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       # taz.de -- Rund um die Uhr produktiv: Es heißt ja nicht „Work-Life-Abgrenzung“
       
       > Unbezahlte Karenztage und mehr Beitragsjahre für die Rente – Deutschland
       > muss produktiv werden. Arbeit ist Freizeit: Das ist das neue Motto.
       
   IMG Bild: Warum nicht: Zoommeetings schon beim Frühstück
       
       Bis Ostern sollten die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein.
       Daraus wird wohl nichts. Die SPD macht es der Union aber auch wirklich
       schwer. Schon gegen die Berechnung der Standardrente auf Grundlage von 47
       statt 45 Beitragsjahren legt sie Protest ein. Als würden zwei Jahre den
       Unterschied machen. Dabei ist doch klar, dass die Rentner*innen auch
       ihren Teil zum Wirtschaftswachstum beitragen müssen, genauso wie kranke
       Arbeitnehmer*innen.
       
       So ist die [1][Wiedereinführung des unbezahlten Karenztags] auch so eine
       großartige Idee: Entweder die Arbeitnehmer*innen springen zum Wohle
       aller über ihren verschnupften Schatten und treten gefälligst zum Dienst
       an. Oder sie haben einen Tag, an dem sie sich um wirklich gar nichts
       kümmern müssten – nicht einmal um die große Last des Bezahltwerdens.
       
       Man könnte natürlich auch die Möglichkeiten der [2][Work-Life-Balance]
       ergründen. „Balance“ heißt ja nicht „Abgrenzung“, vielleicht lässt sich
       eine gesunde Mischung aus Arbeit und Freizeit finden: entspannt über alle
       24 Stunden des Tages verteilt. Zoommeetings schon beim Frühstück.
       
       Man kann auch bei gemeinsamen mitternächtlichen Fressattacken prima den
       nächsten Tag planen – nur Vorsicht, dass das obligatorisch laute „Hört man
       mich?“ zum Start des Onlinemeetings nicht die Kinder oder die
       Mitbewohner*innen weckt. Warum Teambildung nicht im Fitnessstudio? Was
       ist schon so ein Nullsatz wie „Du machst einen tollen Job“ gegen das
       zusammenschweißende Live-Erlebnis, bei dem man Kolleg:innen bei den
       Kniebeugen unter die feuchten Achseln greifen kann?
       
       Wer braucht schon Freund*innen, wenn die Kolleg*innen 24/7 so nah sind,
       dass man ihr letztes Abendessen in der Luft schmeckt? Wer soll man noch mit
       einer Beziehung, wenn man rund um die Uhr mit den „Work spouses“ verbringen
       kann? Wenn man immer zusammen, erreichbar, produktiv ist – wenn immer
       Arbeit ist, ist dann nicht auch immer Freizeit?
       
       Eine tolle Vorstellung. Es ist doch nichts heilsamer, als rund um die Uhr
       mit den Lieblingsmenschen der Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Wer
       braucht da zeitfressenden Quatsch wie Therapie, [3][Viertagewochen,
       Gleitzeit]? Die schaden nicht nur der persönlichen Produktivität, auch
       gesellschaftlich ist die Wirtschaftsleistung einfach wichtiger als gesunde
       Arbeitnehmer*innen.
       
       9 Apr 2025
       
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