# taz.de -- Stromnetz wird nicht verstaatlicht: Chance für die Energiewende verpasst
> Der Kauf von Tennet, einem Mitbetreiber der Nord-Süd-Stromtrasse, durch
> den Staat ist geplatzt. Das ist keine gute Nachricht für die
> Energiewende.
IMG Bild: Viel Strom, nur muss er noch verteilt werden: Ein Windpark in Ostfriesland, häufig steht er still, weil die Stromtrassen fehlen
Der [1][Verkauf des Stromnetzbetreibers Tennet] an den deutschen Staat ist
gescheitert. Das ist keine gute Nachricht. Denn alles, was die
Modernisierung und den Ausbau der Stromnetze weiter verschleppt, verzögert
auch die Energiewende. Die voranzutreiben wäre viel einfacher, wenn der
deutsche Staat stärkeren Zugriff auf die Netze hätte. Doch der
freidemokratische Finanzminister Christian Lindner will dafür kein Geld
ausgeben. Das ist ein riesiger Fehler. Die rot-grün-gelbe Bundesregierung
vertut eine große Chance.
Das niederländische Unternehmen Tennet gehört zu den Betreibern der
[2][Nord-Süd-Stromtrassen], die für das Gelingen der Energiewende
mitentscheidend sind. Tausende von Kilometern neuer Leitungen müssen gebaut
werden, um den im Norden sauber erzeugten Strom in den Süden zu
transportieren.
Das kostet sehr, sehr viel Geld. Der Investitionsbedarf von Tennet in
Deutschland soll bei mehr als 100 Milliarden Euro liegen. Eigentümer ist
der niederländische Staat. Dass der nicht einsieht, warum er solch hohe
Summen in das deutsche Stromnetz stecken soll, erscheint nachvollziehbar.
Weil der Investitionsbedarf so hoch ist, sollte das Unternehmen an die
Bundesrepublik abgegeben werden.
Aber: Die Gewinne in Form von Netzentgelten wurden bislang gern
mitgenommen. Das zeigt: Staatskonzerne gehen bei Aktivitäten in der
Nachbarschaft genauso vor wie private Unternehmen: Gewinne mitnehmen,
Kosten auf die Allgemeinheit verteilen.
## Tennet soll privatisiert werden
[3][Nachdem die Verhandlungen gescheitert sind], soll Tennet jetzt ganz
oder teilweise an private Investoren verkauft werden, auch ein Börsengang
ist im Gespräch. Nach Angaben der niederländischen Regierung unterstützt
die deutsche Ampel diese Pläne. Das ist keine gute Idee. Das Stromnetz ist
Teil der existenziellen Infrastruktur. In vielen Ländern, etwa in
Frankreich, ist es deshalb komplett in Staatsbesitz.
Die einstige Privatisierung des Stromnetzes in Deutschland ist
offensichtlich gescheitert. Ansonsten wären die Leitungen in einem besseren
Zustand. Weil die Netze nicht ausreichend ausgebaut wurden, werden heute
Windräder abgestellt.
Interessant für private Investoren ist das deutsche Stromnetz nur, wenn es
Profite abwirft. Und die müssten die Verbraucher:innen in Form stark
steigender Strompreise finanzieren. Dabei sind für viele Privatleute,
Gewerbe und Industrie die Strompreise schon jetzt zu hoch, auch wegen der
Netzentgelte. Für den Klimaschutz wären höhere Stromkosten fatal, denn zum
Beispiel der Betrieb von E-Autos oder Wärmepumpen würde viel teurer. Die
Akzeptanz würde noch weiter sinken.
20 Jun 2024
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## AUTOREN
DIR Anja Krüger
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