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       # taz.de -- Reform des Vergaberechts: Mehr öko, weniger Ausschreibung
       
       > Das Wirtschaftsministerium will die Untergrenze für Ausschreibungen
       > anheben und neue Kriterien einführen. Doch die FDP meldet Bedenken an.
       
   IMG Bild: Warnstreik der IG Bau in Dortmund am 14. Mai 2024: Wer einen Auftrag des Bundes bekommt, soll einen Tarifvertrag anwenden
       
       Berlin taz | Selbst bei Mini-Aufträgen von 1.000 Euro müssen öffentliche
       Ämter heute komplizierte Auswahlverfahren durchführen, wenn sie einen
       privaten Lieferanten suchen. Das soll künftig einfacher werden: Die
       Untergrenze könnte auf 15.000 Euro steigen, heißt es zur Reform des
       Vergaberechts aus der Bundesregierung. An ökologischen und sozialen
       Aspekten des Vorhabens entzündet sich allerdings Kritik. Und die FDP zögert
       mit ihrer Zustimmung.
       
       Grundsätzlich vereinbart haben diese Reform die Regierungsparteien SPD,
       Grüne und FDP in ihrer Wachstumsinitiative Anfang Juli. Es geht darum,
       Unternehmen von Bürokratie zu entlasten und die Wirtschaftsschwäche zu
       überwinden. Auf eine Kostenersparnis von insgesamt 1,3 Milliarden Euro
       jährlich durch die leichtere Auftragsvergabe hofft das federführende
       Bundeswirtschaftsministerium.
       
       Neben der Anhebung des unteren Schwellenwertes sind zahlreiche weitere
       Vereinfachungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene geplant. „Innovative
       Leistungen von Start-ups oder gemeinwohlorientierten Unternehmen können bis
       zu einem Auftragswert von 100.000 Euro als Direktauftrag und ohne
       aufwändiges Vergabeverfahren beschafft werden“, heißt es in dem Papier, das
       der taz vorliegt. Die Regierung will eine Internetseite einrichten, auf der
       „Unternehmen einen Überblick über alle öffentlichen Aufträge in Deutschland
       gewinnen können“.
       
       Allerdings kommen auch neue Vorschriften hinzu. So sollen öffentliche
       Stellen künftig mindestens ein Öko- oder Sozial-Kriterium bei der
       Auftragsvergabe berücksichtigen, beispielsweise existenzsichernde Löhne in
       der Herstellung bestimmter Produkte oder den Verzicht auf umweltschädliche
       Chemikalien. Verpflichtend werden [1][Nachhaltigkeit]skriterien allerdings
       nur bei 15 Produktgruppen, zu denen unter anderem Textilien, Holz, Kaffee
       und Kakao gehören.
       
       ## Öko-Kriterien versus Menschenrechte
       
       Daran äußerte Christian Wimberger von der Entwicklungsorganisation Romero
       Initiative Kritik: Die Regelung berge die Gefahr, dass die einfach
       anzuwendenden Öko-Kriterien in den Vordergrund rückten und die sozialen
       Menschenrechte vernachlässigt würden. In ihrem Appell an die
       Bundesregierung fordern zahlreiche Organisationen denn auch „verbindliche
       menschenrechtliche Kriterien sowie umwelt- und klimabezogene Anforderungen
       für alle sensiblen Produktgruppen“. Unterschrieben haben dabei die
       BürgermeisterInnen vieler Städte und Gemeinden, etwa von Bodenmais,
       Bremerhaven, Coburg, Dortmund, Hallig Hooge, Markt Altdorf und Zwiesel.
       
       Das alles hängt zusammen mit einem anderen Vorhaben der Regierung, dem
       [2][Tariftreuegesetz]. Dieses Anliegen vor allem der SPD ist ebenfalls ein
       Teil der Wachstumsinitiative. Dabei geht es darum, dass nur noch solche
       Firmen Aufträge des Bundes erhalten sollen, die einen einschlägigen
       Tarifvertrag anwenden. Sozialdemokraten und Gewerkschaften wollen damit die
       Bezahlung der Beschäftigten verbessern.
       
       Das trug die FDP-Spitze zwar mit, aber ihre Bundestagsfraktion hat noch
       Fragen. „Durch das Tariftreuegesetz kommt es zwangsläufig zu einem Aufwuchs
       an Bürokratie, der durch eine kluge Ausgestaltung des Vergaberechts
       überkompensiert werden muss“, sagte FDP-Parlamentarier Carl-Julius
       Cronenberg der taz. „Die Wechselwirkungen zwischen Vergaberecht und
       Tariftreuegesetz sind komplex, die Prüfung beider Vorhaben dauert an.“ Was
       das genau heißt, ließ Cronenberg offen.
       
       8 Oct 2024
       
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