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       # taz.de -- Frauenfeindlichkeit: Maskierter Antifeminismus
       
       > Einfluss bis ins Familiengericht: Frauenfeindliche Väterrechtler tun
       > progressiv, gefährden aber besonders gewaltbetroffene Frauen und ihre
       > Kinder.
       
   IMG Bild: Der Graus der Antifeminst:innen: Frauen, die ihre Rechte fordern
       
       Sie geben sich als Verfechter der Gleichberechtigung – dahinter versteckt
       sich purer Frauenhass. Gemeint sind die sogenannten Väterrechtler. „Hört
       auf zu heulen“, „Schluss mit dem Opfer-Feminismus“ oder „Frauenhaus als
       Horrorkabinett“, schreiben Mitglieder der Bewegung in den Sozialen
       Netzwerken.
       
       „Das Perfide ist, dass die Forderungen von Väterrechtlern erst einmal
       progressiv klingen“, sagt die Investigativjournalistin Gabriela Keller bei
       der Jahrestagung der Autonomen Frauenhäuser in Berlin. „Der Vater wolle
       auch nach der Trennung für das Kind da sein.“ Aber die Forderungen gingen
       oftmals mit einer zutiefst frauenfeindlichen Haltung einher: „Väterrechtler
       sehen sich als Opfer des Feminismus“, sagt Keller, die zu diesen Netzwerken
       lange recherchierte.
       
       Bei der Jahrestagung der Autonomen Frauenhäuser geht es an diesem Tag
       speziell um das Kindeswohl und wie Rechtsruck, Antifeminismus und
       Väterrechtler gewaltbetroffene Kinder und ihre Mütter gefährden. Die
       Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser und vor allem ihre Klientinnen sind von
       der institutionalisierten, frauenfeindlichen Haltung direkt betroffen: „Das
       begegnet uns schon bei der Polizei, wenn die bei häuslicher Gewalt gerufen
       wird“, sagt Marie Ostmund*, die seit drei Jahren in einem Frauenhaus
       arbeitet, der taz. Sie erlebe oft, dass die Beamt:innen eher den
       Ausreden des gewalttätigen Ehemannes glaubten, als der verletzten Frau
       Gehör zu schenken. Auch bei Gericht begegne Ostmund und ihre Kolleginnen
       Frauenfeindlichkeit. Insbesondere, wenn es um Sorge- und Umgangsrecht für
       die gemeinsamen Kinder nach Fällen von häuslicher Gewalt gehe.
       
       ## Familiengerichte unterstellen Müttern Manipulation
       
       Die Teilnehmenden der Tagung berichten, dass hier eine Erzählweise
       besonders dominant sei: Der Mutter werde die Schuld daran gegeben, dass das
       Kind den gewalttätigen Vater nicht sehen will. „Ihr wird unterstellt, dass
       sie ihre Kinder manipuliert“, erklärt Wolfgang Hammer bei seinem Vortrag,
       der mit seinem Team 2024 eine [1][Studie zur PAS-Vorannahme]
       veröffentlichte. PAS steht für „Parental Alination Syndrom“ (PAS), zu
       deutsch: „elterliches Entfremdungssyndrom“. „Dieses widerlegte,
       pseudowissenschaftliche Konzept geht davon aus, dass nach einer Trennung
       das betreuende Elternteil – meist die Mutter – das Kind in ihrem Sinne
       beeinflusst und gegen das andere Elternteil – den Vater – aufbringt“, sagt
       Hammer.
       
       Auch das [2][Bundesverfassungsgericht entschied 2023], dass die sogenannte
       „Eltern-Kind-Entfremdung“ nicht belegbar sei und nicht als Begründung bei
       Sorgerechtsstreits herangezogen werden dürfe. Trotzdem zeigen die
       Ergebnisse von Hammers Studie, dass Familiengerichte ihre Entscheidungen
       immer noch darauf aufbauen: „Regelhaft und flächendeckend erfolgen Urteile
       an Familiengerichten auf Grundlage von widerlegten Mythen“, sagt Hammer.
       Die Folgen seien insbesondere für von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder
       dramatisch: Häufig werde dem Vater ein geteiltes Sorgerecht zugesprochen,
       da sich die Annahme verbreitet habe, für das Kindeswohl sei es wichtig,
       beide Elternteile zu haben.
       
