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       # taz.de -- momentaufnahmen: Wenn in der Straßenbahn das Reisefieber mitfährt
       
       Straßenbahnlinie 1 Richtung Leipziger Innenstadt, die zwei Frauen schräg
       vor mir sind hörbar aufgeregt. „Meinst du, sie stehen Schlange?“ „Nein, nur
       wenn der Katalog neu rausgekommen ist.“ Offenbar zwei Freundinnen, beide
       schon ergraut. „Wir warten erst einmal, was sie uns anbieten“, sagt die
       eine, Ostsee wäre doch auch schön. „Ich komm überall mit hin, Hauptsache
       verreisen“, freut sich die andere.
       
       Ich weiß, wohin die beiden wollen. Meine Mutter ist ungefähr im selben
       Alter und regelmäßig mit dem Busreiseveranstalter unterwegs, den die beiden
       ganz offensichtlich ansteuern – nach Dresden, über die Donau und demnächst
       zum allerersten Mal nach Italien. Ins Reisebüro gehen, ganz analog und ohne
       aufwendige Vergleiche, einfach was buchen – weil die Bilder im Katalog so
       schön sind, die Rente dafür gerade noch reicht, die beste Freundin mitkommt
       oder es sich in der Gruppe am besten allein verreisen lässt.
       
       „Die nächste müssen wir schon raus, oder?“, fragt die eine der beiden. „Ich
       glaube, die übernächste“, sagt die andere. „Entspannt euch“, denke ich und
       freue mich ein bisschen für die beiden mit. In Leipzig heißt sogar die
       Haltestelle wie der Reiseveranstalter, sie ist wirklich nicht zu
       verpassen. Manuela Heim
       
       17 May 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manuela Heim
       
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