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       # taz.de -- Angriff auf NS-Gedenkstätte Ahlem: Neonazi tut's echt leid
       
       > Weil er im Januar eine Gedenkstätte verwüstet hat, wurde Angelos L. zu
       > einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er gibt sich als reumütiger
       > Szene-Aussteiger.
       
   IMG Bild: Sieht heute alles ganz anders: Der Angeklagte, der vor einem Dreivierteljahr die NS-Gedenkstätte Ahlem verwüstet hat
       
       Hannover taz | Für einen Angriff auf die [1][Gedenkstätte Ahlem bei
       Hannover] wurde der 26-jährige Neonazi Angelos L. vom Amtsgericht Hannover
       am Donnerstag zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung
       verurteilt: wegen Sachbeschädigung und des unerlaubten Besitzes von
       Schusswaffen und Munition.
       
       Der Angeklagte hatte vor Gericht eingeräumt, am Holocaust-Gedenktag im
       Januar 2025 mehrere Blumenkränze an der Gedenkstätte Ahlem beschädigt und
       gestohlen zu haben.
       
       Auf die Spur von L. war die Polizei bald nach der Tat mithilfe von
       Videoüberwachung gekommen, die half, ihn anhand seiner Kleidung zu
       identifizieren. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung wurden ein
       Springmesser, eine Schreckschusswaffe und eine funktionsfähige
       Maschinenpistole samt Munition sichergestellt. Durch die Ermittlungen wurde
       auch bekannt, dass L. zu dem Zeitpunkt Mitglied der Jungen Nationalisten
       (JN), der Jugendorganisation der rechtsextremen Partei „Die Heimat“, war.
       
       Vor Gericht gab [2][Angelos L.] sich reumütig. Er habe die Tat an der
       Gedenkstätte damals im Januar begangen, um seinen Kameraden zu imponieren.
       Der Angriff auf die Gedenkkränze sei für ihn „so eine Art Zeichen“ gegen
       den „Schuldkult“ und gegen die Gedenkstätte selbst gewesen, da diese auch
       Workshops gegen rechts organisiere. Damals habe er die Opferzahlen der
       Schoah als übertrieben angesehen. „Es hat mich gestört, dass man immer
       wieder das Gedenken gemacht hat“, sagte L. vor Gericht.
       
       ## Angeklagter Neonazi war in Ungarn festgenommen
       
       Nach der Hausdurchsuchung war L. an seiner Wohnanschrift nicht mehr
       anzutreffen gewesen und wurde mit europäischem Haftbefehl gesucht. Ende Mai
       konnten ungarische Ermittler ihn in Budapest festnehmen und nach
       Deutschland ausliefern. Vor Gericht berichtete er auch von seiner Zeit in
       ungarischer Haft. Es habe keinen Hofgang oder Fernseher gegeben, sondern
       lediglich „die weiße Decke zum Anstarren“. Das habe ihn schon ziemlich
       schockiert, erklärte Angelos L. dem Gericht.
       
       In die rechte Szene gelangt sei er in der Schule über einen Freund,
       erzählte er dem Gericht. Dort habe er gemerkt, dass er mit Hitler-Reden
       Lehrer und Schüler reizen könne. Irgendwann sei er dann in Kontakt mit der
       Neonazi-Gruppe Calenberger Bande gekommen, die in [3][Hannover-Ahlem
       versuchte, ein rechtes Vorfeld aufzubauen]. Man habe ihn zum
       Kameradschaftsfrühstück und zu Schulungen zum Nationalsozialismus
       eingeladen. „Der Chef ist immer noch ein gefährlicher Neonazi“, sagte L.
       Über das Internet und insbesondere Discord-Channels habe er sich immer
       weiter radikalisiert.
       
       Angelos L. sagt vor dem Amtsgericht, er sei mittlerweile aus der rechten
       Szene ausgestiegen, habe alle Kontakte zu seinen früheren Freunden
       abgebrochen und sei in Kontakt mit einem Aussteigerprogramm. Über seine
       rechten Kameraden verliert L. vor Gericht kein gutes Wort. Diese hätten ihn
       immer wieder manipuliert und er habe sich von ihnen im Stich gelassen
       gefühlt. Seine Mitgliedschaft bei den Jungen Nationalisten und seine
       Verbindungen zur Calenberger Bande wurden vor Gericht kaum thematisiert.
       
       Von wem er die Maschinenpistole vom Modell PPS-43, die
       Polizeibeamt:innen bei ihm fanden, erhalten hat, will L. nicht sagen.
       Mit der Waffe habe er sich und seine Familie bei einem möglichen „Tag X“
       lediglich vor Plündererbanden schützen wollen, gab er an. Bezahlt habe er
       für die Waffe nichts, er habe sich nur nach Kontakten umhören sollen, „die
       auch solche Sachen beschaffen“.
       
       ## Angelos L. flog nach der Tat aus der AfD
       
       Spätestens ab 2018 war L. den Behörden aufgrund seiner rechten Gesinnung
       aufgefallen. Auf Youtube hatte er in einem Chat Juden als „Kakerlaken“,
       „Parasiten“ und „Ratten“ bezeichnet. Auf Twitter hatte er ein Bild eines
       Stolpersteins mit dem Text kommentiert: „ich hätte Bock hierauf zu pissen“.
       2023 wurde er dafür unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt und das
       Gericht attestierte ihm damals eine gefestigte rechtsextreme Ideologie.
       
       Weil L. ein paar Jahre davor bei einem Heimatabend einer Burschenschaft auf
       dem Hamburger Kiez ein Messer gezogen hatte, als es zur Konfrontation mit
       Gegendemonstranten kam, hat die Region Hannover schon 2022 ein
       unbefristetes Waffenbesitzverbot gegen ihn erlassen.
       
       Wie er so drauf ist, zeigte sich auch 2024: Da hatte L. einem Mann in einer
       Kneipe in Bielefeld ins Gesicht geschlagen, als der einen Aufkleber der JN
       zerriss. In einem [4][Beitrag des Politmagazins „Kontraste“] aus dem Mai
       ist L. zusammen mit anderen Neonazis der JN in Wehrmachtsuniform zu sehen.
       Gemeinsam rufen sie „Sieg Heil“ und zeigen den Hitlergruß. Zum Zeitpunkt
       seines Angriffs auf die Gedenkstätte Ahlem war L. Mitglied der AfD gewesen.
       Mit Bekanntwerden seiner Identität war die Mitgliedschaft durch die AfD
       annulliert worden.
       
       Das Gericht in Hannover sah es als erwiesen an, dass es L. bei der Tat an
       der Gedenkstätte darum gegangen sei, die Opfer des Nationalsozialismus zu
       verhöhnen. Deren Tod habe er damals als etwas Gutes betrachtet. „Sie haben
       sich dazu entschlossen, das Gedenken an Millionen von Menschen mit Füßen zu
       treten“, sagte Richter Simon Künnen. Zusätzlich zu der Bewährungsstrafe
       wurden Angelos L. die Teilnahme an einem Aussteigerprogramm und eine
       Geldstrafe von 2.000 Euro auferlegt.
       
       Von seinen Plänen, aus der rechten Szene auszusteigen, konnte L. das
       Gericht überzeugen. „Wir halten eine Rückkehr für nahezu ausgeschlossen“,
       erklärte Richter Künnen.
       
       9 Oct 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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