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       # taz.de -- Weltklimakonferenz in Baku: Das Ziel vor Augen, nur Zahlen nicht
       
       > Am Tag vor dem Ende des Gipfels in Aserbaidschan wird ein Beschluss
       > greifbar. Wer wieviel zahlen soll, bleibt unklar. Die EU findet das
       > „ungenügend“.
       
   IMG Bild: Hält den Entwurf für das globale Finanzierungsziel für „inakzeptabel für ambitionierte Staaten“: Wopke Hoekstra, EU-Klimakommissar
       
       Baku taz | Der Weltklimagipfel in [1][Aserbaidschans Hauptstadt Baku] geht
       in die heiße Phase. Einen Tag, bevor die UN-Konferenz am Freitag offiziell
       enden soll, lag am frühen Donnerstagmorgen ein Textentwurf für ein neues
       globales Finanzierungsziel für die Zeit nach 2025 vor. Das soll auf dem
       Gipfel vereinbart werden, um weltweit mehr Mittel für den Klimaschutz, die
       Anpassung und die Bewältigung von Schäden und Verlusten für die ärmsten
       Länder zu mobilisieren. In der Pflicht sind die [2][Industriestaaten], die
       die Klimakrise maßgeblich verursacht haben. Klar ist: Es müssen deutlich
       mehr als die bis 2025 vereinbarten jährlich 100 Milliarden US-Dollar
       zusammenkommen, um den Bedarfen gerecht zu werden.
       
       Konkrete Zahlen lässt das Dokument jedoch vermissen. Der Entwurf enthält
       zwei Optionen: entweder die Festlegung auf konkrete Mittel in Höhe von
       Billionen US-Dollar jährlich, die von den Industrieländern jährlich von
       2025 bis 2035 bereitgestellt werden. Oder eine „Aufstockung der globalen
       Finanzmittel“ für Klimaschutzmaßnahmen pro Jahr bis 2035 aus allen
       Finanzquellen, einschließlich inländischer Ressourcen. Option 1 entspricht
       der Sichtweise der Entwicklungsländer, Option 2 die der Industrieländer.
       
       EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra bezeichnete den Text als „inakzeptabel für
       ambitionierte Staaten“. Es sei noch viel Arbeit zu leisten, sagte er vor
       Journalist*innen in Baku. [3][Eine genaue Summe, wie viel die EU an
       Zahlungen beisteuern will], ließ allerdings auch Hoekstra offen.
       Vertreter*innen der EU bringen 200 bis 300 Milliarden US-Dollar pro
       Jahr ins Spiel. Am Vortag hatte ein Delegierter der Entwicklungsländer und
       afrikanischen Staaten das als „einen Witz“ bezeichnet.
       
       Für Marc Weissgerber, Klimafinanzierungsexperte und Geschäftsführer vom
       Thinktank E3G, zeigt der jetzt vorgelegte Entwurf, wie weit die
       Vorstellungen von Entwicklungsländern und Industrienationen
       auseinanderliegen. „Eine substanzielle Annäherung lässt sich nicht
       erkennen.“
       
       ## Keine konkreten Zahlungsziele
       
       Die erste, von den Entwicklungsländern vorgebrachte Option, enthält strenge
       Unterscheidungen verschiedener Geldströme und letztendlich eine kleinere
       Summe, die tatsächlich als Klimafinanzierung bezeichnet werden kann und zum
       gemeinsamen Klimafinanzierungsziel der Industriestaaten, dem sogenannten
       New common quantified goal (NCQG) zählen darf.
       
       Es enthält außerdem Vorschläge dazu, wie sich auch Länder wie China durch
       sogenannte „Süd-Süd-Kooperationen“ außerhalb des NCQG an der Finanzierung
       beteiligen könnten. Gerade die Inselstaaten, die katastrophale Auswirkungen
       durch die ansteigenden Meeresspiegel befürchten, fordern aktuell mit
       Nachdruck Geld von den Industrieländern.
       
       Option zwei ist die von den Industriestaaten vorgebrachte, die vorsieht,
       alle Finanzströme der Klimafinanzierung, also Kredite, Subventionen als
       auch Privatfinanzierungen, zum NCQG zu zählen. Auffällig an dieser Option
       ist, dass sich die Industriestaaten noch nicht auf eine genaue Geldsumme
       festlegen, die in den Globalen Süden fließen soll. Das hatte Corinne
       Kowalski vom WWF bereits befürchtet. „Aber wir hatten schon gehofft, dass
       es bis heute morgen ein konkretes Angebot geben würde.“ Das war nun nicht
       der Fall. „Das bedauern wir.“, so Kowalski. Am Ende dürfte es vermutlich
       auf ein Ergebnis hinauslaufen, was irgendwo in der Mitte der beiden
       Vorschläge liegt.
       
       Es ist aber nicht so, dass sich in Baku auf gar nichts geeinigt wurde. Eine
       konkrete Entscheidung gab es etwa dazu, dass die Klimafinanzierung bis 2035
       laufen soll. Positiv zu bemerken ist laut David Ryfisch von Germanwatch die
       Tatsache, dass der Entwurf das „Polluters Pay Principle“ erwähnt, also das
       Verursacherprinzip.
       
       ## Kein Bekenntnis zum fossilen Ausstieg
       
       Es würde stark emittierende Sektoren und Unternehmen zur Verantwortung
       ziehen, sich ebenfalls an der Klimafinanzierung zu beteiligen. Außerdem
       geht es in dem Entwurf stark um Mechanismen für die sogenannte „Just
       transition“, also einen sozial verträglichen Gesellschafts- und
       Wirtschaftswandel bei der Energiewende. Was im Entwurf allerdings fehlt,
       ist ein klares Bekenntnis zum fossilen Ausstieg. Vielmehr beruft man sich
       auf Technologieoffenheit und definiert nicht genauer, ob das fossile oder
       nukleare Energie beinhaltet oder auch CO2-Speichermethoden (CCS) oder
       CO2-Abscheidung und Nutzung, zwei umstrittene Technologien.
       
       Eigentlich sollte auf der COP in Baku auch eine Einigung zu den National
       Adaptation Plans (NAP), also zu Anpassungsplänen einzelner Staaten an die
       Erderwärmung gefunden werden. Das wurde auf nächstes Jahr verschoben. Die
       Konferenz wird – wie ihre Vorgängerveranstaltungen – mit an Sicherheit
       grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wie geplant am Freitag beendet, sondern
       dauert bis Samstag, vielleicht bis Sonntag.
       
       Viviane Raddatz vom WWF sieht die Zeit für gute Ergebnisse auf dem
       Klimagipfel davonlaufen. „Wir müssen die Klimakrise stoppen und dafür
       brauchen wir Geld“, mahnte die Klimachefin der NGO. Es bereite ihr große
       Sorgen, dass aktuell keine Summe im Entwurf zu finden sei. „Alles, was wir
       heute nicht investieren, fällt morgen doppelt und dreifach als reine Kosten
       auf uns zurück“, erinnerte sie. „Wir erwarten von der Präsidentschaft, sich
       in diesen finalen Stunden nun voll in die Verhandlungen zu werfen.“
       
       Die aserbaidschanische Gipfelleitung betonte, dass die Entwürfe zum
       Finanzziel nicht endgültig seien. Sie kündigte einen weiteren, kürzeren
       Entwurf für Donnerstagabend an, der dann auch Zahlen enthalten soll. „Wir
       befinden uns jetzt im Endspiel und glauben, dass ein Durchbruch in Baku in
       Sicht ist.“
       
       21 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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