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       # taz.de -- Fehlender Haushalt für 2025: Bundesregierung finanziert keine Sprachkurse über B2-Niveau mehr
       
       > Wie sollen Fachkräfte Deutsch lernen, wenn es keine Sprachkurse mehr
       > gibt? Nach dem Ampel-Aus fehlt Finanzierung an allen Ecken. Das trifft
       > auch die politische Bildung und den Digitalpakt.
       
   IMG Bild: Wegen der vorläufigen Haushaltsführung wird hier vorerst gespart: Szene aus einem Integrationskurs in Berlin
       
       Berlin taz | Was die Bundesregierung am Montag zur vorläufigen
       Haushaltsführung entschieden hat, dürfte für Hunderttausende Menschen
       massive Auswirkungen haben. Es geht unter anderem um das Geld für
       politische Bildung, die Integration von Zugewanderten und die Rettung
       afghanischer Menschenrechtler*innen. Dabei klingt die Nachricht zunächst
       unspektakulär: Die Rest-Bundesregierung aus SPD und Grünen stützt die
       vorläufige Haushaltsführung auf den Ampelentwurf für den Haushalt 2025
       sowie einige spätere Beschlüsse des Haushaltsausschusses.
       
       Das Thema ist komplex: Nötig ist die vorläufige Haushaltsführung immer
       dann, wenn es kein Haushaltsgesetz gibt. Wegen des Ampel-Bruchs ist das
       2025 zunächst der Fall. Dann kann der Bund all das weiterfinanzieren, was
       bereits gesetzlich beschlossen wurde, neue Ausgaben sind jedoch nur
       ausnahmsweise möglich.
       
       Offen war bis Montag noch, was die Grundlage der Haushaltsführung wird.
       Eine Option wäre es gewesen, einfach das Haushaltsgesetz für das laufende
       Jahr als Vorlage zu nutzen. Doch im Finanzministerium hat man sich
       stattdessen für den Entwurf für ein Haushaltsgesetz 2025 entschieden, den
       die Ampel im Sommer noch vorgelegt, aber dann nicht mehr beschlossen hatte.
       In einem Rundschreiben an die Ministerien, das der taz vorliegt, empfiehlt
       Finanzminister Jörg Kukies (SPD) einen „sparsamen Umgang“ mit dem Geld.
       Vorläufig stehen nur 45 Prozent der Jahresmittel zur Verfügung.
       
       Folgen hat all das etwa bei der Finanzierung der Integrationskurse. Die
       sollen Geflüchteten und anderen Zuwander*innen Deutsch beibringen und
       gesellschaftliche Grundkenntnisse vermitteln. Im Haushaltsentwurf 2025 ist
       mit rund 500 Millionen Euro aber [1][nur halb so viel Geld dafür vorgesehen
       wie noch im laufenden Jahr.] Und dabei bleibt es nun.
       
       ## Radikale Kürzung bei Sprachkursen
       
       Zwar hatte das Bundesinnenministerium (BMI) unter Nancy Faeser (SPD) Ende
       November zugesagt, die Kurse zu finanzieren. Gleichzeitig hatte das
       Ministerium angekündigt, dass es von nun an ein „kompakteres Kursangebot“
       geben soll und Möglichkeiten, Kurse zu wiederholen, eingeschränkt werden.
       So sollen offenbar Kosten gespart werden. Konkrete Zahlen dazu, wie viel
       Geld für die Kurse bereitsteht, nennt das BMI auf taz-Nachfrage nicht.
       
       Jeannette Langner vom Berufsverband Integrations- und Berufssprachkurse
       berichtet der taz, dass die Zusicherung des BMI zwar für eine gewisse
       Entspannung bei den Trägern der Integrationskurse geführt habe. Trotzdem:
       „Wir brauchen endlich belastbare Zahlen.“ Wirklich dramatisch sei, dass die
       Berufssprachkurse zusammengestrichen werden sollen, deren Finanzierung über
       das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) läuft, so Langner. Den
       Trägern der Sprachkurse wurde mitgeteilt, dass nur noch die
       berufsbegleitenden Kurse sowie 90 Prozent der Kurse mit dem Sprachniveau B2
       weiterfinanziert werden. Alle anderen Kurse werden künftig entfallen –
       sowohl die für niedrigere als auch für höhere Niveaus. Langner dazu: „Das
       macht überhaupt keinen Sinn, wir haben doch Fachkräftemangel.“ Die Kurse
       seien für viele Einwander*innen dringend nötig, um eine Arbeit
       aufzunehmen oder eine Ausbildung anzufangen.
       
       Noch dramatischer ist die Lage bei Asylverfahrensberatungen. Dieses Projekt
       hängt an Zahlungen des BMI. Hier ist noch unklar, ob die Projekte für
       Geflüchtete vollständig gestoppt werden, weil womöglich gar kein Geld mehr
       kommt. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die die Beratung anbietet, spricht von
       einer „Zumutung“ für Träger und Beschäftigte, „drei Tage vor Weihnachten
       immer noch keine Zusicherung zu haben“.
       
       Ganz anders wirkt die Entscheidung auf das wankende Aufnahmeprogramm für
       afghanische Menschenrechtler*innen und andere von den Taliban
       Verfolgte. Denn in die Haushaltsführung fließt nun ein Kompromiss, auf den
       sich Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP wenige Stunden vor dem Bruch der
       Ampel geeinigt hatten. Erst sollten die Mittel für das Programm gestrichen
       werden, doch jetzt gibt es rund 50 Millionen Euro aus Bundesmitteln und
       einem EU-Fonds.
       
