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       # taz.de -- Baerbock, al-Scharaa, Erdoğan: Ist das noch Empowerment?
       
       > Boss Baerbock für die UN-Generalversammlung, Kurden als ständiger
       > Störfaktor, Erdoğans praktische Geisel. Und Femizide, die im Verborgenen
       > bleiben.
       
   IMG Bild: Von der Undiplomatin zur UN-Diplomatin, Baerbock bei einem Treffen EU-Außenminister, Brüssel, März 2025
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Kanzlerwahl dauert noch mindestens bis Ostern.
       
       taz: Und was wird besser in dieser? 
       
       Küppersbusch: 1.000 Gratiswitze parat mit „Merz sucht seine Eier“.
       
       taz: Mit der [1][Lockerung der Schuldenbremse] kann ein milliardenschweres
       Finanzpaket geschnürt werden. Ist die Aufrüstung für die kommende Regierung
       Grund genug, in Zukunft andere Grundgesetze zu lockern? 
       
       Küppersbusch: Kann sie nicht. Es sei denn, Scholz & the Gang bleiben
       nebenan in einer Turnhalle als Zombieregierung sitzen und heben ab und an
       den Arm, wenn Friedrich der Erste wieder nicht weiterweiß. Die Wehrpflicht
       etwa – wehrgerecht auch für Frauen – ist nur mit einer Grundgesetzänderung
       zu machen. Für das Bundesverfassungsgericht stehen Nachbesetzungen an, auch
       hier fehlt Schwarz-Rot die nötige Zweidrittelmehrheit. Das war also jetzt
       mehr so ’ne Vorratsbratenspeicherung, damit sie auch in den schweren Tagen
       was zu mümmeln haben, wenn ohne AfD oder Linke gar nichts mehr geht. Und
       selbst das setzt gramgebeugte Duldungsstarre der Grünen voraus. Um die
       Ursachen der Entdemokratisierung zu bekämpfen, müssten sie Wohnungen,
       sozialen Ausgleich, Bildung finanzieren. Dass das nicht passiert, scheint
       auch so ein Grundgesetz, das man nicht ändern kann.
       
       taz: Annalena Baerbock warf die Diplomatin Helga Schmid aus dem Rennen um
       den deutschen Vorsitz der UN-Generalversammlung – wie es bei männlichen
       Kollegen üblich ist. Können die Medien den Furor um Baerbock also einen
       Gang runterfahren? 
       
       Küppersbusch: Von der Undiplomatin zur UN-Diplomatin ist auch fachlich ein
       respektabler Sprung. Baerbock hatte China als Diktatur, die Brics-Staaten
       als russisch beeinflusst und Russland selbst als Endgegner angegriffen. Die
       werden sich alle auf sie freuen. Friedensverhandlungen für die Ukraine
       lehnte sie ausdauernd und vehement ab, um sich nun zu empören, dass man an
       Verhandlungen nicht beteiligt werde. Mag sein: Wenn Männer solche
       Karriere-Intrigen spinnen, riecht’s übel nach Rüdenpisse – bei Frauen wird
       das Gleiche als löbliches Empowerment parfümiert. Da kann man sich vornehm
       raushalten, wenn es – wie hier – schlicht Zweifel an der fachlichen
       Qualifikation gibt. Elegant im Porzellanladen ist noch kein Genscher.
       
       taz: Die Kurd:innen in Syrien lehnen Präsident al-Scharaas
       Verfassungsentwurf ab. Sie nennen ihn einen Versuch, „eine Diktatur unter
       dem Deckmantel einer Übergangsphase wiederherzustellen“. Erlebt Syrien nun
       ein Ägypten 2.0? 
       
       Küppersbusch: Die Kurden erleben, was sie immer erleben: kämpfen und
       sterben für große Versprechungen, die hinterher wieder einkassiert werden.
       Erdoğans Türkei hat drei Landstriche in Nordsyrien besetzt, giert aber nach
       der kurdisch besetzten Region: wegen der Ölvorkommen und weil sein
       Rassismus keine kurdische Autonomie zulässt. Deshalb schließt er Waffenruhe
       mit der Kurdenpartei – und greift die Kurden weiter an. Al-Scharaa braucht
       nach den Gemetzeln an Alawiten ein Signal der Toleranz und möchte die
       Kurden integrieren. Wobei auch ihr wertvoller Boden an das neue Regime
       fiele. Kurz: Erdoğan und al-Scharaa rivalisieren um ein Stück Syrien, und
       den Kurden wird klar, dass sie dabei von beiden Seiten als störend
       empfunden werden. Wie immer.
       
       taz: In der Türkei ließ Erdoğan seinen stärksten Konkurrenten İmamoğlu
       festnehmen. Wie naiv ist die Hoffnung, dass der [2][Präsident irgendwann
       gestürzt] werden könnte? 
       
       Küppersbusch: Immerhin einer glaubt, dass Erdoğan irgendwann gestürzt wird:
       Erdoğan. Dem beugt er vor. Seine dritte Amtszeit gibt er als zweite aus,
       weil er unterwegs ein Präsidialsystem einführte. Um noch mal anzutreten,
       bräuchte er eine Verfassungsänderung. Und dafür Stimmen der Opposition.
       Welch günstiger Zufall, dass er ihren Spitzenmann zur Geisel hat.
       
       taz: In [3][Gera übergoss ein Mann seine Ehefrau mit brennbarer Flüssigkeit
       und zündete sie an]. Wann wird der Femizid endlich als gesonderter
       Straftatbestand eingeführt? 
       
       Küppersbusch: Das wäre schon deshalb nötig, weil bisher versuchter und
       vollendeter Mord und Totschlag statistisch erfasst wird, nicht aber die
       Motivation dahinter: In der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ taucht
       Femizid nicht auf. Das BKA vermutet eine erhebliche Dunkelziffer, jedoch
       auch mehr Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur Anzeige. Wäre also gut zu
       wissen, woran mensch ist.
       
       taz: Und was macht der RWE? 
       
       Küppersbusch: Formal heißt es „Niederrhein-Pokalfinale“, tatsächlich ist es
       der „Clásico“: RWE gegen RWO. Die Rivalität reicht bis ins Detail:
       Oberhausen schreibt sein Rot-Weiß mit ß, Essen mit Doppel-s. Einziges
       Finale mit Rechtschreibhooligans.
       
       Fragen: Julia Schöpfer
       
       23 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Einigung-zum-Schuldenpaket/!6073122
   DIR [2] /Festnahme-des-Istanbuler-Buergermeisters/!6073533
   DIR [3] /Gewalt-gegen-Frauen/!6076610
       
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