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       # taz.de -- Greenpeace-Aktivistin vor Borkum: „Ich habe Hoffnung“
       
       > Um Gasbohrungen vor Borkum zu verhindern, sitzt Uli Beck mit Pausen fast
       > 60 Stunden auf einer Rettungsinsel in der Nordsee. Wie fühlt sich das an?
       
   IMG Bild: Uli Beck (links) im Gespräch mit der taz. Im Hintergrund das Kranschiff von One-Dyas
       
       Hamburg/Borkum taz Uli Beck ist 52 Jahre alt und schon seit 20 Jahren
       ehrenamtlich bei Greenpeace aktiv. Für den Protest gegen die geplanten
       [1][Gasbohrungen vor Borkum] ist sie extra aus Tübingen angereist. Die
       Aktion begann Dienstag früh und dauerte fast 60 Stunden. Am
       Donnerstagnachmittag erließ ein niederländisches Gericht auf Antrag von
       One-Dyas eine einstweilige Verfügung gegen das Camp. [2][Greenpeace
       beendete daraufhin den Protest]. Der taz hat Uli Beck vorher am Telefon
       berichtet, wie der Alltag im schwimmenden Protestcamp aussieht. Trotz
       Satellitentelefon bricht die Verbindung auf hoher See während des Gesprächs
       immer wieder ab. Ein Protokoll. 
       
       Es ist Donnerstag, neun Uhr morgens. Vor zwei Stunden bin ich mit der neuen
       Schicht auf [3][das schwimmende Protestcamp] gekommen. Am Dienstag war ich
       bei der ersten Schicht dabei, als wir das Camp aufgebaut haben.
       
       Momentan ist hier schönes Wetter. Sonne und ein bisschen Wolken. Von hier
       aus sehe ich eine weitere Rettungsinsel und auch eins unserer
       Sicherheitsboote. Vor mir sehe ich den Windpark und im Rücken habe ich das
       Kranschiff. Ich finde die Symbolik sehr schön: Das Kranfahrzeug im Rücken,
       steht für mich für die Vergangenheit und die fossilen Energien. Der
       Windpark vor mir ist ein Symbol für die Zukunft und die erneuerbaren
       Energien.
       
       Wir haben momentan ganz schön Wellengang, aber es ist noch ein angenehmes
       Schaukeln. Teilweise sind die Wellen aber auch so groß, dass die Sicht auf
       die anderen zwei Rettungsinseln verdeckt wird.
       
       ## Schwimmende Zelte auf der Nordsee
       
       Die Rettungsinseln, auf denen wir sitzen, sehen ein bisschen aus wie
       schwimmende Zelte. Die sind normalerweise für die Seenotrettung gedacht.
       Jede der Rettungsinseln ist [4][mit zwei Aktivist*innen besetzt], um
       hier unseren Protest zu zeigen. Das Zelt kann man bei starkem Seegang auch
       zumachen, damit kein Wasser reinkommt.
       
       Die Rettungsinseln stehen auch symbolisch für die Rettung des Klimas. Wir
       sind klar dafür, dass diese Bohrungen nicht stattfinden können. Zu Zeiten
       der Klimakrise können wir uns das überhaupt nicht leisten.
       
       Wir nehmen uns immer Brote, Obst und Snacks mit. Damit können wir uns ganz
       gut den Tag über versorgen. Wasser ist natürlich ganz wichtig, wenn wir
       hier so lange auf See sind. Wir versuchen, viel zu trinken. Man muss
       einfach spüren, was man gerade braucht. Pinkeln ist hier eine
       Herausforderung, aber wir kriegen das hin. Wir haben da Wege gefunden, das
       zu tun – zum Beispiel über Windeln.
       
       Wir haben zwei Safety-Boote, die immer da sind und auch gucken, ob es den
       Aktivist*innen gut geht. Den Kontakt zum Festland und untereinander
       halten wir über Funk.
       
