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       # taz.de -- Rechtsextremismus in Rumänien: Derber Dämpfer für den Präsidenten
       
       > Nicuşor Dans Versuch, eine härtere Bestrafung faschistischer Straftaten
       > zu stoppen, scheitert am Verfassungsgericht. Am Freitag besucht er
       > Berlin.
       
   IMG Bild: Faschistische Heldenverehrung in dem Ort Sâmbăta de Sus im Jahr 2000
       
       Berlin taz | Hoher Besuch im Schloss Bellevue: Rumäniens Präsident
       [1][Nicuşor Dan] wird an diesem Freitag zu seinen Antrittsbesuch in Berlin
       erwartet und von seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier mit
       militärischen Ehren empfangen werden.
       
       Die Visite findet unmittelbar nach einer ersten innenpolitischen Schlappe
       statt, die der erst im Mai zum Staatschef gewählte Nicuşor Dan am
       Donnerstag einstecken musste. Das rumänische Verfassungsgericht hatte die
       von Dan erhobenen Einwände gegen ein Gesetz zur härteren Bestrafung
       faschistischer Straftaten abgewiesen.
       
       Im Juni hatte das Bukarester Parlament den von dem Abgeordneten der
       jüdischen Minderheit Silviu Vexler vorgeschlagenen Gesetzesänderungen
       zugestimmt. Sie zielen darauf ab, antisemitische Hetze und rechtsextreme
       Propaganda effektiv zu bestrafen.
       
       Die Vorschläge waren als eine Ergänzung zu einem Eilantrag aus dem Jahr
       2002 und einem Gesetz aus dem Jahr 2015 gedacht. Diese gesetzlichen
       Bestimmungen sahen unterschiedliche Strafen [2][für faschistische
       Volksverhetzung und den öffentlichen Kult von Kriegsverbrechern] vor.
       Obwohl in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche rechtsextreme
       Gruppierungen entstanden sind und faschistische, xenophobe und
       antisemitische Propaganda zunahm, weigerte sich die Justiz gegen
       rechtsextreme Straftäter vorzugehen.
       
       ## Rechtsextreme Umtriebe eindämmen
       
       Die Erfolge rechtsradikaler Parteien bei den letzten Parlamentswahlen im
       Dezember 2024 und das außerordentlich gute Abschneiden des
       ökofaschistischen Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu veranlassten
       den Abgeordneten Vexler, Gesetzesänderungen vorzuschlagen, um rechtsextreme
       Umtriebe einzudämmen und zu unterbinden. In dem Gesetz wird ausdrücklich
       auf die Formen des völkischen rumänischen Faschismus hingewiesen.
       
       Es handelt sich um die sogenannte Legion des Erzengels Michael, die in der
       Zeit zwischen den Weltkriegen gegründet wurde und sich zur drittstärksten
       rechtsextremen europäischen Bewegung – nach der NSDAP und der italienischen
       Faschistenpartei – entwickelt hatte. Die Legionäre verübten Terroranschläge
       und organisierten antijüdische Ausschreitungen.
       
       Von im September 1940 bis im Januar 1941 teilten sie sich mit dem
       ultrarechten Ion Antonescu die Macht. Ihre Versuche, die ganze Macht an
       sich zu reißen, vereitelte Antonescu, indem er die Legionärsbewegung
       verbieten ließ, jedoch deren weltanschaulichen Konzepte in sein
       Regierungsprogramm integrierte.
       
       Als enger Verbündeter Hitlers beteiligte sich Antonescu an dem Krieg gegen
       die Sowjetunion. Rumänische und ukrainische Juden sowie Roma wurden nach
       Transnistrien deportiert. In dem zwischen der heutigen Ukraine und der
       Republik Moldau gelegenen Transnistrien starben über 300.000 Juden und mehr
       als 11.000 Roma. Antonescu wurde nach dem 2. Weltkrieg als Kriegsverbrecher
       zum Tode verurteilt.
       
       ## Verschwiegene Verbrechen
       
       Der nach der politischen Wende 1989 sich ausbreitende Geschichtsmythos von
       dem bewaffneten antikommunistischen Widerstand der legionaristischen
       Freischärler diente in erster Linie der Verherrlichung der Legionäre. Deren
       Verbrechen wurden verschwiegen oder zu legitimen antikommunistischen
       Widerstandshandlungen umgedeutet. Der Legionärsantisemitismus wurde
       ausgeblendet und als Kampf gegen das so genannte „jüdisch-bolschewistische
       Regime“ interpretiert.
       
       Diesen Geschichtsklitterungen, die sich im derzeitigen politischen Kontext
       zu ideologischen Grundlagen der Parteien entwickelt haben, die ein Drittel
       der Parlamentssitze belegen, will das Vexler-Gesetz Einhalt gebieten.
       
       Für die Gründung von Legionärsorganisationen sind Gefängnisstrafen zwischen
       drei und zehn Jahren vorgesehen. Auf die Verbreitung und Verherrlichung der
       faschistischen Legionärsideologie, [3][die Ehrung von Faschisten im
       öffentlichen Raum durch Straßennamen, Gedenktafeln oder Denkmälern] stehen
       bis zu fünf Jahre Haft.
       
       Präsident Nicuşor Dan befand diese Bestimmungen als nicht
       verfassungskonform und zu vage. Seiner Ansicht nach seien die Begriffe
       Faschismus und Legionarismus vom Gesetzgeber nicht definiert worden. Das
       Verfassungsgericht begründete seine Ablehnung der Präsidenteneinwände mit
       dem Hinweis auf die europäische Gesetzgebung, die Holocaustleugung,
       antisemitische und xenophobe Volksverhetzung unter Strafe stellt.
       
       Dan hat nun zwei Möglichkeiten. Entweder er setzt das Gesetz in Kraft oder
       er schickt es zur erneuten Überprüfung an das Parlament zurück. Der
       kritische Umgang mit der NS-Vergangenheit und dem Holocaust in Deutschland
       könnte Nicuşor Dan nach seinem Besuch in Berlin und einer anstehenden Reise
       nach Österreich als Vorbild dienen. Ob er seine Blockadehaltung aufgibt und
       letztendlich dem Vexler-Gesetz doch noch zustimmt, ist eine offene Frage.
       
       18 Jul 2025
       
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