# taz.de -- Geschichte des Feminismus: Als Lesben zu Lavendel-Bomben griffen
> Lange distanzierten sich Feministinnen von Lesben. Doch mit kreativen
> Aktionen erkämpften sie sich ihren Platz in der Bewegung.
IMG Bild: Die Aktivistin Rita Mae Brown (rechts im Bild) mit ihrem legendären Shirt mit der Aufschrift „Lavender Menace“
Frühjahr 1970 in New York. Kurz vor dem zweiten Kongress zur Vereinigung
der Frauen liegt ein Konflikt in der Luft. Im Zentrum: [1][Betty Friedan],
Mitgründerin der National Organization for Women (NOW) und Autorin von „The
Feminine Mystique“. Mit ihrem Buch hat sie die sogenannte zweite Welle des
US-Feminismus geprägt.
Ihre Ziele: Gleichstellung vor dem Gesetz, Teilhabe am Arbeitsmarkt und die
gerechtere Aufteilung unbezahlter Haus- und Sorgearbeit. Doch lesbische
Frauen und ihre Anliegen betrachtet Friedan als Gefahr für den politischen
Fortschritt. Deren Sichtbarkeit würde die Bewegung spalten und sie als
„Männerhasser“ dastehen lassen, so ihr Argument.
Lesbische Feministinnen wurden von führenden Vertreterinnen von NOW
marginalisiert und abschätzig als „Lavender Menace“ („Lavendel-Bedrohung“)
bezeichnet – „Lavendel“ ist damals abwertender Slang für Homosexualität.
Doch im Frühjahr 1970 hat eine Gruppe um [2][die junge Aktivistin Rita Mae
Brown] genug. Sie plant eine spektakuläre Protestaktion während des
Kongresses in New York. Brown war zuvor aus der NOW geflogen, weil sie
immer wieder auf das zu weiße, mittelschichtszentrierte und heteronormative
Feminismusverständnis der Bewegung hingewiesen hat.
Zu Kongressbeginn finden Teilnehmerinnen auf ihren Stühlen provokante Flyer
mit der Aufschrift: „Die Frauenbewegung ist eine lesbische Verschwörung.“
Während der Eröffnungsrede geht plötzlich das Licht aus und das Mikrofon
verstummt – ein geplanter Coup, abgesprochen mit einer verbündeten
Technikerin.
In der Dunkelheit ziehen sich die Aktivistinnen um, zücken Schilder und
enthüllen T-Shirts mit der Aufschrift „Lavender Menace“. Dann rufen sie
lautstark ihren Gruppennamen, während lavendelduftende Stinkbomben durch
den Raum fliegen. Viele sind irritiert, andere lachen, einige jubeln.
Als sich die Irritation gelegt hat, erklären die Aktivistinnen ihr
Anliegen. Und zu ihrer eigenen Überraschung sind die meisten anwesenden
Frauen auf ihrer Seite. Betty Friedans öffentliche Ablehnung lesbischer
Anliegen hat in der feministischen Bewegung keine Mehrheit mehr.
Der Kongress wird zur offenen Diskussion: lesbische und heterosexuelle
Frauen, Schwarze Frauen und Arbeiterinnen melden sich zu Wort. Lesbische
Frauen sind nicht die Einzigen, die sich bisher ausgeschlossen fühlten. Die
restlichen Kongresstage verbringen die Teilnehmerinnen mit
leidenschaftlichen Workshops über lesbisches Leben, Identität und
Zusammenhalt.
[3][Wer wird gehört, wer bleibt unsichtbar?] Aus der Reibung dieser Fragen
entwickelte sich im Mai 1970 unter den in New York versammelten Frauen ein
Gefühl von Aufbruch und Solidarität.
21 Nov 2025
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## AUTOREN
DIR Raweel Nasir
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