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Die Stadtvertretung von Klütz hatte am Montag hinter verschlossenen Türen
getagt. Dass der Leiter des dortigen Uwe-Johnson-Hauses gehen muss, will
der stellvertretende Bürgermeister Guntram Jung (CDU) auch am Dienstag
nicht offiziell bestätigen. „Nur so viel: Wir haben eine Entscheidung in
einer Personalangelegenheit getroffen.“ Der Betroffene soll davon auf dem
Postweg erfahren. Nicht aus der Presse.
Dass dieser Betroffene [1][Oliver Hintz] ist, pfeifen die Spatzen von den
Dächern der mecklenburgischen Kleinstadt. Schon in der Vorwoche hatte die
Stadt den Leiter des Literaturhauses freigestellt, nun die Trennung.
Arbeitsrechtlich ist das keine große Sache, Hintz war nicht fest
angestellt, hatte nur einen „Dienstleistungsvertrag“ auf Honorarbasis mit
der Stadt.
Und dort wurzelt wohl auch der Konflikt, der ihn den Job gekostet hat:
Hintz hat mit großer Verve und in kürzester Zeit eine
„Hannah-Arendt-Woche“ auf die Beine gestellt, die im [2][Uwe-Johnson-Haus]
und auch im benachbarten Lübeck stattfinden sollte. Für die zweite Ausgabe
2026 hatte er den jüdischen Publizisten Michel Friedman gewonnen. Aus Sicht
des damaligen Bürgermeisters Jürgen Mevius hatte er damit seine Kompetenzen
überschritten. Er verlangte, Friedman wieder abzusagen.
Um die Gründe dafür gab es jenen Konflikt, der [3][Klütz bundesweit, wenn
nicht weltweit bekannt gemacht] hat: Mevius will Kostenrisiken geltend
gemacht haben, Hintz stach an die Presse durch, es sei um Sicherheitsfragen
gegangen, die Stadtvertretung sei [4][vor möglichen Protesten von
Rechtsradikalen eingeknickt].
Über den ehrenamtlichen Bürgermeister brach ein Shitstorm herein und er
kündigte seinen Rücktritt an. Friedman kam, ein Jahr vor der eigentlichen
Einladung, nach Klütz, zu einer [5][Kundgebung des PEN Berlin] zur Rettung
der Meinungs- und Kunstfreiheit. Hintz stand dort mit ihm auf der Bühne und
erhob wüste Antisemitismusvorwürfe gegen seine Kolleginnen und die Stadt,
weil das Literaturhaus mit gelben Schärpen geschmückt war: „Gelb ist die
Farbe des Sterns, den die Familie von Michel Friedman einst tragen musste.“
Und zufällig auch die Farbe des Klützer Stadtwappens. Spätestens da war der
Bruch nicht mehr zu kitten. „Permanente Beleidigungen, falsche Behauptungen
und Antisemitismusvorwürfe gegen die Stadt“, nennt Jung als Grund für das
Zerwürfnis.
Für die diesjährige Hannah-Arendt-Woche haben Gäste aus Solidarität mit
Hintz abgesagt, darunter der frühere SPD-Chef Björn Engholm. Die
Veranstaltungsreihe wurde inzwischen abgesetzt. Und im kommenden Jahr? „Wir
müssen nun schauen, was noch möglich ist“, sagt Jung, der zunächst als
Bürgermeister nachrücken soll.
Jan Kahlke
30 Oct 2025
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