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       # taz.de -- Ergebnis des Koalitionsausschusses: Eine Frage des Vertrauens
       
       > Das Rentenpaket soll so kommen, wie im Kabinett beschlossen. Einige
       > Zugeständnisse an die Jungen in der Union gibt es. Aber reichen ihnen
       > diese?
       
   IMG Bild: Das Rentenpaket soll kommen: Johannes Winkel wirkt nicht besonders glücklich nach dem Koalitionsausschuss
       
       Es ist kurz nach acht am Freitagmorgen, als Johannes Winkel in der vierten
       Etage des Reichstags in den Fraktionssaal von CDU und CSU geht. Müde und
       blass sieht er aus, die Mundwinkel hängen ein wenig nach unten. Winkel, der
       nicht nur Bundestagsabgeordneter, sondern auch Chef der Jungen Union ist,
       schaut starr geradeaus. Kein Blick, kein Wort zu den wartenden
       Journalist*innen. Wie einer, der sich als Gewinner fühlt, sieht er nicht
       aus.
       
       Winkel weiß zu diesem Zeitpunkt schon, worauf sich der Koalitionsausschuss
       von Union und SPD in der vergangenen Nacht geeinigt hat, gut anderthalb
       Stunden später werden Bundeskanzler Friedrich Merz und seine
       Koalitionspartner dies in einer Pressekonferenz verkünden. Merz selbst ist,
       gemeinsam mit seinem Kanzleramtsminister Thorsten Frei und Fraktionschef
       Jens Spahn, bereits um sieben Uhr im Bundestag mit den jungen Abgeordneten
       zusammengekommen, um sie über die Ergebnisse zu informieren – und sie davon
       zu überzeugen, ihren Widerstand gegen das schwarz-rote Rentenpaket
       aufzugeben.
       
       Dass die CDU dafür an diesem frühen Freitagmorgen ihre gesamte Spitze
       aufbietet, zeigt: Es geht hier inzwischen um weit mehr als die Rente. Die
       Zukunft der schwarz-roten Koalition steht auf dem Spiel. Und damit auch
       Merz' Kanzlerschaft.
       
       Die Jungen Unionsabgeordneten im Bundestag haben gefordert, [1][dass das
       Rentenpaket noch einmal aufgeschnürt] und ein Satz aus dem Gesetzentwurf
       von SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas gestrichen wird: „Auch 2031 liegt das
       Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht.“
       
       Das [2][geht ihrer Ansicht nach über den Koalitionsvertrag hinaus] und
       verursacht bis 2040 Mehrkosten von bis zu 120 Milliarden Euro. Die jungen
       Abgeordneten haben sich festgelegt, sehr fest sogar, und vielfach
       wiederholt: So könnten sie dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Ihre Stimmen
       werden aber gebraucht, sonst hat Schwarz-Rot im Bundestag keine eigene
       Mehrheit.
       
       ## Rentenpaket bleibt – Reformkommission folgt
       
       „Es war der Wunsch der Sozialdemokraten, dass wir diesen Gesetzentwurf
       nicht noch einmal ändern“, sagt Merz später am Freitagvormittag bei der
       Pressekonferenz im Kanzleramt. „Darauf haben wir uns noch gestern
       verständigt.“ Das Rentenniveau soll also bis 2031 bei 48 Prozent des
       Durchschnittseinkommens stabilisiert werden. Auch der zusätzliche Satz
       bleibt, den die Jungen unbedingt streichen wollten.
       
       Parallel zu dem Gesetzentwurf wollen die Koalitionsfraktionen aber „einen
       sehr ausführlichen Entschließungsantrag vorlegen“, der „im umfassenden
       Sinne“ die Grundzüge einer großen Rentenreform formulieren soll, so Merz.
       
       Eine Rentenkommission werde noch in diesem Jahr eingesetzt und bis
       spätestens Juni 2026 Vorschläge vorlegen. Die politische Umsetzung soll
       schnell folgen. „Das wird eine große Anstrengung für uns, aber wir wollen
       sie leisten, weil wir wissen, dass wir hier einen Reformstau auflösen
       müssen“, sagt der Kanzler. Und: „Wir sind entschlossen, das auch zu lösen.“
       
       Die Rentenkommission sei „keine Laberrunde“, betont auch SPD-Chef Lars
       Klingbeil, der links von Merz sitzt. Und Markus Söder, der CSU-Vorsitzende
       an Merz' rechter Seite, sagt, die Kommission sei „kein Feigenblatt“. Beide
       wollen wohl deutlich machen, dass es auch ihnen mit Strukturreformen bei
       der Rente ernst ist. Die Frage für die jungen Abgeordneten ist nur: Können
       sie sich auf solche Zusagen wirklich verlassen?
       
