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       # taz.de -- Neuer Vorstoß auf der UN-Klimakonferenz: Plötzlich will doch niemand reich sein
       
       > Die Verhandlungen auf der UN-Klimakonferenz machen langsam Fortschritte.
       > Grund ist ein Vorschlag von Nigeria und Kolumbien.
       
   IMG Bild: 1987 war China noch Entwicklungsland. Inzwischen haben viele Chines*innen ihr Fahrrad gegen ein E-Auto getauscht
       
       Baku taz | Nach mehreren Verhandlungstagen ohne wirklichen Fortschritt
       kommt Bewegung in die UN-Klimakonferenz in Baku. Minister*innen aus
       Kolumbien und Nigeria drängen erstmals darauf, China und Indien nicht mehr
       als Entwicklungsländer zu behandeln. Das würde den finanziellen Spielraum
       für Hilfen beim Klimaschutz deutlich erhöhen.
       
       „Die Kategorien der entwickelten Länder und der Entwicklungsländer sind
       veraltet“, findet Susana Muhamad, die Umweltministerin von Kolumbien am
       Dienstag. „Diese Kategorien [1][sollten geändert werden.]“ Das Problem sei,
       dass auf Klimakonferenzen auf der Grundlage dieser Kategorien verhandelt
       würden. Ähnlich äußerte sich laut eines Berichts des britischen Guardian
       auch Nigerias Umweltminister Balarabe Abbas Lawal.
       
       Offiziell gelten China und Indien immer noch als Entwicklungsstaaten,
       obwohl China inzwischen der weltgrößte CO2-Emittent ist und Indien die
       fünftgrößte Volkswirtschaft hat. Ihr Status geht auf das
       UN-Klimarahmenabkommen von 1992 zurück, das die Staaten gemäß ihrer
       damaligen Wirtschaftskraft in Industrie- und Entwicklungsländer einteilt.
       Letztere sind formal nicht verpflichtet, ärmere Länder finanziell zu
       unterstützen.
       
       Die Forderung Kolumbiens und Nigerias könnte die festgefahrene Diskussion
       um ein neues globales Finanzierungsziel voranbringen, mit dem die
       Industriestaaten ab 2026 die ärmeren Staaten unterstützen sollen. Bisher
       zahlen die Industrieländer 100 Milliarden US-Dollar jährlich. Die Mittel
       reichen jedoch längst nicht aus für Klimaschutz, die Bewältigung von
       Klimafolgeschäden und Anpassungspläne. Die ärmsten Staaten und einige
       Entwicklungsorganisationen [2][fordern bis zu 1,3 Billionen US-Dollar].
       
       ## Noch gibt es keinen offiziellen Vorschlag der EU
       
       Bisher hat die EU keinen offiziellen Vorschlag für ein Finanzierungsziel
       gemacht, gesprochen wird auf der Konferenz von 200 bis 300 Milliarden
       US-Dollar. Erklärtes Ziel der Europäischen Union und der Bundesregierung
       bei den Klimagesprächen in Baku ist vor allem, den Kreis der Geberländer zu
       erweitern. „Wir können die Bedürfnisse von heute nicht mit den Rezepten der
       1990er Jahre angehen“, sagte Staatssekretärin Jennifer Morgan am
       Mittwochmittag in Baku.
       
       Auch deswegen ist die Forderung Kolumbiens und Nigerias bemerkenswert:
       Bisher standen die Entwicklungsländer und China meist auf der gleichen
       Seite der Verhandlungen. Dieses Bündnis scheint nun zu bröckeln. Den
       200-Milliarden-US-Dollar-Vorschlag aber nannten Sprecher von
       Entwicklungsländern und der afrikanischen Staaten „einen Witz“.
       
       Deutschland jedenfalls werde seinen Beitrag leisten und halte seine
       finanziellen Versprechen, kündigte Morgan an. Die Bundesregierung hatte
       sich verpflichtet, die Klimafinanzierung bis 2025 auf sechs Milliarden Euro
       aufzustocken.
       
       Sabine Minninger, Klimaexpertin von Brot für die Welt, sieht darin ein
       positives Signal. „Es ist wichtig, dass die Bundesregierung hier auf
       internationaler Bühne ihre alten Finanzzusagen bestätigt. Denn wer selbst
       seine alten Versprechen nicht einhält, dem würde man bei der Aushandlung
       eines neuen Finanzziels kaum vertrauen. Außerdem wird sie kaum neue
       Geberländer wie China motivieren können, sich finanziell zu beteiligen,
       wenn sie selbst nicht zu ihrem Wort steht.“
       
       ## Der Fond für Klimaanpassung ist nur zur Hälfte gefüllt
       
       Im Haushaltsstreit der Ampelregierung drohte das Versprechen gebrochen zu
       werden. Das Ende der Koalition würde Deutschland hingegen neue
       Glaubwürdigkeit am Verhandlungstisch verleihen, sagt Minninger. Dabei müsse
       auch deutlich mehr Geld als bisher für die Anpassung an den Klimawandel in
       die verwundbarsten Staaten fließen, fordert Minninger.
       
       Einen Lichtblick gibt es auch hier: Deutschland hat am Dienstag zugesagt,
       60 Millionen Euro an Klimafinanzierung im Anpassungsfonds der UNO
       einzuzahlen. Dieser Fonds soll die am meisten von der Klimakrise
       betroffenen Länder dabei unterstützen, sich an die Folgen der Erderhitzung
       anzupassen, etwa gegen Dürre, Stürme oder Überschwemmungen. Das Geld wird
       aus dem laufenden Haushalt bereitgestellt. Es hängt somit nicht von
       Entscheidungen der nächsten Bundesregierung ab.
       
       In der ersten Gipfelwoche wurden von zehn Staaten bisher nur 61 Millionen
       US-Dollar an finanziellen Zusagen für den Anpassungsfonds gemacht.
       Insgesamt liegen dort jetzt knapp 130 Millionen US-Dollar. Der Fonds
       benötigt jedoch 300 Millionen US-Dollar, um die geplanten Projekte umsetzen
       zu können. Laut der UNO wären [3][bis 2030 mehr als 300 Milliarden
       US-Dollar für die Klimaanpassung ärmerer Länder nötig].
       
       20 Nov 2024
       
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