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       # taz.de -- Griechisches Filmfestival in Berlin: Zu Hause in der Fremde
       
       > Das Griechische Filmfestival in Berlin ist eine bedeutende Plattform für
       > Kinoproduktionen aus Griechenland. Diesen Mittwoch startet die
       > Jubiläumsausgabe.
       
   IMG Bild: Großer Andrang: Das Griechische Filmfestival findet dieses Jahr zum zehnten Mal statt
       
       Berlin taz | Auch zehn Jahre nach seiner Gründung scheint die
       Anziehungskraft des [1][Griechischen Filmfestivals], das an diesem Mittwoch
       in Berlin startet, ungebrochen: So war der Eröffnungsfilm „Stelios“ von
       Giorgos Tsemberopoulos über den Rembetiko-Musiker Stelios Kazantzidis schon
       nach einer Woche ausverkauft. Das Festival hat sich mittlerweile zu einem
       der wichtigsten Filmereignisse der Stadt entwickelt, das jedes Jahr mehrere
       tausend Besucher:innen anzieht.
       
       Insgesamt 33 griechische Filme werden vom 26. bis zum 30. März im
       [2][Babylon-Kino in Mitte] gezeigt. „Bei uns kann man Filme sehen, bei
       denen man anderswo kaum die Chance bekommt, sie zu schauen“, sagt Sofia
       Stavrianidou. Die 54-Jährige ist seit Beginn Teil des Projekts und seit
       2020 die Leiterin des Festivals. Das sei mittlerweile eine bedeutende
       Plattform für den [3][neuen griechischen Film]. „Nicht nur in Berlin,
       sondern auch in Griechenland genießt es als eines der wichtigsten
       griechischen Auslandsfestivals ein hohes Ansehen“, so Stavrianidou, die
       seit 25 Jahren im Filmgeschäft arbeitet.
       
       Berlin als Standort spiele dabei eine wichtige Rolle, sagt Stavrianidou,
       die in Athen aufgewachsen ist und seit 2011 in Berlin lebt. Das liege auch
       an der tiefen Verwurzelung und kontinuierlichen Präsenz der griechischen
       Community in der Stadt. Die hat eine lange Geschichte. In den 1950er und
       frühen 60er Jahren [4][kamen viele als Gastarbeiter:innen]. Ab 1967
       flohen dann viele vor der Militärdiktatur nach Westberlin. Die
       Exilgriech:innen waren politisch sehr aktiv und organisierten Widerstand
       gegen die Junta.
       
       Eines der Zentren dafür war die Taverne Terzo Mondo am Savignyplatz in
       Charlottenburg. „Entstanden aus der Revolution“ ist das Gründungscredo des
       Lokals. Schnell wurde das Terzo Mondo ein linker Treffpunkt. Auch bekannte
       griechische Musiker:innen und Politiker:innen im Exil wie Mikis
       Theodorakis oder Maria Farantouri verkehrten dort. Weil [5][der Besitzer
       Kostas Papanastasiou auch Schauspieler war] – bekannt etwa aus der Serie
       Lindenstraße –, entwickelte sich das Terzo Mondo schnell auch zum
       Anziehungspunkt bekannter Schauspieler:innen.
       
       ## Eine gut vernetzte Diaspora
       
       Auch Panos Poulos ging oft ins Terzo Mondo. Der heute 64-Jährige hat in den
       90er Jahren die ersten griechischen Filmtage in Berlin organisiert. Poulos
       kam 1980 zum Studieren nach Berlin. Für die Zeit seines Studiums wurde er
       vom Militärdienst in Griechenland befreit. Nach seinem Abschluss in
       Politikwissenschaft entschied er sich jedoch, in Berlin zu bleiben: „Ich
       bin [6][Kriegsdienstverweigerer]. Die Möglichkeit gab es in Griechenland
       damals aber nicht. Also war ich faktisch fahnenflüchtig“, erzählt er.
       Mehrere Jahre arbeitete er in einer Beratungsstelle für griechische Frauen
       und ihre Familien und später in einem deutsch-griechischen Jugendzentrum in
       Neukölln.
       
       Die griechische Community der 80er Jahre hat Poulos als sehr lebendig
       erlebt. „Wir waren vielleicht 8.000 in Westberlin. Natürlich Gastarbeiter,
       aber auch viele Intellektuelle und Künstler.“ Neben den beiden
       Sozialzentren in Neukölln gab es – und gibt es noch – viele griechische
       Vereine: Die Griechische Gemeinde und die orthodoxe Kirche in Steglitz, der
       Verein griechischer Akademiker:innen, das Kulturmagazin Exantas, der
       Fußballverein FC Hellas Berlin. „Wir waren damals untereinander sehr gut
       vernetzt“, sagt Poulos. Die meisten Organisationen sind heute immer noch
       aktiv. Das Neuköllner Jugendzentrum gibt es zwar nicht mehr, dafür kamen
       andere Institutionen wie das Filmfestival hinzu.
       
