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       # taz.de -- Vorwürfe gegen AfD-Politiker Dornau: Zwiebelmann beutet Häftlinge aus
       
       > AfD-Politiker Jörg Dornau hat mutmaßlich in Belarus politische Gefangene
       > auf seiner Gemüsefarm schuften lassen. Die AfD-Spitze schweigt zu den
       > Vorwürfen.
       
   IMG Bild: AfD-Politiker Jörg Dornau betreibt eine Zwiebelfarm in Belarus (Symbolfoto)
       
       Berlin taz | Dass AfD-Politiker sich gerne als Kreml-Sprachrohre verdingen,
       ist nichts Neues. Dass sie als Unternehmer direkt von der Ausbeutung
       politischer Gefangener in der belarussischen Diktatur des Putin-Vertrauten
       Alexander Lukaschenko profitieren sollen, hingegen schon. Auftritt Jörg
       Dornau aus der extrem rechten AfD Sachsen: Im Frühjahr war bekannt
       geworden, dass der gelernte Bauer mit Glatze und Landtagsmandat nebenbei
       eine Zwiebelfarm in Belarus betreibt. Der 54-Jährige hatte seine Einkünfte
       beim sächsischen Parlament nicht ordnungsgemäß angemeldet und musste dafür
       ein saftiges Ordnungsgeld von 20.862 Euro zahlen.
       
       Laut einer neuen [1][Recherche des unabhängigen Portals „Reformation“] soll
       Dornau dabei in Belarus politische Gefangene ausgebeutet haben. Für rund 5
       Euro am Tag sollen Häftlinge bei widrigsten Bedingungen bei der
       Zwiebelernte schuften. Dornau soll selbst vor Ort in seiner Firma mit dem
       Namen „Cybulka-Bel“ gewesen sein, wie das Portal nach der Befragung eines
       Betroffenen berichtet. Ein großer Mann mit Glatzkopf sei in einem Auto mit
       deutschem Kennzeichen vorgefahren und habe die Arbeit der Häftlinge in
       einem Lagerhaus in Augenschein genommen. Der Zeuge habe Dornau auf einem
       Foto erkannt.
       
       Der politische Häftling selbst sei für 15 Tage festgenommen und in der
       Stadt Lida inhaftiert worden, weil er einen falschen Beitrag in den
       sozialen Medien geliked hatte. Gearbeitet auf Dornaus Zwiebelfarm habe der
       Zeuge freiwillig, aber die Bedingungen seien sehr schlecht gewesen. Er
       sagte dem Portal, er sei in ein Lagerhaus gebracht worden und habe frierend
       ohne Arbeitskleidung in einem Keller geschuftet. Es habe Frühstück um 7:00
       Uhr gegeben, anschließend sei bis 18:00 Uhr ohne Essen oder Trinken
       gearbeitet worden. Offenbar lakonisch merkt er an: „Zwiebel schmeckt gut.“
       
       Am Ende sei der Tageslohn nicht immer bei den Häftlingen gelandet, sondern
       ins Gefängnis in Lida geflossen. Nur diejenigen, die aus Sicht des
       Vorarbeiters gut gearbeitet hätten, hätten auch Lohn bekommen. Laut dem
       Bericht des Portals habe der sächsische Zwiebelbauer entsprechende
       Vereinbarungen über die „Erbringung von Dienstleistungen“ mit dem Gefängnis
       unterzeichnet.
       
       ## Interne Kritik in der AfD
       
       Belarussische Gefängnisse sind [2][für Folter berüchtigt]. Am 5. Juli 2023
       verstarb etwa der [3][Lyriker Dmitri Sorokin (37) in Polizeigewahrsam in
       Lida]. In den Knästen Lukaschenkos sterben immer wieder politische
       Gefangene. Jörg Dornau, selbst Teil der völkischen AfD-Strömung, die durch
       Putintreue besticht, ist seinerseits schon länger bekannt für prorussische
       Statements. Seit Anfang des Jahres auch dafür, dass er beim Erwerb der
       Zwiebelfarm mit 1.555 Hektar [4][mit dem belarussischen Propagandisten
       Yurij Kunitskij zusammenarbeitete].
       
