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       # taz.de -- Gewalt gegen LGBTQ in Uganda: Schwule haben keine Lobby
       
       > Aus Frust über hohe Schulgebühren verprügeln manche in Kampala
       > vermeintliche Schwule. Niemand schreitet ein. Uganda hat eines der
       > schärfsten Anti-Homo-Gesetze weltweit.
       
   IMG Bild: Versteckt hinter dem Regenbogenfächer: Ugandas Regierung hat 2023 eines der krassesten Gesetze gegen Homosexualität weltweit erlassen
       
       „Fangt den Dieb!“ schreien Dutzende Bauarbeiter, die mit Stöcken bewaffnet
       eine staubige Straße in Ugandas Hauptstadt Kampala entlangrennen. Sie sind
       gekleidet in Blaumännern, staubig und dreckig vom Putz, den sie gerade an
       der Fassade eines Apartmentgebäudes anbringen. „Haltet ihn fest!“, rufen
       sie. Vor sich her treiben sie einen jungen, verwahrlosten Mann ohne Schuhe,
       der bereits an mehreren Stellen seines geschundenen Körpers blutet.
       Offenbar war er beim Klauen erwischt worden.
       
       Immer mehr junge Männer kommen angelaufen: die Mechaniker aus der Werkstatt
       nebenan, die Motorrad-Taxifahrer von der Haltestelle im Schatten des
       Mangobaums, die Arbeitslosen, die schon am Vormittag vor der örtlichen
       Kneipe herumlungern. Sie alle schließen sich dem Mob an, der den Jungen die
       Straße entlang hetzt. „Er ist sicher schwul!“, ruft plötzlich einer.
       „Gay!“, schreien die anderen daraufhin.
       
       So schnell wird aus einem Dieb ein Homosexueller – und damit einer, den man
       mutmaßlich zu Tode prügeln darf. Und aus dem wütenden Mob, der einen Dieb
       jagte, wird plötzlich eine rasende Meute. Der Flüchtende stolpert, liegt am
       Boden. Von allen Seiten prügeln sie nun auf ihn ein. „Du schwuler Hund, du
       bist doch kein Mann!“, verhöhnen sie ihn.
       
       ## Todesstrafe für Verführung Minderjähriger
       
       Mehrfach passierten solche Szenen in den vergangenen Wochen vor meiner
       Haustür in einer eigentlich friedlichen und mittelständischen Wohngegend in
       Kampala. Dass es eine enorme Schwulenfeindlichkeit gibt, ist in Uganda
       nichts Neues. Immerhin hat die Regierung unter Präsident Yoweri Museveni
       2023 [1][eines der krassesten Gesetze gegen Homosexualität weltweit]
       erlassen. In besonderen Fällen droht nun beispielsweise für die Verführung
       Minderjähriger sogar die Todesstrafe.
       
       „Museveni hat gesagt, wir sollen die Schwulen töten!“, erklärt später einer
       der jungen Männer, der den Stock mehrfach geschwungen hat. Wenige Tage
       später wiederholt sich der Vorfall. Wieder wird ein Dieb durch die Gassen
       getrieben, wieder wird dem Flüchtenden nachgerufen, er sei schwul. Und
       erneut endet alles mit einem blutenden Opfer im Staub, das dort
       liegengelassen wird – und niemand sagt etwas dagegen. Nachbarn, Passanten,
       Ladenbesitzer, die die Szenen von Weitem mit ansehen, ducken sich
       schweigend weg. [2][Homosexuelle haben in diesem Land keine Lobby].
       
       ## Hohe Schulgebühren als Gewaltrechtfertigung
       
       „Sie müssen verstehen, es ist die Zeit der Schulgebühren in Uganda“,
       erklärt der Vorsitzende des Stadtbezirkes das Phänomen und seufzt. „Dann
       sind alle extrem verzweifelt“, führt er aus. Der ältere Mann berichtet von
       einer langen Liste von Übergriffen, die sich in den vergangenen Wochen in
       seinem Bezirk ereignet haben: Überfälle auf Passanten, denen das Handy vom
       Ohr gerissen wird; Einbrüche in Läden und Privathäuser; Diebstähle von
       Baumaterialien auf den zahlreichen Baustellen. Und die Polizei? „Die steckt
       mit dieser Mafia doch unter einer Decke!“
       
       [3][Schulgebühren also]: In Uganda beginnt stets im Februar, nach den
       langen Weihnachtsferien, das neue Schuljahr. Und mit diesem werden die
       Schulgebühren fällig. Einst rühmte sich die Regierung Musevenis, dessen
       Ehefrau Bildungsministerin ist, kostenlose Grundschulbildung eingeführt zu
       haben, und bekam dafür jede Menge Hilfsgelder aus dem Westen. Doch aus
       diesen kostenlosen staatlichen Schulen wurden über die Jahre
       heruntergewirtschaftete Einrichtungen, die statt offizieller Schulgebühren
       von den Eltern andere Kosten einfordern: Farbe, um die Wände zu streichen,
       Klopapier, Besen, Kreide, Seife für die Waschräume.
       
       Wer Geld hat, der schickt seine Kinder auf private Schulen. Doch das
       kostet, für Familien mit vielen Kindern ist es fast unerschwinglich. Und
       unter diesem finanziellen Druck nimmt die Verzweiflung vieler Eltern – und
       vor allem Väter – extrem zu. Die Kriminalitätsrate steigt rasant an, die
       Zahl der brutalen Übergriffe ebenso. Und die Suche nach Sündenböcken, an
       denen man seinen Frust auslassen kann, endet so wie vor meiner Haustür.
       
       28 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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