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       # taz.de -- Mobilitätsgesetz im Visier: Radler sollen runterschalten
       
       > Offenbar will die Senatsverkehrsverwaltung das Mobilitätsgesetz
       > abspecken. Ein Vorstoß der CDU-Fraktion vor einem Jahr war an der SPD
       > gescheitert.
       
   IMG Bild: Sternfahrt zum großen Stern am Sonntag – und was kommt jetzt?
       
       Berlin taz | Auf Lasten- und Falträdern, Tandems für bis zu vier Personen,
       Rikschas und stinknormalen Tourenrädern haben mehrere tausend Menschen am
       Sonntag gegen das Ausbremsen der Mobilitätswende durch den schwarz-roten
       Berliner Senat demonstriert. Mit Slogans wie „Fahrrad fahr’n statt
       Autobahn“, „Radwege für alle“ oder „Rad her, Stau weg“ ging es von der
       Stadtgrenze zur Siegessäule und dann zum Roten Rathaus – auf den ungefähren
       Routen der neun vorgesehenen Radschnellwege, von denen Verkehrssenatorin
       Ute Bonde (CDU) [1][nun lediglich eine definitiv einrichten lassen will].
       
       Laut den aufrufenden Organisationen wie ADFC und Changing Cities radelten
       rund 3.000 Personen mit – ein Zehntel des Aufkommens der jüngsten
       ADFC-Sternfahrt im Juni, die gegenüber früheren Jahren auch schon stark
       geschrumpft ist. Vielleicht war die Hitze am mutmaßlich letzten Sommertag
       daran schuld. Vielleicht aber ist vielen RadfahrerInnen auch noch nicht
       wirklich bewusst geworden, wie konsequent die CDU in Parlament und
       Regierung daran arbeitet, die mit dem Mobilitätsgesetz gewachsenen
       Blütenträume zurückzustutzen.
       
       Denn nach Informationen der taz bereitet die Verkehrsverwaltung dieser Tage
       einen eigenen Aufschlag vor, um das 2018 in Kraft getretene Gesetz
       abzuspecken – und zwar vor allem bei den Kapiteln zum Rad- und Fußverkehr.
       Angeblich geistert der 24. September als Termin durch das Haus am
       Köllnischen Park, an dem der Hausleitung ein Änderungspaket vorliegen soll,
       das sie dann zu gegebener Zeit dem Senat vorlegen könnte.
       
       Bei vielen MitarbeiterInnen, die unter der siebenjährigen grünen Ägide
       eingestellt wurden, dürfte das auf keinen besonderen Enthusiasmus stoßen.
       Wie die taz erfuhr, soll ihnen kommuniziert worden sein, dass man sich im
       Zweifelsfall von allen Bestandteilen des Gesetzes trennen wolle, die formal
       juristisch verzichtbar seien – was auch immer das konkret bedeutet.
       Tatsächlich handelt es sich bei vielen Vorgaben des Gesetzes um
       Sollbestimmungen, deren Umsetzung einen entsprechenden politischen Willen
       in der Verwaltung voraussetzt.
       
       Dass die CDU ein Interesse daran hat, die im Gesetz verankerte
       Privilegierung des Radverkehrs zurückzudrehen, ist dabei nichts Neues.
       [2][Vor ziemlich genau einem Jahr war ein Entwurf der
       Abgeordnetenhausfraktion bekannt geworden], der an entscheidenden Stellen
       die Axt anlegte. Bei den Berliner Mobilitätswende-AktivistInnen stieß das
       auf große Empörung, aber auch die Koalitionspartnerin SPD signalisierte
       schnell, dass das mit ihr – die das Gesetz während der rot-rot-grünen
       Koalition mitbeschlossen hatte – so nicht zu machen sei.
       
       ## Vorstoß für schmale Radwege
       
       Besonders heftig eingeschlagen wäre die von den Christdemokraten damals
       vorgeschlagene Aufnahme verbindlicher Radwegebreiten in das Gesetz, die die
       im gültigen Radverkehrsplan festgehaltenen Maße außer Kraft gesetzt hätten.
       So hätte für Einrichtungs-Radwege nur noch eine Regelbreite von 2 Metern
       bei einer Mindestbreite von 1,50 Metern gegolten – derzeit sind es laut
       Radverkehrsplan regelhaft 2,30 und im sogenannten Vorrangnetz sogar 2,50
       Meter, mindestens aber 2 Meter.
       
       Für einen in beide Richtungen befahrbaren Radweg wäre die vorgeschriebene
       Breite von mindestens 4 Metern auf ein Regelmaß von 3 Metern bei einem
       zulässigen Minimum von 2,50 Metern zusammen geschnurrt. Möglich wurde all
       das in dem Entwurf durch eine weitere Änderung, welche die verbindliche
       Überholmöglichkeit unter Radfahrenden zur Streichung vorsah. Aus dem
       Gesetzestext werfen wollte die CDU auch den folgenden Absatz: „Bei im
       Vorrangnetz ausgewiesenen Straßen soll im Rahmen des geltenden Rechts dem
       Radverkehr als Teil des Umweltverbundes Vorrang vor dem motorisierten
       Individualverkehr eingeräumt werden.“
       
       Inwieweit sich die offenbar nun von der Verkehrssenatorin angedachte
       Novelle an diesem Katalog orientiert, wird sich zeigen. Ihr Haus bestätigt
       nichts, und auch die CDU-Fraktion will sich nicht in die Karten schauen
       lassen, was eigene Bemühungen in dieser Richtung angeht. Nur, dass sich
       Anpassungen des Gesetzes „in der Bearbeitung und Abstimmung“ befänden,
       teilte ein Fraktionssprecher auf Anfrage mit.
       
       Auch in diesem Fall ist jedenfalls davon auszugehen, dass es in der SPD
       Widerstand gegen einen derartigen Vorstoß geben wird. Zwar räumt der
       verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Tino Schopf, gegenüber der taz
       ein, dass im Koalitionsvertrag eine Überprüfung der Mindestbreiten von
       Radwegen und die stärkere Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten
       vereinbart worden sei. [3][Die Koalitionärinnen hätten sich aber „ebenso
       auf die Fahnen geschrieben], dass wir Verkehrspolitik für alle
       Berlinerinnen und Berliner machen“.
       
       ## „Keine Aushöhlung“ mit der SPD
       
       Dazu gehöre auch, „dass zu Fuß Gehende und Radfahrende nicht gegen den
       Autoverkehr ausgespielt werden dürfen.“ Mit der SPD, so Schopf, werde es
       „keine Aushöhlung des Mobilitätsgesetzes geben“. Für sie stünden „die
       Stärkung und der Ausbau des ÖPNV sowie der Fuß- und Radverkehr wie auch die
       Belange des Wirtschaftsverkehrs“ im Vordergrund. „Dem motorisierten
       Individualverkehr (MIV) kommt hierbei aus unserer Sicht eine untergeordnete
       Rolle zu.“
       
       Bei den Grünen sieht man den möglichen Versuch zur Stutzung des
       Mobilitätsgesetzes mit Sorge. „Wir brauchen eine lebenswerte moderne Stadt,
       die die Schwächsten schützt und das Klima schont“, sagt die
       verkehrspolitische Fraktionssprecherin Oda Hassepaß. Das Mobilitätsgesetz
       sei die Grundlage dafür, eine Abschwächung nicht sinnvoll. „Die CDU sorgt
       mit den Änderungen wieder einmal für einen Rückschritt“, so Hassepaß: „Die
       Schwächsten kommen unter die Räder.“
       
       9 Sep 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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