierte das. Jährlich veröffentlicht Reporter ohne
       Grenzen die [2][Rangliste der Pressefreiheit]. Moldau belegt im Jahr 2025
       Platz 35 von 180 und ist damit eines der besten Länder der Region. Doch der
       Platz bezieht sich auf die Situation im Jahr 2024. Im Januar 2025 kam der
       Bruch. US-Präsident Donald Trump erklärte, dass er die US-Agentur für
       internationale Entwicklung (USAID) auflösen wolle – eine der größten
       Geberorganisationen weltweit und für Moldau. 2024 investierten die USA fast
       200 Millionen Dollar in das Land, davon 4,5 Millionen Dollar in die
       Unterstützung der Medien und den freien Informationsfluss. „Ich hätte nie
       gedacht, dass unsere Lebensader so plötzlich gekappt werden würde“, sagt
       Greadcenco.
       
       ## Nur ein paar Tausend Dollar
       
       Am meisten litten regionale Medien und solche, die sich mit
       Menschenrechtsfragen befassen. Oft stammte ein Großteil ihres Budgets aus
       einer einzigen Förderung. Die Summen seien zwar bescheiden – nur ein paar
       Tausend Dollar –, aber das Geld sei für ihre Existenz entscheidend gewesen,
       sagt Petru Macovei, Direktor der Vereinigung unabhängiger Presse in Moldau.
       „Ich hatte den Verdacht, dass das mindestens für die nächsten vier Jahre
       Realität sein würde.“
       
       Jetzt bleiben diesen Medieninstitutionen seltene, kleine Zuschüsse von
       internationalen Medienentwicklungsorganisationen, Botschaften oder
       EU-finanzierten Institutionen. Die Herausforderungen seien dabei dieselben
       geblieben, sagt Macovei. Arbeitskräftemangel, wirtschaftliche Instabilität.
       Hinzugekommen ist KI. Laut einer Studie des Independent Journalism Center
       von 2025 nutzen mehr als zwei Drittel der 101 befragten moldauischen
       Redaktionen KI in ihrer täglichen Arbeit. Doch nur wenige haben dafür klare
       ethische Richtlinien.
       
       Auch das Medienunternehmen SP hatte früher fast ausschließlich auf
       US-amerikanische Mittel gebaut. Das Geld deckte die Betriebskosten,
       Rechnungen, Miete, IT-Dienstleistungen und Veröffentlichungen. Das 1994
       gegründete Unternehmen ist eine der größten Medienplattformen im Norden
       Moldaus. Der Hauptsitz ist in Balti, einer Stadt mit einem
       überdurchschnittlich hohen Anteil an russischsprachigen Einwohnern, ein
       Relikt aus Moldaus sowjetischer Vergangenheit.
       
       Obwohl sich nur 3 Prozent der Bevölkerung Moldaus als Russen
       identifizieren, sprechen 15 Prozent im Alltag Russisch. Die Amtssprache
       Moldaus ist Rumänisch. Daher produzierte SP eine Zeit lang zweisprachige
       Inhalte. Nach den US-Kürzungen gab das Unternehmen jedoch die rumänische
       Ausgabe auf, zusammen mit dem größten Teil seines Teams. Das neue,
       billigere Büro ist so klein, dass die Abteilungen abwechselnd zur Arbeit
       erscheinen. „Wir haben uns noch nicht an die neue Situation gewöhnt“, sagt
       Olga Popa, die Projektkoordinatorin und Finanzmanagerin von SP.
       
       ## Optimistisch bleiben
       
       Aber so konnten sie die russischsprachige Printzeitung halten. Deren
       Kernzielgruppe sind Menschen über 60, die sich auf SP verlassen, um
       unabhängige und wahrheitsgemäße Informationen zu erhalten. Nächtelang
       suchte Popa Notfallfinanzierungen, füllte Verwaltungsunterlagen aus, um die
       Transparenzanforderungen zu erfüllen, um die 1.900 Abonnenten nicht zu
       enttäuschen, um das Team zu halten, um eine unabhängige Berichterstattung
       zu retten.
       
       Ein kürzlich vom Zentrum für Information, Demokratie und Staatsbürgerschaft
       der American University in Bulgarien veröffentlichter Bericht besagt, dass
       Moldau das Hauptziel der [3][russischen Propaganda ist, die über das
       Pravda-Netzwerk verbreitet wird]. Im Visier der zig Publikationen, die zu
       dem Netz gehören: Länder von geopolitischem Wert. „Russland betrachtet den
       gesamten postsowjetischen Raum als seine Interessenzone“, erklärt der
       Desinformationsexperte Mihai Avasiloaie. „Putin hat es selbst gesagt: ‚Wo
       der Fuß eines russischen Soldaten hintritt, das gehört uns!‘“
       
       Solche und ähnliche Beeinflussungsversuche decken auch Medien aus Moldau
       auf. Die Ziarul de Gardă (ZdG), eine der führenden Zeitungen, gewann im Mai
       den [4][European Press Prize 2025 für Serving Moscow,] eine
       Undercover-Recherche über russische Netzwerke, die Menschen dafür bezahlen,
       dass sie gegen pro-europäische Politiker demonstrieren und abstimmen. Fast
       die Hälfte des Budgets von ZdG stammte früher von amerikanischen Spendern.
       
