URI:
       # taz.de -- Gewalthilfegesetz in Berlin: Ein Menschenrecht, keine Utopie
       
       > Berlin erhält durch das Gewalthilfegesetz Bundesmittel für den Ausbau von
       > Frauenhäusern und Beratungsstellen. Grüne fordern eine gezielte
       > Umsetzung.
       
   IMG Bild: In Berlin wird im Schnitt jeden Monat eine Frau von einem Mann getötet
       
       Berlin taz | Femizide sind weder tragische Einzelfälle noch Zufälle. „Sie
       sind das [1][Ergebnis struktureller und politischer Entscheidungen]“, sagt
       Asha Hedayati, Rechtsanwältin für Familienrecht am Dienstag im Berliner
       Abgeordnetenhaus. Dort stellte die frauenpolitische Sprecherin der
       Grünen-Fraktion, Bahar Haghanipour, gemeinsam mit Expertinnen ein
       Forderungs- und Positionspapier zur Umsetzung des Gewalthilfegesetzes in
       Berlin vor.
       
       Das Anfang 2025 im Bundestag verabschiedete Gesetz schreibt einen
       Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz für Frauen fest, die von
       geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind. Antigewaltarbeit wird damit
       erstmalig zur Pflichtaufgabe der Länder. Das ist dringend notwendig: In
       Berlin wird im Schnitt jeden Monat eine Frau von einem Mann getötet. Die
       Zahl weiblicher Opfer von Straftaten ist von 2023 auf 2024 um rund 8
       Prozent gestiegen. Gleichzeitig fehlen 15 Prozent der von der Istanbul
       Konvention vorgesehenen Schutzplätze.
       
       „Das ist ein unhaltbarer Zustand“, sagt Haghanipour. Mit dem
       Gewalthilfegesetz ist Besserung in Sicht: Damit stellt der Bund über 10
       Jahre 2,6 Milliarden Euro für die Finanzierung von Frauenhäusern und
       Beratungsstellen bereit. [2][Berlin bekommt bis zu 150 Millionen Euro, die
       in den Landeshaushalt fließen. Wie sie verteilt werden, entscheidet das
       Land selbst.]
       
       Um die Mittel bedarfsgerecht einzusetzen, hatte Haghanipour im Juni
       Vertreter*innen von Antigewaltprojekten zu einem Fachgespräch mit
       Ex-Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) eingeladen. Aus dem Austausch
       ist das Positionspapier hervorgegangen.
       
       ## Forderungen nach einem Ausbau des bestehenden Hilfesystems
       
       Sie fordern: Die Bundesmittel müssen von den zuständigen Senatsverwaltungen
       und den Bezirken zusätzlich ausgegeben werden – nicht zum Stopfen von
       Haushaltslöchern. Zudem soll das landeseigene Budget für die
       Antigewaltarbeit bei entspannter Haushaltslage aufgestockt werden,
       zivilgesellschaftliche Akteure in die Umsetzung des Gesetzes eingebunden
       werden und die Mittel dem Ausbau des bestehenden Hilfesystems dienen.
       
       Der Handlungsbedarf ist groß: Es müssen zusätzliche Schutzplätze geschaffen
       werden, Beratungsangebote ausgebaut, niedrigschwellige Angebote gesichert
       und Präventionsmaßnahmen gestärkt werden, heißt es im Papier.
       
       Präventionsfortbildungen sind im Gewalthilfegesetz ausdrücklich vorgesehen
       – eine Maßnahme, die die Expertinnen begrüßen. Sie betonen jedoch, dass
       zudem insbesondere Berufsgruppen wie Polizei, Jugendämter oder
       Familiengerichte traumasensibel geschult werden müssen. Denn: „Diese
       Institutionen verhindern oftmals nicht nur die Gewalt. Sie befeuern sie
       sogar weiter“, warnt Rechtsanwältin Asha Hedayati.
       
       Das Gewalthilfegesetz sei ein wichtiger erster Schritt, „es muss jedoch
       nachgebessert werden“, sagt Haghanipour. Kritisiert wird unter anderem,
       dass der [3][Rechtsanspruch ausschließlich für Frauen gilt, nicht für
       trans-, inter- und nichtbinäre Personen sowie Frauen mit unklarem
       Aufenthaltsstatus.] Da die genaue Umsetzung Ländersache ist, fordern sie:
       Berlin muss sicherstellen, dass der Rechtsanspruch für alle
       Flinta*-Personen gilt.
       
       Doch um geschlechtsspezifische Gewalt zu beenden, brauche es ein
       gesellschaftliches Umdenken, so Hedayati. „Ein gewaltfreies Leben darf
       keine Utopie sein, es ist ein Menschenrecht.“
       
       22 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Geschlechtsspezifische-Gewalt/!6034451
   DIR [2] /Gewalthilfegesetz-in-Berlin/!6090349
   DIR [3] /Gewalthilfegesetz-wird-kommen/!6062269
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lilly Schröder
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Femizide
   DIR Gewalt gegen Frauen
   DIR Männergewalt
   DIR Schwerpunkt Femizide
   DIR Gewalt gegen Frauen
   DIR Schwerpunkt Femizide
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gewalthilfegesetz in Berlin: Weniger Geld für Gewaltschutz
       
       150 Millionen Euro sollten eigentlich in die Berliner Gewalthilfe gesteckt
       werden, nun sind es weitaus weniger. Die Grünen üben scharfe Kritik.
       
   DIR Gewalthilfegesetz in Berlin: Besser spät als nie
       
       Berlin erhält durch das Gewalthilfegesetz Bundesmittel für den Ausbau von
       Frauenhäusern und Beratungsstellen. Initiativen sind skeptisch.
       
   DIR Gewalthilfegesetz wird kommen: 2,6 Milliarden für Frauenhäuser und Beratungsstellen
       
       SPD und Grüne einigen sich mit der Union auf mehr Geld für Frauenhäuser und
       Beratungsstellen. Ein Gesetz mit härteren Regeln für Täter scheitert aber.
       
   DIR Geschlechtsspezifische Gewalt: Zu lange zu wenig beachtet
       
       In diesem Jahr kam es in Berlin bereits zu 11 Femiziden. Zu wenig
       Frauenhausplätze, Präventions- und Täterarbeit sind Themen beim
       Präventionstag.