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       # taz.de -- G7 Gipfel in Italien: Luxusparty von rechts
       
       > Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni empfängt die G7. Die
       > Rechtspopulistin will der Welt die Stärke Italiens nach der Europawahl
       > präsentieren.
       
   IMG Bild: Freundinnen oder Feindinnen? EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Italiens Ministerpräsidentin Meloni beim G7-Treffen
       
       Berlin taz | Es muss eine der besten Partys ihres Lebens gewesen sein.
       Giorgia Meloni empfängt unter Olivenhainen, bei schönstem Frühsommerwetter,
       in einem Luxusresort mit Meerblick die wichtigsten Staatenlenker der Welt.
       Italien hat die G7-Präsidentschaft derzeit inne.
       
       Den Ort für das Treffen, Borgo Egnazia, rund eine Autostunde von Bari, der
       Hauptstadt Apuliens entfernt, hat Meloni für das hochkarätige Polittreffen
       selbst ausgewählt. Urlaub hat sie in der Region gemacht, um zu testen, was
       ihre internationalen Gäste erleben werden. Die Villen des Edeldorfs sind in
       typisch süditalienischem Kalkstein gebaut, es weht ein Hauch von Römischem
       Reich über die Piazze, eine Ahnung von Zeiten, die längst vergangen sind.
       Die sich die italienische Ministerpräsidentin vielleicht ein bisschen
       zurückwünscht.
       
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betritt schwungvoll charmant die
       kleine marmorne Bühne, die Meloni für die Empfangsfotos vorgesehen hat. Der
       noch amtierende britische Premier Rishi Sunak fällt Meloni wie ein alter
       Schulfreund fast um den Hals. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz wirkt, wie
       wenn es nach dem offiziellen Händeschütteln erst mal gemütlich werden soll.
       Wurde es ja dann auch, mindestens in der Nacht auf Freitag. Der Kanzler
       hatte Geburtstag und flog im Heli in sein neues Lebensjahr hinein.
       
       Bei anderen G7-Gipfeln gibt es Proteste gegen die Herrschenden der Welt,
       die sich nicht um Armutsbekämpfung kümmern, nichts gegen die Klimakrise
       tun und Kriege befördern. Bis auf eine Protestaktion am Freitagabend in
       Bari mit wenigen hundert Menschen, rauscht der Gipfel nahezu geräuschlos an
       der Bevölkerung vorbei.
       
       Meloni, in dezentem roséfarbenen Hosenanzug gekleidet, strahlt. Denn ihre
       Gäste werden eine gute Zeit haben, nicht nur am Tagungsort der sieben
       wichtigsten Industriestaaten, sondern auch beim Begleitprogramm. Eine
       Elite-Fallschirmspringerstaffel zeigt, was sie kann. Der Opernsänger
       Andrea Bocelli soll ein Privatkonzert geben – und zum Schluss kommt noch
       Papst Franziskus aus dem rund 400 Kilometer entfernten Rom vorbei.
       
       Er will über Frieden und Geflüchtete sprechen – und über Künstliche
       Intelligenz. Aber vor allem soll er den G7 für ihre gewaltigen Aufgaben
       Gottes Segen mitgeben. Dass Franziskus an einem solchen Treffen teilnimmt,
       ist ein Novum. Aber ganz im Sinne der neuen starken Kraft Italiens.
       
       ## Italien, die stärkste Kraft in Europa
       
       Melonis Italien soll sich von der besten Seite zeigen. Meloni selbst muss
       nichts mehr beweisen. Bei den Europawahlen hat ihre Partei, die
       postfaschistische Fratelli d’Italia, [1][die meisten Stimmen erzielt]. Noch
       in der Wahlnacht konnte Meloni nicht anders, als der Welt die klare
       Botschaft mitzugeben: Italien, Meloni, empfängt als stärkste Kraft in
       Europa die G7. Die Rechte, unter ihrer Führung, ist stark wie lange nicht
       mehr.
       
       Und reiht sich ein in einen [2][rechtspopulistischen Kurs, der sich in
       Europa breit macht]. In Frankreich hat Marine Le Pens Rassemblement
       National die Partei von Staatspräsident Macron in die Ecke getrieben.
       Manche meinen gar, der RN könnte das Ende der Europäischen Union einleiten.
       In Deutschland ist es die AfD, die die Ampel in Bedrängnis bringt, und vor
       allem Grüne und SPD nach den Wahlen mächtig angeschlagen zurücklässt. Es
       brodelt im politischen Europa.
       
       Dass sich im Superwahljahr 2024 die Machtverhältnisse in der Welt
       verschieben könnten, ist keine Überraschung. Und der Abschluss kommt
       womöglich im November, wenn in den USA ein neuer Präsident gewählt wird.
       
