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       # taz.de -- Abholzen schwedischer Wälder: Holzkonzern greift Nachhaltigkeit an
       
       > Europas größter privater Waldbesitzer SCA verzichtet in Schweden auf die
       > anerkannte FSC-Zertifizierung. Die lege zu viel Wert auf Artenschutz.
       
   IMG Bild: Im Visier der Holzindustrie: schwedischer Wald
       
       Härnösand taz | Schwedens Holzkonzern SCA präsentiert seine intensive
       Waldbewirtschaftung als entscheidend für den Klimaschutz. Zu viel Rücksicht
       auf Biodiversität bremst dabei aus seiner Sicht aber. Wie ernst es ihm ist,
       zeigt Europas größter privater Waldbesitzer jetzt mit einem ungewöhnlichen
       Schritt: Ab Juni verzichtet er in Schweden auf die angesehene
       [1][FSC-Zertifizierung (Forest Stewardship Council)] für nachhaltige
       Waldwirtschaft – zumindest vorerst. Das Siegel lege zu einseitigen Wert auf
       biologische Vielfalt, heißt es zur Begründung in einer E-Mail an die
       Organisation Forest Stewardship Council, aus der die Zeitung Dagens Nyheter
       Ende vergangener Woche zitierte.
       
       Die Entscheidung folgt in zeitlicher Nähe zu einem lange schwelenden
       Konflikt [2][in den Wäldern der schwedischen Provinz Västernorrland].
       Aktivist*innen blockierten dort mehrfach Abholzungsmaschinen von SCA,
       um gegen den fortgesetzten Kahlschlag auch von alten Wäldern zu
       protestieren. Aktueller Aufhänger dafür war, dass die samischen
       Rentierhalter der Region ihre für die FSC-Zertifizierung nötige Zustimmung
       zu Abholzungsprojekten zurückgezogen hatten.
       
       Die Protestaktionen seien nicht der Grund für die Entscheidung gewesen,
       schreibt Jonas Mårtensson, Chef des SCA-Geschäftsbereichs Wald, der taz auf
       Anfrage. „Allerdings sind sie eine Bestätigung dafür, dass der FSC-Standard
       undeutlich und interpretierbar ist.“ Er könne von Außenstehenden dazu
       benutzt werden, „ganz unnötige Konflikte voranzutreiben, um für ihre eigene
       Sache Aufmerksamkeit zu schaffen.“
       
       Die „eigene Sache“ der Aktivist*innen etwa von Greenpeace oder
       „Skogsupproret“ (Waldaufruhr) ist denen der Rentierhalter ähnlich: Sie alle
       wollen das [3][hohe Tempo der Abholzung in Schweden] stoppen, um
       Biodiversität und Artenvielfalt zu erhalten.
       
       ## Holzkonzern gehört die ganze Verwertungskette
       
       SCA betont, das Unternehmen wolle eine Balance finden zwischen allen
       Interessen. Mit den aktuellen FSC-Kriterien sei die nicht gegeben. „Wir
       wollen FSC treffen und erklären, welche bedeutenden Mängel wir im Standard
       sehen, und hoffentlich gute Lösungen finden“, so Mårtensson. Den Konflikt
       mit der Rentierhaltergruppe Ohredahke Sameby nennt er ein Beispiel dafür,
       wie es nicht laufen sollte. Da sei es um 0,4 Prozent eines riesigen
       Weidegebietes gegangen. „Wenn nicht einmal begrenzte Teile einer Geografie
       für wirtschaftlich tragfähige Waldnutzung genutzt werden darf, die dem
       Klima durch erneuerbare Rohstoffe nutzt“, so Mårtensson, „wird der Standard
       natürlich unausgeglichen und aus unserer Sicht kontraproduktiv.“
       
       „Sehr bedauerlich“, nennt Anders Esselin von FSC Schweden die Entwicklung.
       „Wir hatten seit Langem Gespräche mit SCA, und ich hatte gehofft, dass wir
       eine Lösung finden können.“ Er halte FSC für eine wichtige Dialogplattform.
       „Deshalb ist es schade, wenn ein großer Player geht.“
       
       SCA gehört neben 2,7 Millionen Hektar Wald in Nordschweden und im Baltikum
       auch eine komplette Verwertungskette: Sägewerke, Papier- und
       Zellstofffabriken, Windkraftanlagen, Biokraftstoffraffinerien,
       Containerschiffe und Hafenanlagen.
       
       ## Ausstieg kommt nicht überraschend
       
       Bekannter Kritiker der Annahme, dieses Geschäftsmodell sei wichtig für den
       Klimaschutz, ist Göran Englund, Professor emeritus an der Universität Umeå.
       Seiner Forschung zufolge sind die Klimavorteile der Produkte aus
       nachwachsendem Rohstoff zu gering, um mehr Abholzung zu rechtfertigen.
       Weniger abzuholzen, brächte mehr fürs Klima.
       
       Für Greenpeace Schweden kommt der FSC-Ausstieg nicht überraschend. „Es gab
       schon länger Gerüchte, dass SCA die Zertifizierung verlassen wolle“, sagt
       Karolina Carlsson, Greenpeace-Sprecherin für Waldfragen, der taz. Aber
       wegen der enormen Tragweite glaubten die Aktivisten es erst, als es
       passierte.
       
       Carlsson fürchtet eine Kampagne der Holzindustrie, um das FSC-Label zu
       schwächen. Denn mit der Firma Holmen hat inzwischen ein weiteres großes
       Holzunternehmen entsprechende Überlegungen publik gemacht. Dass SCA an
       einer Balance zwischen allen Interessen interessiert sei, nimmt Carlsson
       dem Konzern nicht ab. „SCA will einfach nur mehr abholzen, um seine
       Industrien zu füttern“, sagt sie.
       
       Nicht nur FSC-Standards, auch internationale und schwedische Gesetze
       schützten die Natur und die Rechte von indigenen Bevölkerungsgruppen wie
       den Samen – zumindest im Prinzip. „Es fehlen in Schweden aber politischer
       Wille und Mechanismen, um diese Gesetze durchzusetzen“, kritisiert die
       Greenpeace-Sprecherin.Wenn die Selbstverpflichtung von Unternehmen im
       Rahmen der FSC-Zertifizierung wegfalle, werde es umso wichtiger, die
       Politik zu Veränderungen zu drängen.
       
       17 Apr 2025
       
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