       Die Schichten sind zehn Stunden lang. Wir unterhalten uns viel, tauschen
       uns aus, erzählen uns ein bisschen aus unserem Leben. Manchmal spielen wir
       auch Spiele. „Ich sehe was, was du nicht siehst“ ist ein bisschen schwierig
       hier, zumindest was die Farbe Blau betrifft. Aber gestern haben wir das mal
       versucht. Zwischendurch schlafen wir auch. Die Fläche ist schon begrenzt,
       ungefähr so groß wie ein Einzelbett für zwei Aktivist*innen. Aber die
       Wellenbewegung macht einen müde. Man kommt hier ganz gut durch den Tag.
       
       ## Überlebensanzüge für alle
       
       Wir haben alle Überlebensanzüge und eine Rettungsweste an. Falls wir ins
       Wasser fallen, haben die Anzüge einen gewissen Auftrieb und halten auch
       trocken. Die Rettungsweste würde, wenn wir direkten Wasserkontakt haben,
       einfach aufploppen, damit der Kopf über Wasser bleibt.
       
       Die Überlebensanzüge sind warm, eng und groß. Es sind große Gummistiefel
       dran. Man ist sehr unbeweglich und steif. Ich bewege mich wie ein Walross.
       Aber natürlich haben die Anzüge einen Sinn, und wenn es zu warm wird, kann
       man sie auch öffnen und Luft reinlassen.
       
       Je nach Strömung wechselt unsere Sicht. Wir haben in dem Zelt eine offene
       Seite. Nach einer gewissen Zeit dreht sich die Insel und wir haben dann
       immer wieder einen neuen Blick. Diese Aussicht ist einfach wunderschön. Wir
       sehen hier auch Seevögel. Der schönste Moment war, als am Mittwoch ein
       Seehund aufgetaucht ist. Sein kleiner Kopf kam immer mal hier zwischen den
       Rettungsinseln hoch. Das war wirklich schön. Es hat mir aber auch [5][die
       Verletzlichkeit dieses Gebiets] gezeigt.
       
       Zum einen ist es hier oft sehr meditativ, weil es hier draußen so schön
       ist. Auf der anderen Seite wird es jetzt gerade spannend, weil nachher die
       Gerichtsverhandlung stattfindet. One-Dyas, der Betreiber der geplanten
       Gasbohrplattform, geht gerade gerichtlich gegen unseren Protest vor.
       
       Es hat mich sehr berührt, hier herzukommen, weil ich es extrem wichtig
       finde, dass das Vorhaben hier gestoppt wird. Es kann nicht sein, dass die
       das jetzt hier doch machen. Wir sehen und spüren die Auswirkungen der
       Klimakrise ja schon jetzt in Deutschland – etwa durch die ganzen
       Wetterextreme.
       
       ## Protest gegen geplante Gasbohrplattform
       
       Ich komme aus Süddeutschland. Hier sind auch Menschen, die aus Dänemark,
       Holland und Schweden kommen, um den Protest und das Protestcamp zu
       unterstützen, sodass wir auch lange vor Ort bleiben und ein Zeichen setzen
       können. Solange wir hier sind, kann das Kranfahrzeug nicht diese
       Produktionsplattform einrichten.
       
       Hätten diese Proteste in den letzten Wochen und Monaten – auch [6][durch
       die Bevölkerung] auf Borkum – nicht stattgefunden, dann wäre das ganz
       einfach gebaut worden. Dadurch, dass das immer wieder gestoppt wurde und
       immer wieder Gerichte darüber entscheiden mussten, hat sich gezeigt, dass
       das nicht einfach so durchgeht. Deswegen habe ich auf jeden Fall Hoffnung,
       dass wir das hier noch stoppen können.
       
       1 Aug 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Erdgasfoerderung-im-Wattenmeer/!6023859
   DIR [2] https://presseportal.greenpeace.de/240109-greenpeace-aktivist-innen-beenden-protest-auf-see-nach-fast-60-stunden
   DIR [3] /Erdgasfoerderung-im-Wattenmeer/!6023859
   DIR [4] https://presseportal.greenpeace.de/239970-greenpeace-aktivist-innen-protestieren-erneut-gegen-gasbohrungen-vor-borkum
   DIR [5] /Klage-gegen-Bohrprojekt-in-der-Nordsee/!5959459
   DIR [6] /Gasgewinnung-in-der-Nordsee/!6016106
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Franziska Betz
       
       ## TAGS
       
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