       Selbst Radio Free Europe/Radio Liberty wurde Opfer von Trumps
       Budgetkürzungen. Der von den USA finanzierte Nachrichtensender wurde
       während des Kalten Krieges gegründet. Er fungierte als Ersatz für
       unabhängige Medien in mehr als 20 Ländern mit schwacher Pressefreiheit,
       darunter Moldau. „Niemand wurde verschont“, fasst Macovei zusammen. „Diese
       wahllose Vorgehensweise ist charakteristisch für kleptokratische Regime.“
       
       Der Presse fehlt es aber nicht nur an Geld, sondern auch an Sicherheit. Vor
       Kurzem gab der Europarat eine neue Warnung zur Pressefreiheit in Moldau
       heraus, nachdem die investigative Journalistin Mariana Rața nach einem
       Interview mit einem Politiker Morddrohungen erhalten hatte. TV8, der
       Fernsehsender, auf dem sie eine politische Talkshow moderiert, wird seit
       seiner Gründung von den USA und der EU finanziert.
       
       Die vollständige russische Invasion der Ukraine im Jahr 2022 veranlasste
       die pro-europäische Regierung Moldaus, Medienunternehmen zu schließen, die
       ihrer Meinung nach Verbindungen zu Moskau haben. Zuerst wurde das gelobt.
       Doch laut einem neuen Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty
       International (AI) nutzen die moldauischen Behörden die nationale
       Sicherheit als Vorwand, um die Meinungsfreiheit einzuschränken. AI fordert
       Moldau nachdrücklich auf, „seine Gesetze mit internationalen
       Verpflichtungen in Einklang zu bringen, Journalisten zu schützen und die
       Medienfreiheit zu fördern“ – insbesondere angesichts des Strebens der
       aktuellen Regierung nach europäischer Integration.
       
       Experten glauben: Die Aussetzung der US-Unterstützung war ein Geschenk an
       Autoritäre auf der ganzen Welt, das ihnen neue Wege eröffnete, ihren
       Einfluss auszuweiten. Die Verbreitung von Gesetzen über „ausländische
       Agenten“, insbesondere in Mittel- und Osteuropa, stellt eine wachsende
       Bedrohung für die Zivilgesellschaft dar. Unter anderem wird etwa behauptet,
       dass fremde Regierungen Redaktionen finanziell unterstützen würden, um sie
       zu kontrollieren. Dass diese Falschinformation immer mehr verbreitet wird,
       sieht auch Amy Brouillette, Direktorin für Advocacy beim International
       Press Institute.
       
       „Das ist sicherlich nicht der Fall; es gab immer sehr strenge
       Schutzmaßnahmen dagegen“, fügt sie hinzu. Ihrer Meinung nach hat die Krise
       aber tiefgreifende und existenzielle Fragen über die Nachhaltigkeit des
       Gebermodells für unabhängige Medien aufgeworfen, insbesondere in
       schwächeren Demokratien. „Es war ein abrupter Übergang vom alten System zu
       etwas Neuem, aber das Neue war noch nicht etabliert“, sagt Brouillette. „Es
       ist also ein bisschen so, als würde man ein Schiff bauen, während man auf
       See ist.“
       
       ## Was könnten andere Lösungen sein?
       
       Alternative Lösungen wären höhere Steuern für Big Tech, um mit ihnen
       Journalismus zu finanzieren. Oder Subventionen für Bürger, die Geld für
       lokale Nachrichten ausgeben. So könnte es Presse weniger anfällig für
       politische Schocks machen. Doch es fehlt der politische Wille.
       
       Am 12. November hat die Europäische Kommission den „Europäischen
       Demokratieschild“ vorgestellt. Er soll demokratische Widerstandsfähigkeit
       fördern und verspricht finanzielle Unterstützung für unabhängigen und
       lokalen Journalismus. Renate Schroeder, Direktorin der Europäischen
       Journalisten Föderation, wünscht sich einen ganzheitlichen Ansatz für die
       Finanzierung und Regulierung von Presse sowie die Sicherheit von
       Journalisten. Doch die europäischen Mühlen würden langsam mahlen. „In der
       Zwischenzeit leiden die Journalisten oder geben ihren Beruf auf, weil sie
       von irgendetwas leben müssen.“
       
       Greadcencos Traum ist es, dass Moldova.org vollständig von der eigenen
       Community unterstützt wird. „Unser Appell an die Leser lautet: Werden Sie
       unser Oligarch!“ Derzeit spenden einige Hundert Förderer jeden Monat. Im
       Gegenzug erhalten sie Updates zum Alltag in der Redaktion und ein
       Mitspracherecht bei der Auswahl der Themen.
       
       Am Ende dieses herausfordernden Jahres bleibt Greadcenco optimistisch. „Wir
       glauben fest daran, dass wir eine Lösung finden werden“, sagt sie. Es ist
       nicht die erste Krise, mit der Moldova.org konfrontiert ist. Und Greadcenco
       bezweifelt, dass es die letzte sein wird.
       
       6 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.moldova.org/
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       ## AUTOREN
       
   DIR Natalia Sergheev
       
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