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       # taz.de -- Computerkurse für Frauen in Berlin: Zwischen Empowerment und Systemkritik
       
       > Im Frauen Computer Zentrum vermitteln IT-Trainerinnen den Umgang mit
       > Rechner, Internet, Social Media und KI. Damit ebnen sie Frauen Wege in
       > den Beruf.
       
   IMG Bild: Kurse von Frauen für Frauen im FCZB
       
       Berlin taz | Keine Angst vor Computern“ – so hieß die erste
       IT-Weiterbildung am Frauen Computer Zentrum Berlin (FCZB). Das 1984
       gegründete Zentrum wollte damit vor allem Berührungsängste abbauen. Die
       Teilnehmerinnen lernten in dem Kurs, mit den klobigen, grauen
       Desktop-Rechnern umzugehen, die damals völlig neu in die Büros kamen. Und
       das bot ihnen auf dem Arbeitsmarkt enorme Vorteile und neue Berufschancen.
       Mit dem Kurs „Frauen ran an die Technik“ bildete das Zentrum ab 1988 auch
       die Dozentinnen aus, die dann Computerkurse anboten – von Frauen für
       Frauen.
       
       „Wir wollten Frauen empowern – immer mit den Strukturen im Blick“, sagt
       rückblickend Mitbegründerin Renate Wielpütz bei einer Festveranstaltung zum
       40. Geburtstag, den das Zentrum am vergangenen Freitag mit
       Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Vernetzungstreffen in den Vereinsräumen
       in der Kreuzberger Cuvrystraße feierte. „Es war die Ära Kohl. Und auch wenn
       wir es in Berlin teilweise ein wenig besser hatten: Es war finster“, sagt
       sie.
       
       Die feministisch bewegten Gründerinnen nahmen sich damals vor, die [1][neue
       Technik zu nutzen, um die Gleichberechtigung voranzubringen]. Und sie
       wollten ganz bewusst einen Nachteil ausgleichen. Denn damals wie heute sind
       es eher Jungen, die ihr Umfeld von klein auf wie selbstverständlich zum
       Umgang mit der Technik ermutigt – während Mädchen eher abgeschreckt werden.
       In den Fortbildungen sollten Frauen sich ihrer „Fähigkeiten bewusst werden
       und daraus Stärken“ ziehen können.
       
       Das Zentrum richtete sich mit seinen Kursen auch besonders an Frauen, die
       nach Schwangerschaft, Geburt und der damals noch langen „Familienphase“
       Wege zurück in den Beruf suchten. Dabei sahen sie sich mit neuen
       Anforderungen konfrontiert. Denn wo vorher noch die Schreibmaschine
       gestanden hatte, fanden sie sich nun vor einem Desktop-Rechner wieder. Und
       der sah nicht nur anders aus, sondern musste auch anders bedient werden.
       Selbstverständlich war für das FCZB von Anfang an, diese Kurse in Teilzeit
       anzubieten, damit sie für die Teilnehmerinnen mit dem Familienleben oder
       anderen Verpflichtungen vereinbar waren.
       
       ## Gegen die Idee von Technik als Teufelszeug
       
       Mit ihren Computerkursen mussten sie sich damals auch gegen Widerstände im
       eigenen Umfeld durchsetzen, erzählt Gründerin Wielpütz – etwa gegen
       diejenigen Stimmen, die digitale Technologien als „Teufelszeug“ ablehnten.
       Die Gründerinnen des FCZB dagegen sahen darin eine Chance für
       Selbstverwirklichung. Sie bemühten sich allerdings auch von Anfang an,
       [2][sich eine technikkritische Haltung zu bewahren]. „Wir haben etwa
       gesagt: Klar, Microsoft ist datenkolonialistisch, aber um weiterzukommen im
       Beruf, dafür ist das wichtig. Und deshalb zeigen wir unseren
       Teilnehmerinnen, wie sie Word oder Excel benutzen können, und nutzen auch
       die Software von Microsoft“, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin bei der
       Geburtstagsfeier.
       
       Im FCZB waren sie nach eigenen Angaben bundesweit die ersten, die
       IT-Weiterbildungen für Frauen anboten. Und Kurse für Frauen, die in
       Bürojobs zurückkehren wollen oder für diejenigen, die bisher kaum oder nur
       wenig IT-Kenntnisse haben, sind auch heute noch ein wichtiger Teil der
       Arbeit im FCZB. Genauso geht es heute aber auch darum, wie Userinnen
       künstliche Intelligenz nutzen können. Und wie sie es schaffen,
       selbstbestimmt mit den Tools umzugehen, sagt Sybille Würz. Sie arbeitet
       seit 36 Jahren als IT-Trainerin.
       
       „Im Bereich KI lernen und unterrichten wir, während die Technik
       gleichzeitig dabei ist, sich schnell und ständig weiterzuentwickeln“, sagt
       Würz. In den Nullerjahren mit dem Aufschwung von Social Media sei es
       bereits ähnlich gewesen. „Aber ob es um den Umgang mit dem Rechner geht, um
       das Internet oder um KI: Unsere Grundfragen sind eigentlich immer: Was ist
       das, wie nutze ich es und was kann ich damit erreichen?“, erklärt sie.
       
       Es sei ihr wichtig, in ihren Trainings auch kritisches Denken und ethisches
       Bewusstsein zu vermitteln. „Wir zeigen, wie KI funktioniert, zum Beispiel
       als Wahrscheinlichkeitsrechner, und was KI-Tools leisten können. Aber auch
       ihre Grenzen“, sagt die IT-Trainerin. Dazu gehöre, dass die KI etwa
       „halluziniert“ wenn sie keine genauen Informationen findet. Oder wie
       Nutzerinnen die Grenzen der KI mitbedenken können und wie sie mit
       Fehlinformationen oder Verzerrungen umgehen. Würz spricht in dem
       Zusammenhang von einer „KI und Data-Literacy“, übersetzt bedeutet das etwa
       Grundkenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Daten und künstlicher
       Intelligenz.
       
