# taz.de -- Gewalt gegen Frauen: Mythen zu Übergriffen
> Jemand lauert im Dunkeln einer Frau auf – ein bekanntes Bild.
> Beratungsstellen betonen hingegen, dass größere Gefahr im persönlichen
> Umfeld besteht.
IMG Bild: Häusliche und partnerschaftliche Gewalt habe in den vergangenen Jahren zugenommen
dpa | Ein Mann, der unter einer schlecht beleuchteten Unterführung oder im
Wald einer Frau auflauert – das ist ein bekanntes Bild der Angst. Doch vor
dem Internationalen Tag für die Beseitigung von [1][Gewalt gegen Frauen] am
25. November betonen mehrere Beratungsstellen in Niedersachsen einhellig
die aus ihrer Sicht größte Gefahr für Frauen: das eigene persönliche
Umfeld.
Die meisten Fälle allgemeiner und sexualisierter Gewalt ereigneten sich
nicht auf dunklen Straßen, sondern im häuslichen und sozialen Nahraum, wie
mehrere Frauenberatungsstellen und Opferschutzverbände auf Anfrage der
Deutschen Presse-Agentur mitteilten.
## Falsche Vorstellungen von Übergriffen
Die Einrichtungen warnen vor falschen Vorstellungen von Übergriffen im
öffentlichen Raum. Eine Sprecherin des Frauenhauses Celle sagte: „Nach wie
vor liegt für Frauen die größte Gefahr für einen gewalttätigen Übergriff im
eigenen Zuhause.“ Häusliche und partnerschaftliche Gewalt habe in den
vergangenen Jahren zugenommen.
Auch der Frauennotruf Hannover verwies darauf, dass die Täter – überwiegend
Männer – zumeist aus dem Umfeld der Betroffenen stammen. Sexualisierte
Gewalt finde häufig dort statt, „wo [2][ein Machtverhältnis und
Abhängigkeiten] eine Rolle spielen“. Als Orte nannte das Team des
Frauennotrufs unter anderem den Arbeitsplatz, Sportstätten, Kirchen,
Bildungseinrichtungen und Gesundheitseinrichtungen – und das eigene
Zuhause.
## Gefährliche dunkle Straße ist „ein Mythos“
Für die Fachberatungsstelle Violetta in Dannenberg ist das verbreitete Bild
der gefährlichen dunklen Straße „ein Mythos“. „Die größte Gefahr geht nicht
von Fremden aus, sondern von Menschen, die Betroffene kennen und denen sie
vertrauen“, hieß es von der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt.
Rassistische Schuldzuweisungen lenken aus Sicht der Einrichtung vom
eigentlichen Problem ab. „Sexualisierte Gewalt passiert mitten in unserer
Gesellschaft – unabhängig von Herkunft, Religion oder Nationalität.“
## Anzeige bekannter Täter fällt vielen Betroffenen schwerer
Das Fachzentrum Sichtbar in Braunschweig verweist auf einen mehrerer Gründe
dafür, dass vertraute Personen für die meisten Übergriffe verantwortlich
seien: Die Anzeige solcher Täter falle vielen Betroffenen schwerer als die
von Fremdtätern. Das Fachzentrum gegen sexualisierte Gewalt forderte mehr
Therapie- und Beratungsangebote sowie kürzere Wartezeiten. Die Politik
müsse Präventions- und Interventionsangebote „finanziell auf sichere Füße
stellen“.
Der Weiße Ring in Niedersachsen wiederum beobachtet nach eigenen Angaben
[3][mehr Frauen als früher, die sich nach Belästigungen oder Übergriffen im
öffentlichen Raum beraten lassen.] Belästigungen passierten häufig an
belebten Orten wie Innenstädten oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Eine Sprecherin sagte: „Ein weiteres wirksames Instrument zum Schutz von
Frauen vor Gewalttaten wird unzweifelhaft die Fußfessel sein.“ Der Verein
setzt sich seit Jahren für deren Einführung ein.
