URI:
       # taz.de -- Aufnahme von Afghan*innen: Das ist Erpressung
       
       > Die Bundesregierung bietet Afghan*innen Geld, wenn sie auf eine
       > Aufnahme verzichten. Doch der „Deal“ beruht auf einer falschen
       > Behauptung.
       
   IMG Bild: Passiert viel zu selten: Ein Flugzeug evakuiert Afghan*innen nach Hannover
       
       Das „Angebot“ des Innenministeriums, [1][gegen eine Geldzahlung aus dem
       Aufnahmeprogramm des Bundes auszusteigen], haben 62 Afghan*innen
       angenommen. Das sind etwa zehn Prozent der Menschen, denen diese Offerte
       gemacht wurde. Das Ministerium bezeichnet diese Quote als Erfolg. Dabei
       haben neunzig Prozent die Option abgelehnt.
       
       Ein Afghane, der das Angebot abgelehnt hat, sagt: „Ich will kein Geld, ich
       will Sicherheit für meine Kinder. Mit Geld können wir uns kein neues Leben
       kaufen.“ Drei Familien, die im Sommer nach Afghanistan abgeschoben wurden
       und die alle Hoffnung aufgegeben haben, nach Deutschland zu kommen, haben
       das Angebot wiederum angenommen. In ihrem Fall ist das Ausdruck purer
       Verzweiflung.
       
       Tatsächlich handelt es sich um einen Erpressungsversuch. Denn das Angebot
       wurde mit der kaum verbrämten Drohung unterlegt, die Bundesregierung habe
       beschlossen, die Aufnahme zum Jahresende zu beenden, und sei nicht in der
       Lage, bis dahin alle Betroffenen nach Deutschland zu holen. Was mit denen
       passiert, die zurückbleiben, kann man sich unschwer ausmalen: Sie werden
       von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben und damit an [2][die Taliban]
       ausgeliefert, vor denen sie geflohen sind. Sie können also freiwillig auf
       die Aufnahme in Deutschland verzichten, oder sie laufen Gefahr, ohnehin
       [3][nicht aufgenommen zu werden].
       
       Das „Angebot“ des Ministeriums beruht zudem auf einer falschen Behauptung.
       Den betroffenen Afghan*innen wurde per Mail mitgeteilt, dass das
       Aufnahmeprogramm bis Jahresende auslaufe – angeblich laut einem Beschluss
       der Bundesregierung. Ein derartiger Beschluss wurde aber gar nicht gefasst.
       Es gibt nur den Passus im Koalitionsvertrag, die Aufnahmeprogramme „so weit
       wie möglich“ zu beenden. Juristen sehen in der falschen Tatsachenbehauptung
       eines „Beschlusses“ eine arglistige Täuschung. Möglicherweise können
       Afghan*innen ihren „freiwilligen“ Ausstieg vor Gericht dann wieder
       rückgängig machen, da sie getäuscht wurden. Es wäre nicht das erste Mal,
       dass Gerichte die unrechtmäßige Politik des Innenministers korrigieren.
       
       23 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Aufnahme-von-Menschen-aus-Afghanistan/!6127121
   DIR [2] /Human-Rights-Watch-Bericht/!6123953
   DIR [3] /Human-Rights-Watch-Bericht/!6123953
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Sökefeld
       
       ## TAGS
       
   DIR Reden wir darüber
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Taliban
   DIR Aufnahmeprogramm
   DIR Abschiebung
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Taliban
   DIR Afghanistaneinsatz
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Johann Wadephul 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bundesverfassungsgericht über Afghanen: Bundesregierung darf Aufnahmezusage brechen
       
       Ein afghanischer Richter hatte eine Aufnahmezusage für Deutschland, die
       ausgesetzt wurde. Nun verpflichtet Karlsruhe die Regierung aber nur,
       endlich zu entscheiden.
       
   DIR Dobrindts Afghanistan-Abschiebeoffensive: Taliban? Normal
       
       Der Innenminister will künftig Frauen nach Afghanistan abschieben und
       Personendaten mit den Taliban teilen. Damit sprengt er alle moralischen
       Grenzen.
       
   DIR Aufnahme von Afghan*innen: Dobrindt kündigt Einreise weiterer Schutzsuchender an
       
       Immer noch sitzen vor den Taliban geflohene Afghan*innen in Pakistan
       fest. Der Innenminister will wohl weiter nur die evakuieren, die darauf
       klagen.
       
   DIR Unterlassene Evakuierung von Afghanen: Moralisch beschämend
       
       Afghan*innen sollen gegen Geld auf ihre Aufnahme in Deutschland
       verzichten. Darauf antworten sie mit einem offenen Brief an den
       Bundeskanzler.
       
   DIR Aufnahme von Menschen aus Afghanistan: Geld statt Schutz
       
       Einst hat sie ihnen die Aufnahme zugesagt, jetzt will die Bundesregierung,
       dass Afghan*innen doch in ihr Heimatland zurückkehren. Dafür bietet sie
       Geld.
       
   DIR Abschieben in ein zerstörtes Land: Wadephul sorgt mit weiterer Syrien-Äußerung für Aufregung
       
       Der Außenminister hat mit einer Äußerung in Syrien für Irritationen in den
       eigenen Reihen gesorgt. Nun legt er nach: mit einem Vergleich mit 1945.