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       # taz.de -- Tödlicher Polizeieinsatz in Oldenburg: Drei Schüsse von hinten
       
       > Ein 21-jähriger Schwarzer wurde in der Nacht zum Sonntag erschossen. Nach
       > der Obduktion sieht auch die Innenministerin „schwerwiegende Fragen“.
       
   IMG Bild: Tatort Achternstraße: Manche Schwarze Jugendliche trauen sich nicht her, aus Angst vor der Polizei
       
       Oldenburg taz | Mindestens drei Schüsse von hinten. In Kopf, Oberkörper und
       Hüfte. Ein vierter soll ihn am Oberschenkel gestreift haben. Das ergab die
       Obduktion des 21-Jährigen Lorenz, den ein Polizist in der Nacht auf
       Ostersonntag gegen 2.40 Uhr [1][in der Oldenburger Innenstadt erschossen
       hat]. Bekannt gegeben hat es die Staatsanwaltschaft Oldenburg am
       Dienstagabend. Weitere Angaben zu dem Fall könne sie nicht machen, teilte
       die Anklagebehörde mit.
       
       Nicht nur Angehörige und Freunde des Toten, sondern auch viele Bürgerinnen
       und Bürger wünschten sich Antworten, teilte der Oldenburger
       Polizeipräsident Andreas Sagehorn mit. Das sei emotional verständlich, doch
       zunächst müssten die Hintergründe lückenlos aufgearbeitet werden. Er habe
       dabei volles Vertrauen in die Staatsanwaltschaft.
       
       Zur Aufklärung würden Zeugen befragt und sämtliche Spuren ausgewertet,
       sagte Sagehorn. „Öffentlich wird sich die Polizei nicht zum laufenden
       Verfahren äußern, um die sorgfältige und professionelle Ermittlungsarbeit
       nicht zu gefährden.“
       
       Lorenz war Schwarz. Schon direkt nach seinem Tod hatte sich [2][ein Bündnis
       aus Freund*innen und Bekannten geformt], das eine lückenlose Aufklärung
       des Falls fordert. „Es zeigt sich immer wieder: Polizeieinsätze enden
       tödlich, wenn [3][migrantisierte Menschen], BIPoCs und [4][Schwarze
       Menschen] betroffen sind. Es handelt sich nicht um Einzelfälle“, schreibt
       die Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ in einem Statement.
       
       ## Zweifel an der Darstellung der Polizei
       
       „Die Ergebnisse der Obduktion erschüttern mich zutiefst“, sagt Suraj
       Mailitafi. Er engagiert sich in der Initiative und ist antirassistischer
       Aktivist. „Was vorher als notwendige Maßnahme dargestellt wurde, wirkt nach
       diesen Erkenntnissen wie eine brutale Eskalation mit tödlichem Ausgang.“
       
       In der [5][ursprünglichen Darstellung der Polizei] hatte es geheißen, der
       Getötete sei „bedrohlich“ auf die Besatzung eines Streifenwagens zugegangen
       und habe einen Reizstoff in ihre Richtung gesprüht. „Schließlich machte ein
       27-jähriger Beamter von seiner Schusswaffe Gebrauch“, heißt es in der
       Pressemitteilung.
       
       Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung vor einer Bar, an deren Ende der
       Getötete ebenfalls Reizstoff versprüht haben soll. Er soll daraufhin
       verfolgt worden sein und habe seinen Verfolgern nach Darstellung der
       Polizei mit einem Messer gedroht. Belege dafür, dass der Getötete
       tatsächlich ein Messer bei sich hatte, gibt es zum jetzigem Zeitpunkt
       nicht. Und die Staatsanwaltschaft teilte auf NDR-Anfrage am Mittwoch mit,
       dass Lorenz nach derzeitigem Stand zumindest die Polizisten nicht mit einem
       Messer bedroht habe.
       
