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       # taz.de -- Recht, Gerechtigkeit und Frust: Eine bessere Welt ist möglich
       
       > Man muss sie nur wollen – und die vielen Ideen für Gerechtigkeit
       > tatsächlich umsetzen. Die kommenden Generationen werden es danken.
       
   IMG Bild: Ein Rotorblatt für einen brandenburgischen Windpark im August 2023: „Klimaschutz ist abgewählt“ lauten heute die Schlagzeilen
       
       Philosophen wollen in der Regel den Menschen simple Prinzipien
       näherbringen: Wir sind alle Menschen, egal wo wir leben, alle haben die
       gleichen Rechte. Und zukünftige Menschen haben diese Rechte auch, eine
       Welt, in der Wohlergehen für viele herrscht, ist besser als eine Welt
       voller Leid. Das sind minimale Erkenntnisse und sie machen das Menschsein
       aus. Wird dies verneint, stellt man sich jenseits von Humanität und
       Aufklärung.
       
       Vor Kurzem noch, etwa 2019 bis 2021, wähnte man sich auf der Erfolgsspur:
       Der damalige US-Präsident Donald Trump war weg, Europa beschloss einen
       Green Deal, in Deutschland übernahm die Ampel. Die Menschen schienen
       verstanden zu haben, dass die Klimakrise eine unleugbare Realität ist, die
       das Wohlergehen gegenwärtiger und zukünftiger Generationen ruiniert, dass
       wir uns anstrengen müssen, die Welt endlich besser zu machen. Das wäre auch
       gar nicht schwierig, es kostet uns nur ein paar Prozent unseres
       Bruttoinlandsprodukts. Aber der Groschen ist frustrierenderweise doch nicht
       gefallen. Heute, nachdem unser weltoffenes Gelaber durch genau ein
       Heizungsgesetz weggespült worden ist, rudert die Mehrheit wieder zurück.
       Wie blöd kann man in Deutschland sein, die Hampelmänner von der AfD zu
       wählen?
       
       Die Partei unterläuft das Prinzip, dass Menschen die gleichen Rechte haben,
       mit rassistischen Ressentiments. Sie unterläuft auch das Prinzip, dass die
       Zukunft zählt, indem sie sich auf die absurde Seite der Klimaleugner
       schlägt. Nebenbei zerschlägt sie auch den letzten Grundsatz der Menschheit,
       denn die AfD verursacht eine Welt voller Leid.
       
       Wir liberalen und sozial eingestellten Menschen strecken hingegen die
       Waffen. Unsere Waffe gegen die Klimakrise, der Green Deal, also das grüne
       Wirtschaftswachstum, wird angesichts einer rechts auslegenden EU und
       infolge einer Trump-Neuauflage zurückgedreht. Auf den anderen Feldern sieht
       es nicht besser aus: Krieg und Leid, wo man hinschaut, gleiche Rechte
       verkommen zum Witz. Der Rechtsruck geschieht beispielsweise in Deutschland
       zu Zeiten, in denen sich die [1][30- bis 59-Jährigen besser gestellt
       fühlen] als vor fünf Jahren. Es geht beim Rechtsextremen primär um diffuse
       Ängste und Überforderungen angesichts zahlreicher Krisen, weniger um
       massive Benachteiligungen.
       
       Aber die Augen zu verschließen und „Deutschland den Deutschen“ und „nach
       mir die Sintflut“ als Handlungsmaxime auszugeben, macht es nur schlimmer.
       Auf Dauer wird die ignorierte (Klima-)Wirklichkeit zurückschlagen.
       „Klimaschutz ist abgewählt“ lauten die Schlagzeilen – aber seit wann
       kümmert der sich um Wahlen? Bei allem Verständnis für Wähler in Notlage:
       was derzeit geschieht, ist schlicht nicht zu rechtfertigen. [2][Trumps
       Wiederwahl] und das weltweite Abdriften der Politik ins Unseriöse kann man
       auch als Votum gegen diese Art von Demokratie sehen.
       
