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       # taz.de -- Drohnen über Polen: Was droht nach den Drohnen?
       
       > Polen hat erstmals russische Drohnen im eigenen Luftraum abgeschossen.
       > Immer mehr Stimmen fordern nun eine starke Reaktion der Nato auf Putins
       > Krieg.
       
   IMG Bild: Feuerwehrleute sichern Teile einer beschädigten, von polnischen Behörden abgeschossenen Drohne in Czosnówka
       
       Berlin taz | Ausgerechnet wenige Stunden vor der „Rede zur Lage der
       Europäischen Union“ der im Kreml besonders gehassten
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das Nato- und EU-Land
       Polen erstmals Drohnen in seinem Luftraum abgeschossen. Diese waren nach
       westlichen Angaben ebenfalls zum ersten Mal gezielt aus dem Osten
       abgefeuert worden. In ihrer ersten „State of the Union“-Rede ihrer zweiten
       Amtszeit forderte die CDU-Politikerin daraufhin die „Selbstbehauptung
       Europas“, fragte aber auch: „Haben wir den Mumm, den politischen Willen und
       die Einigkeit, den Kampf aufzunehmen?“
       
       Nach westlichen Berichten wurden 19 bewaffnete russische Drohnen und
       mindestens eine Rakete aus Belarus auf Polen abgefeuert. Polens Luftabwehr
       und niederländische F-35-Kampfjets, die dort stationiert sind, schossen die
       meisten ab. Bisher wurden Teile von mindestens neun Drohnen und einer
       Rakete gefunden. Auch [1][deutsche „Patriot“-Systeme] und italienische
       Awacs-Aufklärungsflugzeuge waren laut des niederländischen
       Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Einsatz.
       
       Die Bundeswehr hat ihre „Patriots“ am ostpolnischen Flughafen Rzeszów
       stationiert, um ukrainische Delegationen und westliche Waffenlieferungen zu
       schützen. Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte, die Angriffe
       seien gezielt erfolgt: „Es gibt definitiv keine Anlässe zu vermuten, dass
       es sich hier um Kurskorrekturfehler oder dergleichen handelt.“ Der
       SPD-Politiker unterstützte die von Warschau verlangten Konsultationen gemäß
       Artikel 4 des Nato-Vertrags: „Hier müssen Signale gesetzt werden.“
       
       Für die gezielte Steuerung der Drohnen und Raketen nach Polen spricht, dass
       die Überflüge zwischen 23 und 6 Uhr in weit auseinanderliegenden Regionen
       stattfanden. Bei mehreren Vorfällen mit russischen Drohnen und Raketen in
       Polen seit 2022, waren diese immer erst später gefunden worden. In einem
       Fall waren zwei polnische Bauern getötet worden, allerdings durch eine wie
       sich später herausstellte verirrte ukrainische Flugabwehrrakete.
       
       ## Russisch-Belarussisches Großmanöver für Freitag geplant
       
       Am Freitag beginnt das russisch-belarussische Großmanöver [2][„Sapad 2025“]
       (Westen). Die letzte Übung 2021 diente dazu, russische Truppen an die
       ukrainische Grenze zu verlegen, die später für die Invasion genutzt
       wurden.
       
       Gleichzeitig zur Sichtung der Drohnen über Polen griff Russland massiv den
       Westen und zentrale Landesteile der Ukraine an: 415 russisch-iranische
       Drohnen sowie 43 Raketen und Marschflugkörper wurden eingesetzt. 413
       Drohnen schoss die Ukraine ab, doch einige trafen Ziele in Schitomir, Luzk
       und [3][Lwiw]. Allein Lwiw im Westen wurde von 60 „Schached“-Drohnen und
       zehn Raketen angegriffen. Laut Bürgermeister Andrij Sadowyj trafen die
       Angriffe nur eine leere Lagerhalle.
       
       Russland versucht derzeit verstärkt, westliche Waffenlieferungen schon im
       Westen der Ukraine aufzuspüren und ukrainische Rüstungsfabriken zu treffen.
       Deutschland, als Logistik-Drehscheibe der Nato, wird nach Angaben der
       Bundeswehr seit Monaten ausspioniert, auch mit Drohnen entlang möglicher
       Lieferwege. Die Waffenlieferungen an die Ukraine sind völkerrechtlich
       zulässig, da sie der Verteidigung gegen einen Angriffskrieg dienen.
       
       ## Rutte: „Beenden Sie den Krieg in der Ukraine.“
       
       Nach Bekanntwerden der Angriffe entbrannte die Diskussion über politische
       Konsequenzen. Von der Leyen sprach von „rücksichtsloser und beispielloser
       Verletzung des polnischen und europäischen Luftraums“. Nato-Generalsekretär
       Mark Rutte wendete sich direkt an Russlands Präsidenten: „Beenden Sie den
       Krieg in der Ukraine. Hören Sie auf, den Luftraum der Verbündeten zu
       verletzen“.
       
       „Moskau testet immer die Grenzen des Möglichen aus und bleibt auf einer
       neuen Eskalationsstufe, wenn nicht eine starke Reaktion folgt“, sagte der
       ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij. Das sieht auch der
       Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Stefan
       Meister, so: „Wenn man die Logik Russlands versteht, muss die Nato härter
       reagieren“, sagte Meister der taz. Es sei „ein falsches deutsches
       Verständnis, dass eine harte Reaktion eskaliert – im Gegenteil: Russland
       fühlt sich sonst eingeladen zu weiteren Aktionen. Die Nato muss jetzt hart
       reagieren“.
       
       Meister fordert, russische Drohnen konsequent im Nato-Luftraum abzuschießen
       und eine Drohnenabwehr an der EU-Außengrenze zu installieren. Zudem müsse
       westukrainisches Territorium unter Nato-Luftabwehrschutz gestellt werden,
       um ein Eindringen russischer Waffen zu verhindern.
       
       Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter nannte „Solidaritätsbekundungen
       fehlplatziert“ und forderte: „Endlich mit Konsequenz und Härte antworten!
       Gesülze von Friedensverhandlungen muss aufhören. Es muss jetzt Taurus und
       massive militärische Unterstützung für die Ukraine erfolgen.“
       
       „Präsident Putin spielt mit dem Feuer und provoziert die Nato bewusst immer
       wieder“, sagte auch die Vize-Bundestagsfraktionschefin der Grünen,
       Agnieszka Brugger und forderte harte Reaktionen. Die EU solle jetzt
       „endlich schnell die eingefrorenen russischen Vermögen für die
       Unterstützung der Ukraine freigeben, hier muss auch Kanzler Merz schönen
       Worten endlich Taten folgen lassen“. Zudem sei der Stopp aller Öl-, Gas-
       und LNG-Importe sowie aller Zahlungen an Russland und die Annullierung
       aller Schengen-Visa für russische Diplomatenpässe nötig.
       
       „Russland muss spüren, dass der Krieg nicht ausgeweitet werden kann und
       beendet werden muss“, betonte der ukrainische Präsident Selenskyj.
       
       10 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Mathias Brüggmann
       
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