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       # taz.de -- Ausladungen im Kulturbetrieb: Die Schnellfeuerwaffe im politischen Diskurs
       
       > Früher flogen Eier und Torten, jetzt werden Ausladungen gegen Chefket und
       > Michel Friedman ausgesprochen. Solche Rückzieher sind Gift für die
       > Freiheit.
       
   IMG Bild: Früher flogen Eier und Farbbeutel, als Zeichen der Ablehnung und des Protests, heute wird eingeladen und wieder ausgeladen
       
       Die Rücknahme einer Einladung gehört inzwischen zur Grundausstattung des
       politischen Waffenarsenals wie der Hammer in die Werkzeugkiste. Wollen Sie
       auf Ihre Veranstaltung aufmerksam machen, sparen Sie sich jede Werbung und
       überlegen stattdessen gut, wen Sie auf Ihre Bühne einladen.
       
       Es sollte eine Person darunter sein, für die sich garantiert jemand findet,
       der ihre Ausladung fordert.
       
       Ohne viel Aufwand für kreative Instagram-Posts und PR-Kampagnen kriegen Sie
       eine Aufmerksamkeit, die Sie über eine wie auch immer gewitzte
       Veranstaltungsankündigung im Leben nicht erreichen würden. Sie müssen zwar
       in Kauf nehmen, dass sich andere Eingeladene mit der ein- und wieder
       ausgeladenen Person solidarisieren und sich gleichsam von Eingeladenen zu
       Sichselbstwiederausladenden machen.
       
       Aber am Ende gibt das nur einfach noch eine Aufmerksamkeitsschleife
       obendrauf, und Sinn, Grund und Zweck Ihrer Veranstaltung findet im
       Schlepptau der Empörung ebenfalls Erwähnung – und das alles frei Haus.
       
       Eingeladene Ausgeladene könnten inzwischen einen Verband der Ex-Geladenen
       gründen; es ist ja schon beinah enttäuschend, wenn man eine Veranstaltung
       besucht, auf der alle angekündigten Eingeladenen auch wirklich kommen
       durften: Och schade, alle da, wie langweilig.
       
       Eine [1][Zeitung, die einen abgedruckten Text aus dem Internet holte], um
       denen, die den Text doof fanden, zu zeigen: we feel you. Ein
       [2][Bürgermeister, der sein Literaturhaus nötigte,] Michel Friedman aus
       fadenscheinigen Gründen wieder auszuladen, nur um sich dann selbst aus dem
       Amt zu laden und zum Opfer einer Verleumdungskampagne zu erklären. Eine
       [3][Stadtverwaltung, die eine Künstlerin wieder auslud,] weil deren
       Installation sich kritisch mit der AfD auseinandersetzt, was die politische
       Neutralität gefährde.
       
       Ein Kulturminister, der [4][Jan Böhmermann aufforderte,] den von ihm
       eingeladenen Rapper Chefket wieder auszuladen, was der Einladende zunächst
       ausschlug, dann aber doch einschlug (natürlich mit Zwinkersmiley).
       Gezwinkersmileyt haben danach vor allem Jens Spahn, die AfD und der Gift
       und Galle speiende Internetmob, der Antisemitismus nur auf der linken Seite
       sieht.
       
       Besonders lustig war die Wiederausladung der Buchhändlerin und
       AfD-Politikerin Susanne Dagen. Sie war vom „Denkfest“ in Mannheim
       eingeladen worden, das ausgerechnet unter dem Motto „Kampfzone Freiheit –
       Wer hat Angst vor Ambivalenz?“ stattfindet.
       
       Während Jan Böhmermann wissen ließ, dass er den Rapper habe ausladen
       müssen, weil die „Integrität“ der Veranstaltung nicht mehr zu gewährleisten
       sei, [5][erklärten die Mannheimer Veranstalter], die Sicherheit nicht
       gewährleisten zu können. „Allseitige Vorgaben und Sprachregelungen statt
       Debattenkultur – unsere Gegenwart steht unter Druck … Was bedeutet das für
       die Freiheit in Kunst und Gesellschaft?“, heißt es in deren
       [6][Ankündigung].
       
       In erster Linie bedeutet das, dass zur Planung einer politischen
       Veranstaltung gehört, Ziele und Risiken abzuwägen, wozu wiederum gehört,
       einzukalkulieren, dass es Störaktionen und Proteste gibt. Dass dies bei
       einer Person wie Dagen programmiert ist, dürfte niemand überraschen. Aber
       auch der Protest gegen Podiumsgäste ist Ausdruck von Freiheit in Kunst und
       Gesellschaft. Früher flogen Pudding, Eier, Farbbeutel, Torten, oder Brüste
       wurden entblößt – alles nicht unbedingt schön und sicher, aber auch nicht
       demokratiegefährdend.
       
       Schiss vor der eigenen Courage ist nachvollziehbar. Solche Rückzieher aber
       sind Gift für die Freiheit in Kunst und Gesellschaft. Die Ausladung ist zur
       Schnellfeuerwaffe im politischen Diskurs geworden. Sie sollte schleunigst
       in den Waffenschrank gesperrt werden, bevor sie weiter Unheil anrichtet.
       
       4 Oct 2025
       
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   DIR [4] /Konzert-Absage-Jan-Boehmermann-knickt-vor-Wolfram-Weimer-ein/!6112772
   DIR [5] https://www.denkfest-rhein-neckar.de/blog/statement
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