       ## Ohne die FDP wäre es leichter gewesen
       
       Hierzulande kritisierte man zur Zeit der vergangenen Dreierkoalition nie
       die Wählerinnen und Wähler, sondern immer nur „die Ampel“. Man machte sie
       für alles verantwortlich, was schief lief, und vergaß, dass „die Ampel“
       Entscheidendes geschafft hatte: unter anderem die Unabhängigkeit von
       russischem Gas, mehr Strom aus erneuerbaren Energien, das
       Deutschlandticket, die Krankenhausreform, schnellere Einbürgerungen, das
       Selbstbestimmungsgesetz, den Mindestlohn … Klar, die Ampel hätte es besser
       machen können, ohne die FDP wäre alles leichter gewesen. Aber warum mussten
       die Wählerinnen und Wähler auch gleichzeitig für Bremse und Gaspedal
       stimmen?
       
       Unter diesen Vorzeichen ist der Ampel am Ende erstaunlich viel gelungen.
       Zwar mit teilweise schlechtem Handwerk und viel unnötigem Getöse, da sich
       die Parteien einzeln zu profilieren versuchten. Als Fazit bleibt: Wenn
       [3][nach den dreieinhalb Ampeljahren] das CDU-Gehampel mit Charakterkopf
       Friedrich Merz fortgesetzt wird, hat die Ampel nicht nur ökologische Punkte
       gemacht und Genehmigungsverfahren für Großprojekte beschleunigt und eben
       auch die Migration fast so weit zurückgefahren, dass sich die
       „Zurückweisung an deutschen Grenzen“ fast zur Symbolpolitik gewandelt hat.
       Die Ampel hat das Bürgergeld eingeführt und eine Wahlrechtsreform
       durchgesetzt. Und so weiter, und so weiter.
       
       Die [4][nächsten Jahre werden mit Stillstand und dem Ausbau der Autobahnen
       vergehen, in einer Welt, in der die wenigen Errungenschaften der Aufklärung
       mit Füßen getreten werden]. Eine Welt, die dem Klimawandel geweiht ist.
       Eine Welt, in der [5][Männer wie Trump] und der rechtsnationale ungarische
       Präsident Viktor Orbán regieren und AfD-Politiker Ministerpräsidenten
       werden könnten. Korruption, sich spaltende Fraktionen, Dilettantismus,
       wohin man schaut. Die Wählerinnen und Wähler werden enttäuscht, indem
       Spitzenkandidaten „Deutschland zuerst“ propagieren und das mit russischem
       und chinesischem Geld finanzieren wollen.
       
       Damit zeigt die AfD, dass ihr Deutschland egal ist, solange die Kasse
       stimmt. Es ist, als würde sie öffentlich bekennen, dass ihr Politik
       schnurzpiepegal ist, während die Abgeordneten abends beim Bier über ihre
       Wähler lachen – und die Scheine zählen. Aber Stimmen kostet sie das nicht.
       
       Es wird endlich Zeit, über mögliche Reformen nachzudenken, statt immer zu
       betonen, dass man für die Demokratie kämpfen muss. Politik muss weniger
       kurzfristig im Hier und Jetzt regieren, sie muss sachkundiger werden und
       dem Populismus in ihren Reihen einen Riegel vorschieben, etwa indem
       Kandidatinnen und Kandidaten sorgfältiger ausgewählt werden. Ungarn hatte
       zwischen 2008 und 2012 einen parlamentarischen Sekretär für die Rechte
       zukünftiger Generationen, der hatte ein Vetorecht gegen Parlament und
       Regierung. Das war eine wunderbare Idee, sie müsste nur wieder aktiviert
       werden. Vielleicht könnte man in Deutschland mal darüber nachdenken, das
       wäre zumindest ein Anfang.
       
       22 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.gdv.de/gdv/medien/medieninformationen/allensbach-studie-generation-mitte-ist-krisenfest-und-reformhungrig-177012
   DIR [2] /100-Tage-Chronik/!6083972
   DIR [3] /Ampel-COP23-EU-und-Dortmund/!5977561
   DIR [4] /Sozial-oekologische-Transformation/!6088835
   DIR [5] /Die-USA-unter-Trump/!6073838
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Gesang
       
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