       ## Keine Zusage, nur eine Empfehlung
       
       Helfen soll ein begleitender, sogenannter Entschließungsantrag, der
       gemeinsam mit dem Rentenpaket verabschiedet werden soll und die Bedenken
       der Jungen berücksichtigt. Im Entwurf stehen nicht nur die Rentenkommission
       und deren Zeitplan, es werden auch zahlreiche Punkte formuliert, die diese
       prüfen soll. Unter anderem die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und eine
       Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsfaktors nach 2031, der mit Blick auf
       die demografische Entwicklung den Rentenanstieg drosselt.
       
       Geprüft werden soll auch, ob sich die Renten weiter an der Lohnentwicklung
       orientieren oder an die Inflation gekoppelt werden sollen. Und die
       Kommissionsmitglieder sollen auch die Einführung eines „Nachholfaktors“
       abwägen, für den sich die jungen Abgeordneten starkgemacht haben. Der würde
       den Anstieg der gesetzlichen Renten ebenfalls dämpfen.
       
       All das sind Anliegen der Jungen Gruppe. Anliegen der SPD stehen aber
       ebenfalls im Antrag, etwa der Auftrag an die Kommission zu prüfen, „wie ein
       stabiles Rentenniveau dauerhaft finanziert werden kann“.
       
       Hinzu kommt: Ein Entschließungsantrag spricht eine Empfehlung an die
       Bundesregierung aus, eine verbindliche Zusage, wie sie die Junge Gruppe
       gefordert hatte, ist das nicht. Aber ein Zugeständnis, welches die Junge
       Gruppe nun nutzen könnte.
       
       „Das ist eine sehr, sehr gute Brücke“, beurteilt Dagmar Schmidt,
       Vizefraktionschefin der SPD, die Beschlüsse des Koalitionsausschusses zur
       Rente gegenüber der taz. Sie betont aber auch, eine Vorfestlegung sei das
       nicht. „Beim Nachholfaktor handelt es sich lediglich um einen Prüfauftrag,
       der neben anderen in der Kommission diskutiert wird.“
       
       ## Unionsspitze erhöht den Druck
       
       In der Fraktionssitzung der Union, so ist zu hören, hätten Merz, Söder und
       Spahn noch einmal um die Zustimmung der Abgeordneten geworben. Spahn habe
       gesagt, aus jeder Debatte müsse eine Entscheidung folgen. An diesem Punkt
       sei man nun beim Rentenpaket. Es gehe nicht nur um eine Sachfrage, es gehe
       jetzt auch um die Regierungsfähigkeit der Union. Die Unionsspitze hat den
       Druck auf die jungen Abgeordneten inzwischen merklich verstärkt, einige
       haben sich darüber via Bild beschwert.
       
       „Werden Sie nun zustimmen?“, wird Johannes Winkel von den wartenden
       Journalist*innen bestürmt, als er nach der Unionsfraktionssitzung vor
       dem Fahrstuhl steht. „Ich werde mich jetzt nicht äußern“, sagt er, Körper
       und Gesicht starr auf die geschlossene Fahrstuhltür gerichtet. „Ich gehe
       ins Plenum, wo die Debatte hingehört.“
       
       Etwas gesprächiger ist Bildungsministerin Karin Prien, die auch an der
       Fraktionssitzung teilgenommen hat. Letztlich sei das Ganze eine
       Vertrauensfrage, sagt Prien, also ob man sich auf die Absprachen in der
       Koalition verlassen könne.
       
       Die endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen will die Union in
       ihrer Fraktionssitzung in der kommenden Woche fällen. Merz sagt im
       Kanzleramt: „Ich rechne mit Zustimmung.“ Er sei für weitere Gespräche mit
       der Jungen Gruppe über das Wochenende offen, aber die Argumente seien
       ausgetauscht. Der Kanzler betont „großen Respekt für deren Engagement, auch
       großen Respekt für die Argumente“. Die Reformdiskussion solle nun „mit der
       gebotenen Ernsthaftigkeit, aber auch mit der gebotenen Geschlossenheit“
       vonstattengehen.
       
       Später am Vormittag steht Winkel am Redepult des Bundestags, er ist der
       letzte Redner in der Debatte zum Haushalt des Arbeitsministeriums, wo auch
       die Rente angesiedelt ist. „Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten,
       dass wir Generationengerechtigkeit auch bei den Staatsfinanzen stärker
       berücksichtigen“, sagt er – und bleibt allgemein. Kein Wort zum aktuellen
       Rentenpaket, kein Hinweis darauf, wie sich die Junge Gruppe bei der
       Abstimmung verhalten wird.
       
       Es ist schwer vorstellbar, dass sich die Junge Union am Ende wirklich gegen
       den Kanzler stellt. Aber wie lange sie [3][beim Thema Rente bislang stehen
       blieb], hat auch kaum jemand erwartet. Ein paar Tage Bedenkzeit bleiben den
       jungen Abgeordneten noch. Am Dienstag um 15 Uhr kommt die Unionsfraktion zu
       ihrer nächsten Sitzung zusammen.
       
       28 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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