       Investigativjournalistin Keller weiß: „Das ist es, was die Väterrechtler
       als modernes Familienbild bezeichnen.“ Ein beliebter Slogan sei ebenfalls:
       „Kinderrechte sind Elternrechte.“ All das gelte auch bei häuslicher Gewalt.
       Das Problem sei, Organisationen, die den sogenannten Väterrechtlern
       zugeordnet werden, bieten Fortbildungen für Jugendämter und
       Verfahrensbeistände an, erklärt Keller. Letztere würden bei Gericht
       praktisch als Anwälte der Kinder fungieren. Dadurch hätten sie einen großen
       Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts. So schafften es die
       Väterrechtler, ihre frauenfeindlichen Positionen zu etablieren. Vor allem,
       weil sie extrem gut vernetzt seien, sowohl untereinander als auch in
       politische Kreise, sagt Keller.
       
       ## Die Sprache der Antifeminist:innen
       
       All das geschieht nicht im Vakuum. Andreas Kemper beschäftigt sich seit
       Jahren mit den Narrativen des Antifeminismus. Bei der Tagung stellt er den
       „[3][Diskursatlas des Antifeminismus]“ vor. Hier dokumentiert der Soziologe
       frauenfeindliche Narrative und ihre Kontexte. „Gemeinsam haben
       Antifeminist:innen, dass sie sich als Opfer des Feminismus sehen“, erklärt
       Kemper. Sie behaupten, die Gesellschaft sei mit ihrem „woken Gehabe“ zu
       weit gegangen. Es gibt mehrere Strömungen, die Kemper in den Narrativen der
       frauenfeindlichen Netzwerke ausmacht: von rechtsradikal und völkisch über
       fundamental-christlich bis hin zu neolibertär. Zu den Akteuren gehörten
       etwa Milliardäre, wie Elon Musk oder die erzkonservative, ehemalige Gräfin
       Gloria von Thurn und Taxis.
       
       Je nach Ausrichtung werde dann zum Beispiel von einer „natürlichen
       Geschlechterordnung“ gesprochen. Als Beispiel zeigt Kemper ein Video von
       der AfD-TikTok-Größe Maximilian Krah, der davon spricht, dass Frauen
       „intuitiv“, und so das Ergänzungsstück zum „rationalen Mann“ seien. Im
       gleichen Atemzug spricht er davon, dass die Hauptaufgabe der Frauen sei,
       Kinder zu gebären. Alles nichts Neues, sagt Kemper, dieselben Narrative
       habe schon die NSDAP verwendet.
       
       ## Gleichberechtigung ist nicht gleich Gleichberechtigung
       
       Schwerer für das ungeübte Auge zu erkennen, aber ähnlich antifeministisch,
       sei die Väterrechtlerbewegung. Sie eigneten sich eine Sprechweise an, die
       eher linkskonnotiert sei, erklärt Keller. So werde etwa der „Deutsche
       Gender Kongress“ von Väterrechtlern ausgerichtet. „Aber Begriffe wie
       Gleichberechtignung werden hier ad absurdum geführt“, berichtet Keller. So
       werde statt von einem Gender Pay Gap zum Beispiel von einem „Empathy Gap“
       gesprochen. Der Grundtenor sei immer: Männer werden als Väter in der
       Gesellschaft benachteiligt. Patriarchale Strukturen würden dabei verkannt.
       
       Eine klassische Forderung sei, das sogenannte Wechselmodell als Standard
       bei Sorgerechtsfragen einzuführen. Das heißt: Das Kind wächst sowohl beim
       Vater als auch bei der Mutter auf. Gerade für gewaltbetroffene Frauen und
       deren Kinder stelle das aber ein hohes Gefahrenpotenzial dar, sagt Keller.
       
       Marie Ostmund kann das aus ihrer Arbeit im Frauenhaus bestätigen: Sie und
       ihre Kolleginnen würden oft erleben, welche anhaltende Bedrohung das
       Wechselmodell für Mutter und Kind bei häuslicher Gewalt bedeute. Wenn sie
       hört, wie viel Geld und politische Macht hinter den antifeministischen
       Netzwerken stecken, fällt ihr nur ein Wort ein: „eklig“. Aber auch die
       Frauenhäuser seien gut vernetzt, so Ostmund. Das zeigt der prallgefüllte
       Raum mit mehr als 300 Menschen: „Auch wir sind viele“, sagt sie.
       
       *Name von der Redaktion geändert
       
       14 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.familienrecht-in-deutschland.de/wp-content/uploads/2025/01/Macht-und-Kontrolle-im-Familiengericht-Analyse-medialer-Falldokumentationen.pdf
   DIR [2] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/11/rk20231117_1bvr107623.html
   DIR [3] https://www.diskursatlas.de/index.php?title=Hauptseite
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Clara Dünkler
       
       ## TAGS
       
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