# taz.de -- Deutscher Ärztetag gegen Paragraf 218: Ärzt*innen wollen legale Schwangerschaftsabbrüche
> Die Mediziner*innen sind weiter als die Bundesregierung: Mit großer
> Mehrheit plädiert der Ärztetag dafür, das Abtreibungsverbot aufzuheben.
IMG Bild: Ein eindeutiges Zeichen in Richtung Bundesregierung endlich den Paragrafen 218 StGB abzuschaffen
Berlin taz | Mit sehr großer Mehrheit hat sich der Deutsche Ärztetag für
die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland
ausgesprochen. Mit 220 Ja-Stimmen zu 14 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen
stimmten die Delegierten am Donnerstag in Leipzig dafür, Abbrüche in den
ersten 12 Wochen nach Empfängnis außerhalb des Strafrechts zu regeln.
Derzeit sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland eine „Straftat gegen
das Leben“. Sie sind rechtswidrig, unter bestimmten Bedingungen in den
ersten 12 Wochen aber straffrei: Die ungewollt Schwangere muss sich dafür
in einer staatlich anerkannten Stelle beraten lassen und danach eine
Wartefrist von drei Tagen verstreichen lassen.
Die Beratungspflicht soll den Ärzt*innen zufolge bleiben, das Verbot und
die damit beabsichtigte Ächtung aber fallen. Die Regelung außerhalb des
Strafrechts bedinge die „gesellschaftliche Entstigmatisierung“ von
Schwangerschaftsabbrüchen. Diese seien „ein häufiger Eingriff“ und gehörten
zur gesundheitlichen Versorgung.
Gleichzeitig sei die Versorgungslage sehr unterschiedlich und teils, gerade
in ländlichen Regionen, „nicht angemessen“: „Zum Teil droht in ganzen
Versorgungsgebieten Unterversorgung bei Wegfall eines versorgenden
Gynäkologen oder Gynäkologin“. Der Ärztetag nahm noch weitere Anträge an,
die sich für Verbesserungen der Rechts- und Versorgungslage beim
Schwangerschaftsabbruch aussprechen.
## „Starkes Zeichen“
Es sei ein „starkes Zeichen, dass sich das höchste ärztliche Gremium für
die Entkriminalisierung der ungewollt Schwangeren ausgesprochen hat, die
sich für einen Abbruch entscheiden“, sagte der taz Stefanie Minkley,
Delegierte der Landesärztekammer Hessen für die Liste der Demokratische
Ärztinnen und und Ärzte (LDÄÄ). Die Anträge seien „ein eindeutiges Zeichen
in Richtung Bundesregierung und Bundesgesundheitsministerium, die im
Koalitionsvertrag versprochene Verbesserung der Versorgung anzugehen“,
sagte Minkley. Diese sei ihrer Meinung nach „nur durch eine
Entkriminalisierung möglich“.
Minkley hatte [1][schon beim vergangenen Ärztetag] einen entsprechenden
Antrag mit eingebracht, über den damals letztlich nicht abgestimmt wurde.
„Nachdem inzwischen auch gegen mich auf der Seite eines
fundamentalistischen Abtreibungsgegners gehetzt wird, geben mir die
Beschlüsse viel Kraft, den Einsatz für reproduktive Rechte und das Recht
auf Selbstbestimmung fortzusetzen“, sagte Minkley.
Die Koalition aus Union und SPD hat allerdings bislang keine Ambitionen,
das in Paragraf 218 StGB geregelte Abtreibungsverbot aufzuheben. Selbst die
linksliberale Vorgängerregierung aus SPD, Grünen und FDP hatte sich
lediglich auf eine Expert*innenkommission einigen können, um
Regelungen außerhalb des Strafrechts zu prüfen.
Diese war zu dem sehr klaren Ergebnis gekommen, [2][dass das grundsätzliche
Verbot rechtlich „nicht haltbar“ sei]. Gehandelt hat die Ampel-Regierung
allerdings nicht. Ein Versuch der Fraktionen Grünen und SPD kurz vor der
vorgezogenen Bundestagswahl scheiterte an FDP und Union. Im neuen
Koalitionsvertrag heißt es zum Thema lediglich, die Versorgungslage solle
verbessert werden.
30 May 2025
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## AUTOREN
DIR Dinah Riese
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