       ## Verhaltenskodex für KI
       
       Das Zentrum bildet nicht nur aus, sondern bearbeitet auch Fragen, wie
       zivilgesellschaftliche Initiativen generell mit neuen technischen
       Entwicklungen umgehen könnten – oder sollten. So entwickeln
       Mitarbeiterinnen des FCZB zurzeit zusammen mit 30 anderen Organisationen
       unter Leitung der Initiative D64 einen „Code of Conduct demokratische KI“.
       
       Dieser Verhaltenskodex kann am Ende von zivilgesellschaftlichen
       Organisationen und Initiativen genutzt werden, die nicht die Zeit,
       Kenntnisse oder Ressourcen haben, einen eigenen zu entwickeln. Dabei können
       sie die Richtlinien dafür anpassen – je nachdem, ob sie etwa einen
       „konservativen oder explorativen“, einen sicheren oder offenen Umgang
       pflegen wollen. Dazu gehört auch die Frage, ob sie unbedingt Wert legen auf
       menschliche Autor*innenschaft oder auch KI-generierte Inhalte verwenden
       wollen. Oder der Umgang mit Bildern. „Im FCZB haben wir uns zum Beispiel
       dafür entschieden, mit KI-Tools keine Bilder von Menschen zu erzeugen“,
       sagt IT-Trainierin Würz.
       
       Schon ab 1998 führte das Zentrum zudem die erste Fortbildung für
       geflüchtete Frauen durch. Damals sei das eine Gruppe von bereits sehr hoch
       qualifizierten Frauen gewesen, erinnert sich Duscha Rosen aus dem
       Geschäftsführungsteam. Die Kurse für Geflüchtete sind weiterhin ein
       wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Seit 2016 gebe es durchgehend Angebote
       für Frauen mit Fluchthintergrund, darunter auch einen sehr
       niedrigschwelligen Kurs mit drei Wochenstunden zu digitaler Teilhabe und
       Erstorientierung in Berlin.
       
       Was damals „Keine Angst vor Computern“ hieß, heißt heute „IT-Know-how für
       die Arbeitswelt“. Inhaltlich geht es noch immer um die Fähigkeiten, die für
       selbstbestimmtes Arbeiten wichtig sind, erklärt Duscha Rosen. Etwa
       Kenntnisse in Text- und Tabellenverarbeitung. Aber auch Ergonomie,
       Datenschutz, Arbeitsrecht, Zeitmanagement und Strategien, um Beruf und
       Privatleben miteinander vereinbar zu machen.
       
       ## Förderung fiel weg
       
       Bis 2023 hätten sie die fünfmonatige Fortbildung zwei Mal pro Jahr
       durchgeführt, seit der Gründung ohne Unterbrechung, sagt Rosen. 2024 seien
       sie dann aber „aus der Förderung herausgefallen“ – bedauerlicherweise, wie
       sie betont, denn das „reiße eine große Lücke“.
       
       „Für die Frauen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte haben wir gerade kein
       passendes, weiterführendes Angebot, wenn sie unseren halbjährigen Kurs zu
       Empowerment mit Sprachförderung, beruflicher Orientierung und
       Medienkompetenz abgeschlossen haben“, sagt Rosen. Mehr als 200 Frauen
       durchlaufen den Kurs pro Jahr, teilweise findet der Kurs auch direkt in
       Geflüchtetenunterkünften statt. Zwar sei der Kurs „Fit für den Job“
       inhaltlich vergleichbar, doch den könnten nur Frauen mit Anrecht auf
       Bildungsgutscheine besuchen. Und für den müssten die Frauen nach Erfahrung
       der Mitarbeiterinnen oft „sehr stark kämpfen“. Sie bemühen sich aktuell
       darum, hier bald ein neues Angebot finanzieren zu können.
       
       Zur Geburtstagsfeier haben sie als Gastrednerin auch Mina Saidze
       eingeladen. Ihre Familie ist 1990 vor dem Regime in Afghanistan geflohen.
       Saidze selbst ist 1993 in Hamburg geboren und dort aufgewachsen – und die
       erste Frau in ihrer Familie mit Uni-Abschluss. Sie brachte sich selbst das
       Programmieren bei und arbeitet heute als Dozentin für Data Analytics und
       hat eine Beratungsorganisation für Diversität in technischen Berufen
       gegründet.
       
       „Digitale Berufe ermöglichen sozialen Aufstieg“, sagt Saidze. Das habe sie
       selbst so erfahren. „Wir müssen auch weg von dem Standard, dass man
       Informatik studiert haben muss“, fordert sie. Und sie kritisiert, dass in
       Bildern zu Tech-Jobs oft nur Männer abgebildet seien, auch die
       Stellenausschreibungen mit Begriffen wie Ninja, Guru oder Rockstar
       schreckten Frauen eher ab. „In der Beratung zeige ich auch, wie solche
       Texte mit einem KI-gestützen Gender Bias Decoder neutral und ansprechender
       für Frauen formuliert werden können“, sagt sie. „Und wir müssen
       [3][weibliche Vorbilder sichtbar machen]“, nicht nur als Nutzerinnen,
       sondern auch als Gestalterinnen, betont sie. In der Hinsicht sei das FCZB
       „ein Lichtblick in finsteren Zeiten“.
       
       15 Nov 2024
       
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