       Die taz fragte nun bei zahlreichen AfD-Politikern und Dornau selbst nach
       einem Statement zu den Zwangsarbeits-Vorwürfen. Das Ergebnis: Schweigen.
       Auch sächsische Parteifreunde wollen derzeit auffällig wenig mit ihm zu tun
       haben. Die AfD-Fraktion im Dresdner Landtag wollte sich nicht zu „anonymen“
       Anschuldigungen äußern. Weder von den Bundessprechern Alice Weidel und Tino
       Chrupalla, Letzterer immerhin selbst aus Sachsen, gibt es auf taz-Anfrage
       ein Statement. Vom sächsischen Landessprecher Jörg Urban gibt es trotz
       mehrfacher Anfragen und Anrufe nicht einmal ein Lebenszeichen.
       
       Am Schweigen der Parteispitzen gibt es parteiintern Kritik, allerdings nur
       hinter vorgehaltener Hand. Ein Parteimitglied, das sich nur anonym zitieren
       lassen will, sagte der taz: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar und sehr
       nebulös, dass weder der sächsische Fraktionsvorsitzende noch der
       Landessprecher in Doppelfunktion von Jörg Urban sich damit öffentlich
       auseinandersetzen.“
       
       Die Partei müsse doch reagieren auf solche Vorwürfe, sagt das langjährige
       und nicht ganz unbekannte Mitglied: „Das ist unprofessionell. Wir sind als
       Partei jetzt über zehn Jahre alt, aber man kann immer noch nicht auf solche
       Fälle reagieren. Ich bin damit sehr unzufrieden.“ Jemand anderes aus dem
       Parteiumfeld kolportiert, der Landesverband Sachsen sei schwer zu
       kontrollieren. Niemand könne dort richtig durchgreifen – wegen der
       komplizierten Dreiecksbeziehung zwischen Bundes-Chef Tino Chrupalla, dem
       EU-Abgeordneten Maximilian Krah und Landeschef Jörg Urban.
       
       ## Beistand vom „Flügel“-Freund
       
       Lediglich der AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider rief zu „Solidarität“
       mit Dornau auf. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt
       ist seinerseits bekannt als schriller Putin-Freund. Er geht gerne mit
       Russlandfahne demonstrieren und behauptete direkt nach dem Überfall auf die
       Ukraine, dass Russland sich nur verteidige.
       
       Für Tillschneider ist die Ausbeutung politischer Gefangener in einer
       Diktatur mit Foltergefängnissen offenbar eine normale Sache: „Wenn der
       weißrussische Strafvollzug die Möglichkeit vorsieht, dass Häftlinge wie
       auch bei uns arbeiten und solche Einsätze auf den Feldern meines Kollegen
       Dornau stattfinden, dann ist daran nichts auszusetzen. Pfui über diese
       Schmutzkampagne!“, schrieb Tillschneider bei X.
       
       Für Dornau hat die Geschichte eventuell auch ein rechtliches Nachspiel. Ein
       Rechtsanwalt mit grünem Parteibuch [5][teilte auf Twitter mit], dass er
       Strafanzeige gegen den AfD-Politiker gestellt habe: „Sollten sich die
       Hinweise durch die belarussische Zeitung erhärten, handelt es sich hier
       klar um einen Fall der Ausbeutung von Menschen in einer Zwangslage.“
       
       Reformation ist ein [6][oppositionelles belarussisches Onlineportal], das
       zunächst unter der Adresse rfrm.io zu lesen war. 2021 wurde das Portal vom
       „belarussischen Informationsministerium“ gesperrt, 2023 hat das Medium den
       „Free Media Award“ bekommen. Die Recherche zu Jörg Dornau ist dort [7][auch
       auf Deutsch erschienen].
       
       25 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://reformby.org/onion-is-tasty-political-prisoners-work-on-an-onion-plantation-owned-by-afd-mp-jorg-dornau
   DIR [2] https://www.welt.de/politik/ausland/article233606071/Gefaengnis-in-Belarus-Die-Waende-der-ueberfuellten-Zellen-stehen-unter-Strom.html
   DIR [3] /Politische-Gefangene-in-Belarus/!5993791
   DIR [4] https://www.welt.de/politik/deutschland/article251362786/AfD-Kungeln-mit-dem-Diktator-Der-naechste-Mann-und-seine-kruden-Geschaefte.html
   DIR [5] https://x.com/ferdinand_mue/status/1838568560311820764
   DIR [6] https://www.dekoder.org/de/source/reformation
   DIR [7] https://reform.news/die-zwiebeln-schmecken-auf-der-zwiebelplantage-des-afd-abgeordneten-jorg-dornau-in-belarus-arbeiten-politische-haftlinge
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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