       ## Neue Migration seit der Finanzkrise
       
       Panos Poulos blieb 14 Jahre in Berlin. Nachdem das griechische Konsulat
       seinen Ausweis nicht mehr verlängert hatte, entschied er sich 1994, zurück
       nach Griechenland zu gehen. „Mit 34 musste ich dann zum Militär, da war ich
       so alt wie der Kommandant“, erinnert er sich. Heute arbeitet Poulos in der
       deutsch-griechischen Jugendarbeit und führt die NGO „Filoxenia“ auf dem
       Peloponnes, die sich mit [7][der deutschen Besatzung Griechenlands] und
       Umweltschutz auseinandersetzt.
       
       Die zweite griechische Migrationsbewegung findet seit Beginn der
       [8][Finanzkrise Ende der 2000er Jahre] statt. „Die sind ganz anders als die
       Älteren“, sagt Festivalleiterin Sofia Stavrianidou. „Sie sind gebildet,
       sprechen Englisch und lernen Deutsch.“ Die deutsche Hauptstadt ist für sie
       auch kein zufälliges Ziel von Arbeitsmigration mehr. „Sie wollen alle nach
       Berlin. Es ist weniger konservativ und sehr alternativ“, sagt Stavrianidou.
       
       Eine von ihnen ist Katerina Zafeiropoulou. Die Athenerin ist Schauspielerin
       und Tänzerin. Gekommen war sie für ein Seminar für zeitgenössischen Tanz,
       mittlerweile wohnt die 33-Jährige seit drei Jahren in Berlin. Auch sie hat
       das Gefühl, hier ein weniger konservatives Leben führen zu können. „Berlin
       ist ein Ort mit Menschen vieler Nationalitäten und vielen
       Geschwindigkeiten, die man auf den ersten Blick sofort als gastfreundlich
       empfindet“, sagt Zafeiropoulou. Dass sie bereits viele Bekannte in der
       Stadt hatte, machte es noch einfacher.
       
       ## Musik, Küche, soziale Bindungen
       
       In Berlin fühle man sich als Griechin ein bisschen wie zu Hause, findet
       Zafeiropoulou. „Ein Grund, der Berlin für Griechen attraktiv macht, ist die
       große östliche Gemeinschaft. Die Musik, die Küche, die sozialen Bindungen.“
       Nach wie vor sei die griechische Community untereinander eng vernetzt: „Die
       ‚Fremde‘, wie wir die Einwanderung auf Griechisch nennen, teilen wir, das
       verbindet uns.“ Ein weiterer Faktor ist für Zafeiropoulou, dass die
       griechische Gemeinschaft sehr politisch ist: „Es gibt Organisationen, die
       die Ereignisse in Griechenland genau verfolgen, Proteste organisieren,
       informieren und motivieren.“
       
       Darüber hinaus wohnen auch viele angesehene griechische Künstler:innen
       in Berlin. Einige davon sind auch beim Griechischen Filmfestival zu sehen.
       Das würdigt in diesem Jahr Vertreter:innen der griechischen Musik mit
       einer eigenen Kategorie und mehreren Vorführungen. „Eftihia“ etwa erzählt
       die von Flucht, Armut und patriarchalen Strukturen geprägte Geschichte von
       Eftychia Papagiannopoulou, einer der bedeutendsten Lyrikerinnen der
       griechischen Populärmusik.
       
       „Wir versuchen immer Frauen im Programm zu haben“, sagt Festivalleiterin
       Sofia Stavrianidou. Das sei jedoch gar nicht so einfach. „Die Filmszene in
       Griechenland ist immer noch männerdominiert.“ Der Selbstermächtigung von
       Frauen hat sich das Griechische Filmfestival in diesem Jahr auch symbolisch
       verschrieben. Sinnbildlich dafür breitet auf den Plakaten und Flyern eine
       Frau im Anzug ihre Arme aus: Sie tanzt [9][einen Zeibekiko, einen aus
       Kleinasien stammenden Einzeltanz], der Kummer ausdrückt und traditionell
       als reiner Männertanz gilt. „Das ist einerseits eine Verkündung, dass
       Frauen tun und lassen können, was sie wollen. Und andererseits auch eine
       Feier – der Frauen, aber auch des Jubiläums“, so Stavrianidou.
       
       26 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://thegreekfilmfestivalinberlin.com/de/
   DIR [2] https://babylonberlin.eu/programm
   DIR [3] /Filmfestival-in-Thessaloniki/!5996241
   DIR [4] /Forschungsprojekt-zu-Arbeitsmigration/!5751852
   DIR [5] /Griechen-in-Deutschland/!5082601
   DIR [6] /Kriegsdienstverweigerung-KDV/!t6062984
   DIR [7] /Deutsch-griechische-Beziehungen/!6046052
   DIR [8] /Griechenland-nach-der-Finanzkrise/!6011713
   DIR [9] /Musikstil-Rembetiko/!5589136
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Fründt
       
       ## TAGS
       
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