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       # taz.de -- Türkisch-kurdischer Konflikt: Disruptionen aus Ankara
       
       > Erdoğan-Regierung und PKK schienen auf Friedenskurs. Jetzt werden
       > kurdische Bürgermeister abgesetzt und verhaftet und der Prozess ist
       > wieder offen.
       
   IMG Bild: Irritiert über die widersprüchliche Politik der Regierung Erdoğan: DEM-Vorsitzender Tuncer Bakırhan
       
       Istanbul taz | Die türkische Regierung setzt ihre extrem widersprüchliche
       Politik gegen die Kurden in ihrem Land fort. Ausgerechnet am Samstag, als
       viele Beobachter damit rechneten, dass der inhaftierte Gründer der
       Guerillaorganisation PKK, Abdullah Öcalan, seine Organisation dazu aufrufen
       würde, die Waffen niederzulegen, ließ die Regierung den kurdischen
       Bürgermeister von Van, einer Großstadt nahe der iranischen Grenze, aus dem
       Amt entfernen und durch einen staatlichen Zwangsverwalter ersetzen.
       
       Der Aufschrei in der kurdischen Community war groß, massenhaft versammelten
       sich Anhänger des geschassten Bürgermeisters Abdullah Zeydan vor dem
       Rathaus, um gegen seine Absetzung zu protestieren. Es kam zu Zusammenstößen
       mit der Polizei, die in den kurdischen Gebieten im Südosten in der Regel
       noch brutaler vorgeht als im Westen des Landes. Nach Angaben örtlicher
       Medien wurden 127 Protestierende festgenommen.
       
       Vorausgegangen war eine Verurteilung Zeydans zu knapp vier Jahren Haft
       wegen angeblicher Unterstützung der PKK. Das Urteil, gegen das Zeydan
       sofort Berufung einlegte, erging bereits am Dienstag. Am Samstag verfügte
       dann das Innenministerium in Ankara seine Absetzung und setzte den
       Gouverneur der Provinz Van als Zwangsverwalter ein.
       
       Abdullah Zeydan ist ein sehr populärer kurdischer Politiker, der für
       scharfe Reden bekannt ist. Er gewann die Wahl zum Bürgermeister bei den
       Kommunalwahlen im vorigen Jahr mit 55 Prozent der abgegebenen Stimmen.
       Schon unmittelbar nach der Wahl [1][versuchte die Regierung, seine
       Amtsübernahme mit Verweis auf das laufende Verfahren zu verhindern], gab
       dieses Vorhaben damals nach massiven Protesten in der Bevölkerung aber
       wieder auf.
       
       ## PKK-Chef Öcalan zu „historischem Aufruf“ bereit
       
       Seit den [2][Kommunalwahlen im März 2024] ließ die Regierung dann aber
       schon vor Zeydan acht kurdische Bürgermeister mit dem Hinweis auf
       angebliche Zusammenarbeit mit der PKK aus dem Amt entfernen und setzte
       statt ihrer staatliche Zwangsverwalter ein.
       
       Während die Erdoğan-Regierung also mit harter [3][Repression gegen
       kurdische Kommunalverwaltungen] vorgeht, startete sie gleichzeitig im
       Oktober vergangenen Jahres einen neuen Anlauf, zu einer Vereinbarung mit
       der PKK zu kommen. Ausgerechnet Devlet Bahçeli, Vorsitzender der extrem
       nationalistischen MHP, die Erdoğans Regierung unterstützt, schlug vor,
       [4][Abdullah Öcalan] solle ins türkische Parlament kommen und dort die
       Auflösung der PKK verkünden. Er könne dann aus seiner lebenslangen
       Isolationshaft auf der Insel Imrali entlassen werden.
       
       Seitdem dürfen VertreterInnen der kurdischen DEM-Partei Öcalan nach über
       zehn Jahren Isolation wieder besuchen und lassen mehr oder weniger deutlich
       durchblicken, Öcalan sei im Prinzip bereit, zu einem [5][Friedensprozess
       zwischen Kurden und Türkei] beizutragen. Vor zehn Tagen sagte der
       DEM-Vorsitzende Tuncer Bakırhan, Öcalan sei zu einem „historischen Aufruf“
       bereit.
       
       Verständlich, dass die DEM irritiert ist, dass gleichzeitig die Repression
       gegen gewählte Vertreter der Kurden unverändert andauert, ja in den letzten
       Wochen sogar intensiviert wurde. Nicht nur DEM-Bürgermeister, sondern auch
       Vertreter der größten Oppositionspartei CHP werden derzeit mit dem Vorwurf
       der Zusammenarbeit mit „Terroristen“ festgenommen.
       
       Hohe CHP-Vertreter wie der Istanbuler Oberbürgermeister [6][Ekrem
       İmamoğlu], der die Festnahmen kritisierte, werden deshalb prompt selbst mit
       Anklagen überzogen. Sogar der Vorsitzende des größten türkischen
       Unternehmerverbandes TÜSİAD, der in einer Rede vor seinen Mitgliedern die
       neuerliche Repression beklagte, wird deshalb nun angeklagt.
       
       Dennoch will die DEM ihre Hoffnung auf einen neuen Friedensprozess noch
       nicht aufgeben. Am Montag wird eine Delegation in den Nordirak reisen, um
       dort sowohl Vertreter der irakischen Autonomieregierung als wahrscheinlich
       auch Führungskader der PKK zu treffen, die im Nordirak ihr Hauptquartier
       hat.
       
       16 Feb 2025
       
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