# taz.de -- Neue Studie zu Femiziden: Warum Männer Frauen töten
> Gewalt gegen Frauen ist trotz ihrer Häufigkeit kaum untersucht.
> Wissenschaftler:innen haben nun Beweggründe für Femizide umfassend
> analysiert.
IMG Bild: Die Forschenden fordern, insbesondere die sexistischen Sozialisationsmuster von Männern in den Blick zu nehmen
Obwohl Männer jährlich Hunderte Frauen töten, weil sie Frauen sind, ist
über Tathergänge und Beweggründe wenig bekannt. Eine großangelegte Studie
des Kriminologischen Instituts der Universität Tübingen hat nun erstmals in
Deutschland tödliche geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen, sogenannte
Femizide, systematisch untersucht. Sie zeigt: Hinter den meisten Femiziden
steckt die Tötung der (Ex-)Partnerin wegen Trennungsangst oder Eifersucht.
Ein Großteil der Femizide, 81 Prozent, sind demnach Tötungsdelikte in
heterosexuellen Paarbeziehungen. „Männer reagieren mit krasser Gewalt
darauf, dass Frauen die Beziehung oder auch nur die Exklusivität der
Beziehung infrage stellen und sich nicht dem Willen der Männer fügen“, sagt
Sabine P. Maier vom Kriminologischen Institut bei der Vorstellung der
Studie. Bei fast 90 Prozent dieser Partnerinnenfemizide habe es bereits im
Vorfeld Gewalt in der Beziehung gegeben.
Die Taten finden [1][in allen Gesellschaftsschichten] statt, in der
Stichprobe der Studie waren aber Täter und Opfer in ökonomisch angespannten
Situationen und mit einem geringeren Bildungsniveau überrepräsentiert, so
Paulina Lutz vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen. Auch
psychische Erkrankungen und Rauschmittel spielten eine Rolle: 40 Prozent
der Täter standen während der Tat unter dem Einfluss von Alkohol oder
anderen Drogen.
Zudem zeigte sich insbesondere bei Fällen der Partnerinnenfemizide eine
Überrepräsentation migrantischer Personen: Nur knapp die Hälfte dieser
Täter hatte eine deutsche Staatsangehörigkeit. Unabhängig von der Herkunft
seien patriarchale und sexistische Vorstellungen zwar generell sehr
verbreitet, so Lutz. „Da Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland
überdurchschnittlich häufig sozioökonomisch benachteiligt sind, erklärt
dies vermutlich einen Teil der Überrepräsentation“. Im migrantischen Umfeld
sei die Vulnerabilität der Frauen zudem oft größer: Die Beziehungen seien
häufig isolierter, die Frauen hätten weniger soziale Anknüpfungspunkte in
Deutschland, und das soziale Nahfeld trage Gewalt an Frauen häufiger mit.
## Dreijährige, umfassende Aktenanalyse
Für die Studie haben Expert:innen aus Kriminologie, Rechtswissenschaft,
Soziologie und Psychologie drei Jahre lang umfassend Akten analysiert.
Ausgehend von der Polizeilichen Kriminalstatistik 2017 untersuchten sie 292
Fälle aus fünf Bundesländern, in der Gewalt gegen mindestens ein weibliches
Opfer ausgeübt wurde. Von den Fällen erwiesen sich schließlich 197 als
versuchte oder vollendete Tötungsdelikte an Frauen. Zwei Drittel davon, 133
Fälle, definierten die Forschenden als Femizid.
Von den anfangs polizeilich registrierten 292 Fällen waren in der Studie
demnach 46 Prozent Femizide. Die Angaben in der Polizeilichen
Kriminalstatistik seien daher „für sich genommen nicht geeignet, um die
Zahl der Femizide in Deutschland zu bestimmen“, erklärte der Tübinger
Jurist und Kriminologe Florian Rebmann.
## Femizide als Spielart patriarchaler Gewalt
Die Forschenden fordern, insbesondere die sexistischen Sozialisationsmuster
von Männern in den Blick zu nehmen. Femizide seien nur ein Ausschnitt, so
Maier, es gäbe auch Täter, die Kinder oder nahestehende Personen töteten,
um Frauen zu bestrafen. „Eigentlich handelt es sich um eine patriarchale
Gewalt, die viel umfassender ist und viel mehr Spielarten hat“, sagt sie.
Um Femizide zukünftig zu verhindern, schlagen die Forschenden verschiedene
Maßnahmen vor: die Aufklärung von Polizist:innen, die Unterstützung von
Menschen mit psychischer Erkrankung, die Einführung der [2][elektronischen
Fußfessel] und mehr Frauenhausplätze. Auch eine [3][Reform des
Umgangsrechts] ist für die Forschenden denkbar, denn häufig erlangten Täter
über das Sorgerecht und Umgangsregelungen mit Kindern wieder Kontakt zu
ihren Opfern.
[4][Auch strafrechtlich benötige es umfassende Reformen], fordert
Strafrechtler Rebmann. Zentral sei zudem die Einführung eines German
Homicide Monitors (GHM), mit dem sich Tötungskriminalität in Deutschland
kontinuierlich und ländervergleichend analysieren ließe. Auf europäischer
Ebene gibt es das bereits.
20 Nov 2025
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## AUTOREN
DIR Amelie Sittenauer
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