       Was genau passiert ist, bleibt weiterhin unklar. Die Obduktionsergebnisse
       schüren jedoch Zweifel an der offiziellen Version. „Diese Tötung verändert
       mein Verhältnis zur Polizei. Und ich weiß: Ich bin damit nicht allein“,
       sagt Mailitafi. „Wir brauchen endlich eine ehrliche, mutige Debatte über
       Polizeigewalt in Deutschland. Eine Debatte, die nicht wegschaut, nicht
       relativiert und nicht länger schweigt.“ Der Fall betreffe nicht eine
       einzige Familie, sondern eine ganze Community.
       
       Am Mittwoch hatten sich erneut junge Menschen am Tatort versammelt, vor
       allem Freunde und Bekannte von Lorenz. Viele sprechen von Mord und erinnern
       an vergangene Fälle [6][tödlicher Polizeigewalt gegen Schwarze]. Sie
       befürchten, dass die Erschießung von Lorenz nicht vollständig aufgeklärt
       wird und haben kein Vertrauen in die Arbeit der Polizei.
       
       Gegen den Todesschützen wurde, wie nach dem Einsatz einer Schusswaffe
       üblich, ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft
       ermittelt wegen Totschlags. Der Mann ist derzeit vom Dienst freigestellt,
       so die Staatsanwaltschaft.
       
       ## Innenministerin spricht von „verheerenden Vorwürfen“
       
       Inzwischen hat sich auch die niedersächsische Innenministerin Daniela
       Behrens (SPD) zu dem Fall geäußert: „Die Obduktionsergebnisse werfen
       schwerwiegende Fragen und verheerende Vorwürfe auf, die im Rahmen der
       weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft schonungslos beantwortet und
       aufgeklärt werden müssen.“ Gleichzeitig gelte die Unschuldsvermutung.
       
       Auch die [7][Aktivistin Wilma Nyari] aus dem nahen Wilhelmshaven
       unterstützt die Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“. „Ich erlebe, dass es
       eine ganz große Verunsicherung gibt“, sagt sie. Schwarze Jugendliche und
       besonders ihre Eltern hätten Angst. Einige würden sogar den provisorischen
       Gedenkort in der Achternstraße meiden, in der Befürchtung, dort auf die
       Polizei zu treffen. „Viele Kinder und Jugendliche sind getroffen, weil sie
       nicht wissen, wohin mit ihrer Trauer und Wut“, sagt Nyari. Sie bräuchten
       einen Raum, um die Tötung zu verarbeiten.
       
       Lorenz war in der Stadt bekannt. An vielen Oldenburger Schulen haben sich
       nun Schüler*innen an ihre Lehrkräfte gewandt, um über die Erschießung
       ihres Freundes zu reden.
       
       Für Freitag hat die Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ eine
       Demonstration organisiert, die um 18 Uhr am Pferdemarkt beginnen soll. Die
       Initiative mahnt, dass die Demonstration, besonders in Rücksicht auf die
       Familie, friedlich verlaufen soll. Lorenz dürfe auf keinen Fall vergessen
       werden.
       
       Transparenzhinweis: Wir haben den Beitrag um ein Äußerungen von Wilma Nyary
       und der Staatsanwaltschaft sowie um Beobachtungen am Tatort vom Mittwoch
       ergänzt. Wir haben außerdem korrigiert, dass der Polizist, der die Schüsse
       abgegeben hat, nicht „suspendiert“ sondern „freigestellt“ ist.
       
       22 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Polizei-erschiesst-21-jaehrigen-Schwarzen/!6083144
   DIR [2] /Toedlicher-Polizeieinsatz-in-Oldenburg/!6080708
   DIR [3] /Gefluechteter-stirbt-in-Delmenhorst/!5762525
   DIR [4] /Toedlicher-Polizeieinsatz-in-Nienburg/!5999138
   DIR [5] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/68438/6016458
   DIR [6] /Verfahren-in-Stade-eingestellt/!5843600
   DIR [7] /Preis-fuer-migrantisierte-Menschen/!5953746
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Aljoscha Hoepfner
       
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