URI:
       # taz.de -- Kreuzfahrtschiffe aus Niedersachsen: Meyer-Werft ist noch viele Millionen ärmer
       
       > Bei der Meyer-Werft soll sich erneut eine Lücke von 185 Millionen
       > aufgetan haben. Festgestellt hat man das erst, nachdem der Staat
       > eingestiegen war.
       
   IMG Bild: Sieht nur so aus, als würde es gleich auf Grund laufen: Am Ende kommt immer der Staat und zieht die Traumschiffe aus dem Dreck
       
       Hannover taz | Eigentlich dachte man, in Papenburg sei Ruhe eingekehrt.
       [1][Monatelang hatte die traditionsreiche Meyer-Werft mit ihrer
       wirtschaftlichen Schieflage] das ganze Land in Atem gehalten. Der große
       Kreuzfahrtschiffsbauer hatte zwar volle Auftragsbücher, drohte aber an den
       dramatisch gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten zu scheitern.
       
       Nach monatelangem Ringen stand im September vergangenen Jahres fest: Der
       Bund und das Land Niedersachsen steigen als Mehrheitseigentümer ein,
       übernehmen jeweils 40 Prozent des Unternehmens und erhöhen damit das
       Eigenkapital um 400 Millionen Euro, hinzu kommen Bürgschaften in Höhe von
       2,6 Milliarden Euro.
       
       Doch nun fragen sich einige, ob bei diesem Deal wirklich alle Karten auf
       den Tisch gelegt wurden. [2][Nach Recherchen der Neuen Osnabrücker Zeitung
       (NOZ) ist] erneut eine Kostensteigerung von 185 Millionen Euro aufgetaucht.
       Dies sei dem Land bereits seit Ende Oktober bekannt.
       
       Fraglich bleibt, ob diese Kostensteigerung nicht eigentlich schon vorher
       hätte bekannt werden müssen. Immerhin hatten Land und Bund die Verträge
       erst im September unterzeichnet – und sich dabei auf ein externes
       Sanierungsgutachten gestützt, in dem die Beratungsfirma Deloitte dem
       Familienunternehmen eine grundsätzliche Sanierungsfähigkeit bescheinigte.
       In diesem Gutachten tauchen diese Kosten allerdings noch nicht auf.
       
       ## Unternehmen und Wirtschaftsministerium wiegeln ab
       
       Das Unternehmen selbst und das niedersächsische Wirtschaftsministerium
       halten sich öffentlich vorerst bedeckt. Man werde interne
       Preiskalkulationen nicht öffentlich kommentieren, sagte ein Werftsprecher
       der Deutschen Presse-Agentur.
       
       Bei solch hochkomplexen Konstruktionen und gerade beim Bau neuer
       Produktreihen könne es aber immer zu Kostenanpassungen kommen. Deshalb habe
       man in der Planung umfangreiche finanzielle Sicherheitspuffer eingebaut.
       
       Ein Sprecher des [3][Wirtschaftsministeriums erklärte gegenüber dem NDR],
       die Frage, warum diese Kosten so spät aufgetaucht seien, müsse nun mit der
       neuen Geschäftsführung geklärt werden. Grundsätzlich gebe es aber keinen
       Zweifel daran, dass das Unternehmen nach wie vor sanierungsfähig und
       sanierungswürdig sei, wie es im Gutachten heißt.
       
       Bei der jüngsten ungünstigen Kostenentwicklung spielt offenbar ein
       Pilotprojekt eine Rolle, das eigentlich als zukunftsträchtig galt. Im
       November 2023 [4][verkündete Meyer stolz, jetzt auch in das Geschäft mit
       Konverterplattformen] einzusteigen.
       
       ## Alle Parteien waren für die Rettung durch den Staat
       
       Diese werden benötigt, um den Wechselstrom aus Offshore-Windkraftanlagen in
       Gleichstrom umzuwandeln, damit er verlustärmer transportiert werden kann.
       Die Meyer-Werft erhielt den Auftrag, die Stahlkonstruktionen für vier
       solcher Plattformen in der Nordsee zu liefern.
       
       Den NOZ-Enthüllungen zufolge lief das holpriger als geplant, sodass Meyer
       daran wohl sehr viel weniger verdienen wird als erhofft. Ähnliches gilt für
       [5][ein Kreuzfahrtschiff für Disney.] Auch hier sollen die Kosten aus dem
       Ruder gelaufen sein – und das Unternehmen hat noch weitere Aufträge für
       Kreuzfahrtschiffe mit LNG-Antrieb aus dem Konzern.
       
       Dass es Meyer an Aufträgen nicht mangelt, war allerdings von vornherein
       klar – fraglich ist, wie realistisch die Gewinnerwartungen sind. Der Staat
       solle sich ja nach ein paar Jahren wieder aus dem Unternehmen zurückziehen,
       beteuerten alle Beteiligten. Ein genaues Ausstiegsdatum oder sonst eine
       Zielvorgabe legte man aber nicht fest.
       
       Zumindest im politischen Raum [6][war die Rettung des Unternehmens
       parteiübergreifend unumstritten], im Land stimmte auch die CDU-Opposition
       zu, im Bund muckte nicht einmal die FDP auf.
       
       Ausschlaggebend dafür dürften zwei Faktoren gewesen sein: Zum einen
       vermutete man einen großen Effekt für die ansonsten eher strukturschwache
       Ems-Region – obwohl die Papenburger Werft selbst nur rund 3.200 Menschen
       direkt beschäftigt, sollen indirekt bis zu 18.000 Arbeitsplätze von dem
       Unternehmen abhängen.
       
       Zum anderen dürfte die Befürchtung eine Rolle gespielt haben, dass damit
       technisches Know-how im Schiffbau endgültig aus Deutschland verschwinden
       könnte. In der politischen Diskussion hieß es anfangs oft, man würde einen
       privaten Investor bevorzugen. Der fand sich aber nicht schnell genug.
       
       12 Jan 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rettung-der-Meyer-Werft/!6030826
   DIR [2] https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/meyer-werft-nach-der-rettung-wird-millionen-problem-sichtbar-48179728
   DIR [3] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Verkalkuliert-Das-Millionen-Problem-der-Meyer-Werft,meyer1070.html
   DIR [4] https://www.meyerwerft.de/de/presse/presse_detail/erster_auftrag_im_offshore_markt.jsp
   DIR [5] /Staatsknete-fuer-Kreuzfahrtschiffe/!6024310
   DIR [6] /Deutschlands-groesste-Werft/!6032817
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
       ## TAGS
       
   DIR Niedersachsen
   DIR Emsland
   DIR Meyer-Werft
   DIR Kreuzfahrt
   DIR Schifffahrt
   DIR Niedersachsen
   DIR Meyer-Werft
   DIR Olaf Lies
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rettung der Meyer Werft: Keine gute Nachricht
       
       Mit 400 Millionen Euro stützt der Staat die Meyer Werft in Papenburg. Damit
       setzen der Bund und das Land Niedersachsen gleich mehrere falsche Signale.
       
   DIR Deutschlands größte Werft: Staatseinstieg bei Meyer besiegelt
       
       Die Haushaltausschüsse von Bundestag und Niedersachsens Landtag geben
       grünes Licht. Die Firma muss ihren Sitz von Luxemburg nach Deutschland
       verlegen.
       
   DIR Rettung der Meyer-Werft: Kreuzfahrtriese in Seenot
       
       Der Staat soll vorübergehend die Meyer-Werft übernehmen. Er geht ins
       Risiko, um den industriellen Kern einer Region und eine Branchenperle zu
       retten.