       Eine Strategie gibt es offenbar nicht gegen rechtspopulistische Strömungen.
       Meloni nutzt dieses Vakuum. Nur ein wenig Ehrfurcht zeigt sie, als
       US-Präsident Joe Biden das Parkett in Borgo Egnazia betritt. Biden, mehr
       als einen Kopf größer als Meloni, die obligatorischen Küsschen fliegen
       links und rechts in die Luft, ist derjenige, der später Fakten in Sachen
       Ukraine schaffen wird. Und auf den es trotz aller Stärke Melonis nach den
       Europawahlen ankommt.
       
       Nach Borgo Egnazia hat sie jede Menge weitere Staatsgäste eingeladen. Den
       türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der über Migration sprechen
       will; die Präsidenten aus Algerien und Tunesien sind gekommen. Kenia,
       Indien, Brasilien, Mauretanien, Saudi-Arabien sind mit ihren Staatschefs
       vertreten. Außenpolitisch will Meloni eine Marke setzen: Schaut her, ich
       bin nicht nur eine hervorragende Gastgeberin, sondern erkenne auch die
       Probleme der Welt.
       
       ## Druck auf von der Leyen
       
       Für Italien ist [3][illegale Migration und die hohe Anzahl an Geflüchteten]
       ein politischer Dauerbrenner. Abschottung wäre der italienischen Rechten am
       liebsten. In Europa braucht es einen gemäßigteren Kurs, um Mehrheiten zu
       finden. Gekonnt hat Meloni in den vergangenen Monaten
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen umgarnt. Gemeinsam reisten
       sie in die Maghrebstaaten, um Abkommen vorzubereiten, die Geflüchtete davon
       abhalten sollen, den Weg nach Europa anzutreten. Von dieser [4][besonderen
       Frauenfreundschaft] wollten beide profitieren.
       
       Vor allem von der Leyen, die nach den guten Ergebnissen ihrer EVP-Fraktion
       mit Rückenwind in die nächste Legislatur des Europäischen Parlaments gehen
       kann. Damit sie weitere fünf Jahre EU-Kommissionspräsidentin bleibt,
       braucht sie Unterstützung aus mindestens drei Ländern: Deutschland,
       Frankreich, Spanien sind im Spiel. Auf Melonis Rückhalt muss sie ebenso
       setzen. Doch vor allem aus Deutschland kommt Druck auf von der Leyen,
       [5][nicht mit Rechtspopulisten zu kooperieren].
       
       Beim G7-Gipfel begrüßten sich die beiden Frauen ungewöhnlich kühl, wenig
       war zu sehen von der viel beschworenen Verbundenheit. Schon in der
       kommenden Woche soll das künftige Personaltableau in der EU festgezurrt
       werden. Zeit zu reden hat die italienische Ministerpräsidentin neben den
       offiziellen Arbeitssitzungen genug eingeplant.
       
       ## Mehr als einmal fällt das Wort „historisch“
       
       Außenpolitisch sei Meloni eine sichere Bank, heißt es bei Diplomaten.
       Bestes Beispiel ist die Unterstützung für die Ukraine, an der sie auf
       keiner Weltbühne je hat Zweifel aufkommen lassen. So auch nicht in Bari.
       Einer der Ehrengäste, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, kann
       mit einer [6][50-Milliarden-Dollar-Zusage] nebst einem 10-jährigen
       Sicherheitsabkommen zwischen der USA und der Ukraine zur Friedenskonferenz
       in der Schweiz reisen. Mehr als einmal fällt das Wort „historisch“ –
       [7][ein schönes Geschenk für Gipfelgastgeberin Meloni].
       
       Aber dann zeigt sie doch, was auch Teil ihrer Agenda ist. Familie und
       Religion sind essenzielle Themen für Meloni und die Fratelli. Die G7
       diskutieren auch über Frauenrechte, über den legalen und sicheren Zugang zu
       Abtreibungen. Meloni sorgte aber dafür, dass dieser Begriff nicht in den
       Dokumenten auftaucht.
       
       Vermutlich war es das letzte Mal, dass die G7 in dieser Konstellation
       zusammengekommen sind. Sunak steht vor Wahlen in Großbritannien, Macrons
       Posten steht bei den französischen Neuwahlen zwar nicht auf dem Zettel,
       aber seine Zukunft ist ungewiss. Von der Leyen ringt um weitere fünf Jahre
       als EU-Kommissionspräsidentin. Ob es Biden noch mal ins Weiße Haus schafft?
       Donald Trump ist längst nicht abgehängt. Mit Turbulenzen muss nur eine
       sicher nicht rechnen: Meloni.
       
       14 Jun 2024
       
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