       ## Unsicherheit bei Bildungseinrichtungen
       
       Allerdings will das BMI das Geld dafür gar nicht haben, ist das Haus von
       Ministerin Faeser doch dabei, [2][das Programm still und leise
       abzuwickeln]. Schon lange verzögert das Ministerium die Umsetzung: Statt
       der geplanten 1.000 Afghan*innen monatlich wurden in rund zwei Jahren
       nur 1.020 Personen evakuiert. Insgesamt.
       
       Dass das Geld für weitere Evakuierungen nun gesichert ist, liefert all
       denen ein Argument, die vom BMI fordern, wenigstens noch die bereits
       begonnenen Fälle abzuarbeiten. Die Grünen-Abgeordnete Jamila Schäfer sagt
       der taz: „Die Zusagen für das Bundesaufnahmeprogramm zu stoppen,
       widerspricht dem Beschluss des Parlaments.“ Schäfer findet, wenn das BMI
       ein Interesse an Glaubwürdigkeit habe, müsse es die Verfahren zur Einreise
       „unverzüglich“ wieder aufnehmen. Das BMI sagt dazu auf Nachfrage der taz
       nichts.
       
       Auch Träger der politischen Bildung haben [3][mit den Folgen der
       vorläufigen Haushaltsführung zu kämpfen.] Das Programm „Respekt Coaches“
       beispielsweise, über das Sozialarbeiter:innen an Schulen Workshops
       zu Themen wie Diskriminierung oder Vielfalt geben. Das Programm wird vom
       Bundesfamilienministerium gefördert und erhält nun zunächst nur 45 Prozent
       der für 2025 vorgesehenen Mittel. Damit haben die Träger dieser Projekte,
       zu denen unter anderem die AWO zählt, zwar vorerst Gewissheit, wie es
       weitergeht. Aber sollte der neue gewählte Bundestag den Haushalt erst in
       der zweiten Jahreshälfte beschließen, müssten sie in Vorleistung gehen. Es
       gebe „somit weiterhin Planungsunsicherheit“, teilt der AWO Bundesverband
       mit.
       
       Auch beim Anne Frank Zentrum in Berlin kommen vorerst nur 45 Prozent der
       geplanten Gelder an, mit denen dort Bildungsarbeit gegen Antisemitismus und
       Rechtsextremismus finanziert wird. Direktorin Veronika Nahm sagt: „Das
       verkürzt unseren Planungshorizont deutlich.“ Deshalb seien die
       Arbeitszeiten des Personals gekürzt worden und eine Stelle habe nicht
       verlängert werden können.
       
       ## Digitale Ausrüstung der Schulen in Gefahr?
       
       Nach Informationen der taz warten viele andere Demokratieprojekte noch auf
       einen bindenden Förderbescheid. So haben diverse Träger, die ab Januar über
       die das Bundesprogramms „Demokratie leben!“ finanziert werden, bisher
       lediglich einen „vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ beschieden bekommen. Ihnen
       wurde also angekündigt, dass Geld für Projekte überwiesen wird. Wann dies
       geschehen wird, blieb aber offen, und die Zusage kann theoretisch später
       noch zurückgenommen werden.
       
       Die Organisationen stelle diese Situation vor große Herausforderungen, sagt
       Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen
       Rechtsextremismus engagiert. „Die Träger haben ja kein eigenes Geld. Sie
       müssen Kredite aufnehmen, um ihre Projekte vorfinanzieren zu können. Und
       das tun sie auf eigenes Risiko.“ Andere Projekte der Stiftung wie der
       Demokratiebus – ein mobiles Bildungsangebot gegen rechts – stünden sogar
       gänzlich auf der Kippe, so Reinfrank.
       
       Was die Situation nicht einfacher macht: Auch mehrere Bundesländer, in
       denen dieses Jahr gewählt wurde, haben noch keinen Haushalt für 2025
       verabschiedet. In Thüringen etwa muss deshalb die Recherche- und
       Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) aller Voraussicht nach ab Januar
       vorerst die Arbeit einstellen – obwohl der Koalitionsvertrag der neuen
       Landesregierung die Förderung explizit vorsieht.
       
       Und dann ist da noch der Digitalpakt 2.0., den Interims-Bildungsminister
       Cem Özdemir (Grüne) nach monatelanger Blockade unter Bettina
       Stark-Watzinger (FDP) mit den Ländern vereinbart hat. Er sollte im Januar
       2025 starten. Doch der nun maßgebliche Haushaltsentwurf erwähnt den
       Digitalpakt 2.0 mit keinem Wort.
       
       Die dafür zugesagten 2,5 Milliarden vom Bund über die kommenden sechs Jahre
       muss dann der neue gewählte Bundestag freigeben – sofern die neue
       Bundesregierung die Vereinbarung überhaupt in der Form übernimmt. Auch für
       die Kommunen, die als Schulträger für die Ausstattung von Schulen zuständig
       sind, beginnt das neue Jahr deshalb mit größtmöglicher
       Planungsunsicherheit.
       
       20 Dec 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Frederik Eikmanns
   DIR Ralf Pauli
   DIR Hannes Koch
       
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