# taz.de -- Probleme mit Geflüchteten-Card: Lübeck und Flensburg wollen keine Bezahlkarte
> Kommunen verzichten auf Schikane: Während Schleswig-Holstein an
> Bezahlkarte für Geflüchtete festhält, winken Städte wegen diverser
> Probleme ab.
IMG Bild: Man muss nicht jede Schikane mitmachen: Lübeck und Kiel verweigern sich der Bezahlkarte für Geflüchtete
HAMBURG taz | Eigentlich sollte sie Verwaltungskosten senken und
verhindern, dass staatliche Gelder ins Ausland fließen – doch die
Bezahlkarte für Geflüchtete sorgt in Schleswig-Holstein vor allem für
eines: Chaos.
Während die schwarz-grüne Landesregierung an der Umsetzung bastelt, wächst
der Widerstand. Vor allem in Lübeck und Flensburg regt sich Unmut. Kommunen
und Kritiker [1][sprechen von Diskriminierung, bürokratischem Irrsinn und
einer integrationsfeindlichen Maßnahme].
Bislang kommt die Bezahlkarte nur in Landesunterkünften zum Einsatz. Eine
landesweite Einführung war für April 2025 geplant – inzwischen hat das
Sozialministerium die Frist bis Ende 2025 verlängert. Der Grund: massive
technische Probleme.
## Noch nicht mal technisch klappt's
Hessen, das bei der Umsetzung federführend ist, ringt mit dem
IT-Dienstleister um eine funktionierende Software. Vor allem die
Schnittstellen zur bestehenden Verwaltungssoftware sind ein Problem.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein kritisiert die Bezahlkarte scharf:
Sie sei diskriminierend und behindere den Alltag Geflüchteter. Ohne Bargeld
sei es kaum möglich alltägliche Dinge wie Schulmaterial zu kaufen. Auch ein
Einkauf auf dem Flohmarkt sei kaum möglich. Umstritten ist auch die
geplante Bargeldgrenze: Maximal 50 Euro im Monat sollen Geflüchtete abheben
können.
Ob dieser Betrag noch verhandelbar ist, ist unklar. Die Beschränkung macht
alltägliche Zahlungen unnötig kompliziert. Die Karte schaffe Abhängigkeiten
statt Integration zu fördern, so der Flüchtlingsrat. In den
Landesunterkünften wird sie gezielt an Menschen mit geringer
Bleibeperspektive getestet – eine Art Praxistest auf dem Rücken der
Betroffenen.
In Lübeck ist der Ärger groß. Die SPD-Fraktion lehnt die Bezahlkarte
entschieden ab. Der Sozialausschuss der Stadt warnt, dass sie die
gesellschaftliche Atmosphäre vergiften könnte – [2][Ressentiments gegen
Geflüchtete seien in Lübeck bislang vergleichsweise gering]. Die Stadt
fordert mehr Beteiligung und eine realistische Einschätzung des
bürokratischen Aufwands.
Auch in Flensburg wird die Karte heftig diskutiert. Die Ratsversammlung hat
die Landesregierung mehrfach um praxistauglichere Lösungen gebeten –
bislang ohne Erfolg. Für die Kommunen bleibt abzuwarten, welche konkreten
Vorgaben aus Kiel kommen.
Während Schleswig-Holstein an der Bezahlkarte festhält, lehnen immer mehr
Städte in Nordrhein-Westfalen das Konzept ab. Eine Sprecherin des
Flüchtlingsrats Schleswig Holstein sagt dazu: [3][„In NRW wurde eine
Opt-Out-Regelung eingeführt], sodass Kreise und Kommunen die Bezahlkarte
nicht einführen müssen.“
Eine derartige Regelung sei im Konzept des Landes Schleswig-Holstein bisher
nicht vorgesehen, könnte aber nach Einschätzung des Flüchtlingsrats noch in
den Ausführungserlass aufgenommen werden. „Das wäre natürlich sehr zu
begrüßen.“
In Aachen hat der Stadtrat bereits im Herbst 2024 beschlossen, das Modell
nicht zu übernehmen. Die Stadtverwaltung sieht keinen praktischen Nutzen,
da Sozialleistungen dort ohnehin per Überweisung oder Scheck ausgezahlt
werden. Eine zusätzliche Karte bringe nur unnötigen Mehraufwand und keine
Verbesserung.
## Kommunen verzichten auf Schikane-Karte
Auch in Krefeld, Münster und Dortmund zeigt sich ein ähnliches Bild: Die
Kommunen verzichten bewusst auf die Einführung der Bezahlkarte und setzen
stattdessen auf bewährte Verfahren.
Die ebenfalls schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat zwar
eine Ausstiegsklausel für Kommunen eingeräumt, doch es wird befürchtet,
dass dadurch ein unkoordiniertes Nebeneinander verschiedener Regelungen
entsteht.
Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein begrüßt die Verschiebung der
Einführung – nicht als Lösung, sondern als Zeichen dafür, dass das Konzept
von Grund auf falsch ist. Die Bezahlkarte belaste Kommunen maximal,
schränke Geflüchtete massiv ein und sorge für neue Probleme statt Lösungen
zu bieten. Ob und wann sie tatsächlich landesweit kommt, bleibt offen.
12 Mar 2025
## LINKS
DIR [1] /Fluechtlingsrat-ueber-Bezahlkarte/!6067844
DIR [2] /Ankerzentrum-Bamberg/!6069150
DIR [3] https://www.frnrw.de/top/nein-zur-bezahlkarte-ratsbeschluesse-aus-nordrhein-westfaelischen-kommunen.html
## AUTOREN
DIR Esther Erök
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