## Istanbul-Konvention soll Frauen besser schützen
Wie also könnten Frauen noch besser vor Gewalt geschützt werden? Der
Frauennotruf Hannover spricht sich für eine sensible Befragung durch die
Polizei und für mehr Gleichstellungspolitik aus. Das Frauenhaus Celle
fordert eine konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention – das
europaweite Abkommen des Europarats verpflichtet die Staaten, Gewalt gegen
Frauen und häusliche Gewalt umfassend zu verhindern, Betroffene zu schützen
und Täter wirksam zu verfolgen.
Laut dem Frauenhaus braucht es zudem mehr Frauenhausplätze. Die
Fachberatungsstelle Violetta fordert auch eine verlässliche Finanzierung
von Beratungsstellen und Schutzkonzepte. Auch der Verein Sichtbar spricht
sich für einen Ausbau der Hilfsangebote aus.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) dringt darauf, die Plätze in den
Frauenhäusern kostenlos zu stellen. In Niedersachsen müssten bislang im
Schnitt 18 Euro am Tag gezahlt werden. Bei einer durchschnittlichen
Aufenthaltsdauer von 73 Tagen koste ein Platz die Frauen demnach mehr als
1.300 Euro. „Es kann nicht sein, dass es vom Geldbeutel abhängt, ob eine
Frau in so einer schrecklichen Situation Schutz findet oder nicht“,
kritisierte SoVD-Landeschef Dirk Swinke.
Von 2032 an bekommen von Gewalt betroffene Frauen in Deutschland einen
Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung. Auch der Sozialverband
VdK in Niedersachsen und Bremen hält das aber für zu spät. „Hier muss
unverzüglich nachgebessert werden, wir müssen unsere Frauen jetzt
schützen“, sagte VdK-Landesfrauenvertreterin Gunda Menkens. In akuten
Gewaltsituationen sei das Frauenhaus ein wichtiger Zufluchtsort, doch es
gebe nicht genügend Plätze.
24 Nov 2025
## LINKS
DIR [1] /Gewalt-gegen-Frauen/!t5014588
DIR [2] /Polizeiliche-Kriminalstatistik/!6131692
DIR [3] /Neue-Studie-ueber-Femizide/!6126578
## TAGS
DIR Schwerpunkt Femizide
DIR häusliche Gewalt
DIR Gewalt gegen Frauen
DIR Sexuelle Gewalt
DIR Gewalt
DIR Schwerpunkt Femizide
DIR Schwerpunkt Femizide
DIR Gewalt gegen Frauen
DIR Schwerpunkt Femizide
DIR Schwerpunkt Frankreich
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Femizide weltweit: Alle zehn Minuten eine getötete Frau
Rund 50.000 Frauen und Mädchen starben laut der UN 2024 durch Gewalt in der
Familie oder Beziehung. Dabei gibt es Unterschiede je nach Weltregion.
DIR Neuer Femizid-Gedenkort in Leipzig: Ein Mahnmal reicht nicht
In Leipzig soll ein Gedenkort für die Opfer von Femiziden entstehen. Um
Gewalt gegen Frauen zu verhindern, braucht es auch Geld für Hilfsprojekte.
DIR Tag gegen Gewalt an Frauen: Verwaltete Gewalt
Übergriffe auf Frauen nehmen zu, Frauenhäuser sind überlastet. Das
Gewalthilfegesetz soll helfen, doch was hat sich seit dem Beschluss im
Februar geändert?
DIR Tag gegen Gewalt gegen Frauen: Solidarität ist männlich
Patriarchale Gewalt findet nur selten gesamtgesellschaftliche Beachtung.
Dabei betrifft sie uns alle. Wie können Männer feministisch handeln?
DIR Femizide in Frankreich: Tausende Menschen protestieren gegen Gewalt an Frauen
Am Samstag gingen in Frankreich Menschen gegen geschlechtsspezifische
Gewalt auf die Straße. Unter anderem wurde in Paris, Bordeaux und Lille
protestiert.