# taz.de -- Autobiografie von Mascha Aljochina: Der Kampf von Pussy Riot gegen eine Welt ohne Seele
> Mascha Aljochina erzählt in „Political Girl“, wie sie zu Pussy Riot kam.
> Die Gruppe kämpft weiter gegen Patriarchat, Kirche und russischen Staat.
IMG Bild: Mascha Aljochina (r) mit Pussy Riot bei einem Konzert in Berlin 2022
Mit einem Punkgebet ist Maria „Mascha“ Aljochina berühmt geworden. Mit
ihrer Gruppe Pussy Riot stieß sie es 2012 in der Christ-Erlöser-Kathedrale
in Moskau aus. „[1][Mutter Gottes, Jungfrau, verjage Putin!“, lautete
die Fürbitte des russischen Performance-Kollektivs.] Doch die Jungfrau hat
nicht geliefert.
In Aljochinas Autobiografie „Political Girl“ lässt sich nun ihr Weg in die
Fundamentalopposition gegen die fortschreitende Diktatur in Russland
nachverfolgen. Aljochina, 1988 geboren, geht in Krylatskoje im Westen
Moskaus zur Schule, sie ist geprägt von Punk und von den Songs der
oppositionellen Sowjetkünstler:innen Janka Djagilewa und Viktor Zoi.
Letzterer forderte mit seiner Rockband Kino in den Achtzigern: „Ich will
Veränderung.“
Aljochina ist schon früh anders als ihre angepassten Mitschüler:innen.
Später sind die Suffragetten ihre Vorbilder, Trost findet sie inmitten der
totalitären Diktatur bei Hans Fallada und dessen Roman „Jeder stirbt für
sich allein“.
Aljochina geht in den nuller Jahren zu Greenpeace, dann zum
Künstlerkollektiv Woina und schließlich zu Pussy Riot. Alle Performances
ihrer Gruppe beschreibt sie noch mal: das Punkgebet, für das sie eineinhalb
Jahre in ein Straflager kam, die Proteste in Sotschi bei den Olympischen
Spielen 2014, wo Pussy Riot von Sicherheitskräften mit Peitschen attackiert
werden, die grandiose Aktion, bei der sie zu Putins Geburtstag
Staatsgebäude mit Regenbogenflaggen verzieren. Als sie 2014 nach Nischni
Nowgorod zurückkehren, werden sie von einem Schlägertrupp empfangen und mit
Farbe, Essensresten und Metallgegenständen angegriffen. Das Zentrum E (für
Extremismusbekämpfung) habe die Attacke initiiert, schreibt Aljochina.
## Der Körper muss dem Staat gehören
[2][Wie lebt es sich als Feministin in Russland?] Aljochina schreibt über
die Lüge der Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Sowjetunion und
die Allianz von Kirche und Staat im Kampf gegen weibliche Selbstbestimmung
im heutigen Russland. Den einflussreichen russisch-orthodoxen Priester
Andrej Tkatschew zitiert sie mit den Worten: „Man muss eine Frau übers Knie
legen, ihr die Hörner ausreißen, sie verbiegen und abreiben, in die
Waschmaschine stopfen. Ein Mann muss eine Frau zu hundert Prozent brechen!“
Aljochina analysiert die Körperpolitik des Regimes: „Warum brauchen sie das
Patriarchat? Der Körper muss dem Staat gehören. Dem Körper einer Frau darf
nicht erlaubt werden, selbst zu entscheiden, ob er gebären will. Dem Körper
eines Mannes darf nicht erlaubt werden, selbst zu entscheiden, ob er in den
Krieg ziehen will.“
Eine wie Aljochina muss aus einem solchen Land natürlich irgendwann fliehen
– im Mai 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs, gelingt ihr
das, obwohl sie unter Hausarrest steht.
Aljochina erinnert in ihrem Buch an oppositionelle Politiker:innen,
Aktivist:innen, Journalist:innen, ob tot oder lebendig. Über die autoritäre
Achse Nordkorea, Iran, China, Belarus schreibt sie treffend: „Die Welt, die
sie aufbauen, ist eine Welt, der die Seele ausgesaugt wurde.“
13 Dec 2025
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## AUTOREN
DIR Jens Uthoff
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